Anzeige
STRATEGIE7. Mai 2024

Datenmanagement ist DAS strategische Banken-Asset

Dierk Wilhelmsmeyer, Tradevest Tradevest

Datenmanagement ist eines der strategisch wichtigsten Themen einer Bank. Umso verwunderlicher ist der Status Quo in vielen Finanzinstituten. Veraltete Strukturen, komplexe und teure Verarbeitungsprozesse sowie ein zögerlicher Umgang mit der Erneuerung werden weiter steigende Kosten und Qualitätsverluste erzeugen. Dabei gibt es Alternativen zum allseits beliebten Data Warehouse.

von Dierk Wilhelmsmeyer, CEO Tradevest

Obwohl die meisten Banken Daten direkt in Kernsystemen oder Core-Banking Solutions generieren und verarbeiten, führt die oft systemübergreifende Fragmentierung dieser Daten zu Herausforderungen bei deren Bereitstellung und Verfügbarkeit. Dies erschwert eine konsistente Sicht auf Kunden und Transaktionen. Insbesondere was Analysen, Auswertungen und das Erstellen von Reportings anbelangt, bedeutet dies eine erhebliche Belastung der Produktivfähigkeit der Kernsysteme. Bezüglich des Datenschutzes stellen überholte Strukturen ein erhöhtes Risiko dar, da sie aufgrund ihrer Anfälligkeit für Sicherheitslücken verstärkt zum Ziel von Hackerangriffen werden.

Daher versuchen viele Bankhäuser, dem komplexen Datenmanagement durch zentrale Datenhaltungen Herr zu werden. Dazu hat sich in den letzten 20 Jahren der Weg über DataWarehouse (DWH; RWH) etabliert. Doch durch die kontinuierliche Einführung neuer Technologien werden die Nachteile traditioneller DWH-Systeme zunehmend deutlicher.”

Langsam und komplex: Das Data Warehouse als Auslaufmodell

Ein Data Warehouse ermöglicht zumindest einen (halbwegs) einheitlichen Zugriff auf historische Daten und erlaubt eine Bearbeitung losgelöst von Produktivsystemen. Jedoch bilden DWH-Lösungen meistens nur einen Spiegel oder Abzug von juristisch führenden Systemen, die nicht neu aufbereitet werden müssen.

Eine Bereitstellung von Echtzeitdaten kann problematisch sein, da Daten zeitweilig im Batch-Verfahren aus Um- bzw. Quellsystemen erst hochgeladen werden müssen.”

Jedoch sind Firmen, die auf eine Integration von DWH-Lösungen setzen, bereits heute ein Auslaufmodell:

DWH-Systeme sind oft schwierig anzupassen, da Änderungen in der Datenstruktur umfangreiche und zeitaufwändige Überarbeitungen nach sich ziehen, die spezifische, manuelle Kompetenzen erfordern. Zudem kann die Datenverarbeitung in einem DWH langsam sein, was insbesondere bei der Handhabung großer Datenmengen zu Problemen führt. Diese Herausforderungen treten auch auf, wenn die Daten externen B2B-Partnern bereitgestellt werden sollen. Besonders für Banken, die Daten nach außen an B2B-Bereiche oder B2C-Kunden mit verbundenen Softwarelösungen weitergeben, entsteht oft das Problem, dass die Daten möglicherweise nur auf Basis des Vortages verfügbar sind, was zu Verzögerungen und Aktualitätsproblemen führen kann.

Autor Dierk Wilhelmsmeyer, CEO Tradevest
Dierk Wilhelmsmeyer, Tradevest <q> Tradevest</q>
Dierk Wilhelmsmeyer, Tradevest Tradevest

Dierk Wilhelmsmeyer ist Gründer und Geschäftsführer von Tradevest (Website). Sein beruflicher Werdegang umfasst Führungspositionen bei verschiedenen Banken, darunter als CTO & COO bei DAB BNP Paribas und als Leiter des B2B-Consultings bei der DAB. Bei der Baader Bank war Wilhelmsmeyer für das Business Development verantwortlich, darüber hinaus hat er große FinTechs bei Geschäftsstrategie, Compliance und IT Security/ISO27001 beraten.

DWH-Lösungen sind zudem teuer in der Wartung und Betrieb. Die Leistung jedes Hauses bzw. der IT-Abteilungen liegt in einem effizienten und präzisen Aufbereiten der in den Systemen gelagerten Daten. Dies bedeutet jedoch auch das Vorhalten von personellen wie systemseitigen Kapazitäten und regelmäßiger hoher Wartung der Daten.

Privat- und Firmenkunden erwarten Datenverarbeitung in Echtzeit

Datenmanagement wird daher ein zwangsläufig komplexeres Thema. Neuartige Geschäftsmodelle haben sich bereits von dem klassischen Verarbeitungsansatz losgelöst.

Mit der exponentiellen Digitalisierung erwarten End- und Firmenkunden (B2C) sowie Finanzpartner (B2B) zunehmend schnellere und präzisere Interaktion mit ihren Finanzdienstleistern.”

Das betrifft zum einen die Aktualität von Daten, Qualität und Präzision, aber auch das Erfassen und Verarbeiten von Geschäftsvorfällen. Viele Banken lösen dies, indem sie zwar die Daten und Eingaben des Kunden in Echtzeit annehmen, jedoch die anschließende Verarbeitung z.T. mehrere Stunden angehalten und zwischengespeichert werden muss. Das hängt insbesondere damit zusammen, dass die IT-Architektur sowie die Kommunikation zwischen Kern- und Verarbeitungssystem nicht synchronisiert ist, sondern in sequenziellen Prozessen („Batch-Verarbeitung“) feststeckt, die dadurch eine aufwändige Pufferung der Daten erzeugt und zudem Down-Zeiten (insbesondere nachts und am Wochenende) unterliegt.

Dies betrifft auch die Daten, die über in- und externe Schnittstellen wie z.B. SFTP-Server auf die CSV-Files zur Verfügung gestellt werden. Abbrüche in der Sequenz bedeuten meistens, dass Daten dann nicht pünktlich zur Verfügung gestellt werden. Dies führt insbesondere im Bereich des B2B Bankengeschäftes oft zu Ausfällen auf Seiten der Finanzpartner und Softwarelieferanten, die auf diese Daten angewiesen sind, um anschließend weiterzuarbeiten. Eine zusätzliche Brisanz entsteht durch die stetig ansteigenden Mengen von Daten, die zu Lasten der Performance gehen und Produktivsysteme behindern.

Daten werden im Gießkannenprinzip zur Verfügung gestellt und können auf veralteten Strukturen nicht kunden- und bedarfsgerecht erstellt werden.”

Moderne Alternativen zu klassischen Datenstrukturen

Angesichts dieser Herausforderungen werden Banken in den nächsten Jahren nicht drumherum kommen, sich nach alternativen Lösungen, die mehr Flexibilität und Effizienz bieten, umzuschauen. Sie müssen im Datenbereich Synergien heben, Kosten und Komplexitäten senken und für eine hohe Qualität sorgen, um ihren Kunden auch neue echtzeitbasierte Produkte und Dienstleistungen zur Verfügung zu stellen.

Hier sind einige der innovativsten Ansätze in der modernen Datenhaltung:

Data Lakes: Data Lakes sind ein flexiblerer Ansatz zur Datenhaltung, bei dem Daten in ihrer ursprünglichen Form gespeichert werden. Dies bedeutet, dass Banken die Daten nach Bedarf bearbeiten und analysieren können, was mehr Flexibilität als ein DWH bietet. Darüber hinaus können Data Lakes sowohl strukturierte als auch unstrukturierte Daten aufnehmen, was sie für eine Vielzahl von Anwendungsfällen geeignet macht.

Cloud-basierte Lösungen: Cloud-Datenhaltungslösungen bieten viele Vorteile gegenüber traditionellen Modellen. Sie sind skalierbar, kosteneffektiv und erlauben den schnellen Zugriff auf Daten, egal wo sich die Benutzer befinden. Cloud-Anbieter bieten auch fortschrittliche Datenanalysetools, mit denen Banken wichtige Erkenntnisse aus ihren Daten extrahieren können.

Banking-as-a-Service

Zunehmend spannend werden Geschäftsmodelle, die moderne „Tech“-Banken bereits fertige White-Label Banking-as-a-Service-Lösungen bieten und per se ein hochmodernes Datenmanagement zur Verfügung stellen. Die Anbieter untermauern dies auch mit entsprechenden Banklizenzen. Daten- und Backend Services werden über leistungsstarke elektronische Schnittstellen (APIs) zur Verfügung gestellt und sind somit leicht und effizient handelbar. Das hat insbesondere den Vorteil, dass Banken nicht in Know-how und Infrastruktur investieren müssen und bereits fertige Lösungen innerhalb weniger Wochen betriebsbereit beziehen können. Auch die weiterführende Wartung und Bereitstellung wird hier als Service angeboten.

Traditionelle Banken profitieren somit von konzentriertem Know-how und können sich auf Produkte und Vertrieb konzentrieren.”

Der Übergang: So gelingt die “Operation am offenen Herzen”

Ohne Frage bedeuten Datenbank- und Datenstrukturänderungen für eine Bank die „Operation am offenen Herzen“ und werden traditionell von Managern gescheut. Daher liegt es nahe, dass sich mutige Häuser entscheiden werden, künftig mit einem hybriden Ansatz zu starten, der die Vorteile von Banking-as-a-Service, Data Lakes und Cloud in Verbindung mit DWH kombiniert. In einem solchen Modell könnten beispielsweise strukturierte Bestandsdaten in einem DWH und transaktionsbezogene und unstrukturierte Daten über ein Banking-as-a-Service-Lösung bzw. einen Data Lake gespeichert werden. Auch die Überführung des DWH in Cloud-Dienste wäre sinnvoll, um Flexibilität, Stabilität und Skalierbarkeit zu gewährleisten. Dierk Wilhelmsmeyer, Tradevest

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert