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FINTECH4. August 2020

Deutsche Bank baut Digitalstrategie im Privatkundengeschäft um – und opfert Yunar

Deutsche Bank

Mit Yunar wollte die Deutsche Bank sich als erfolgreich in der FinTech-Welt präsentieren. Das war vor zwei Jahren. Jetzt ist das Abenteuer Yunar für den Bankkonzern beendet – und diejenigen, die schon damals unkten, dass der Konzern eben nicht Start-up kann, fühlen sich bestätigt. Gleichzeitig arbeitet die Deutsche Bank an einem Umbau der Digitalstrategie für das Privatkundengeschäft. Das verwundert nach dem Abgang von Markus Pertlwieser nicht.

Knapp zwei Jahre nach dem Start zieht die Deutsche Bank bei ihrem Digitalprojekt Yunar den Stecker. Das Vorzeigeprojekt sollte es dem Nutzer ermöglichen, Kundenkarten zu digitalisieren und mit dem Smartphone zu verwalten. Spätestens Ende des Jahres soll damit Schluss sein – und das, obwohl das Projekt dem Vernehmen nach durchaus seine Nutzer und Fürsprecher im Konzern hatte und mit kolportierten 360.000 Nutzern durchaus eine gewisse Flughöhe hatte.

Doch Yunar war auch aus strategischer Sicht wichtig: Es ermöglichte den Deutschbänkern Einblicke in die sonstigen Vertragsverhältnisse der Kunden – ein Umstand, der gerade in der heutigen Zeit fragmentierter Geschäftsbeziehungen viel wert ist. Andere Banken wollen gerade im Privatkundenbereich zum umfassenden Ansprechpartner für alles, was mit Geld zu tun hat, werden.

Compete to win als Digitalstrategie der Deutschen Bank

Deutsche Bank

Der Schritt ist Teil einer nicht ganz so neuen Digitalstrategie, die der ehemalige Digitalchef Markus Pertlwieser bei seinem Abgang vor einigen Wochen als Sparkurs bezeichnet hatte. Er fürchte, so Pertlwieser bei seinem Abgang, dass Digitalisierungsmaßnahmen vorrangig dort eingesetzt würden, wo’s ums Einsparen geht. Keine gute Strategie für eine Bank, die in der Vergangenheit keinen einheitlichen Kurs gegenüber ihren Privatkunden bewiesen hat. Beim Start von Yunar klang das noch ganz anders. Der damalige Digitalchef Pertlwieser ließ sich mit den Worten zitieren, „es geht nicht darum, unser bisheriges Kerngeschäft zu digitalisieren, sondern darum, wie Banking in der digitalen Welt funktioniert“. Danach suchen in der Tat noch immer viele Banking-Verantwortliche – nicht nur in den Hochhäusern der Republik, sondern auch in den Filialen und in den Loft-Etagen der Start-up-Szene.

Die neue (laut Medienberichten, bei näherem Hinsehen gab’s den Slogan aber schon im Sommer 2019 in Präsentationen) Strategie steht unter dem Motto „compete to win“, ein Claim, der so unglaublich lieblos und austauschbar ist, dass man die Marketingverantwortlichen des Unternehmens fragen möchte, ob das aus einem Glückskeks oder einem dieser zu Recht verpönten Managementkalender der Nullerjahre stammt. Philip Laucks, einer der ranghöchsten Manager im Privatkundengeschäft des Unternehmens, erklärte gegenüber der Wirtschaftswoche, durch die Coronakrise habe sich das Einkaufs- und Konsumverhalten deutlich verändert, die Bonus- und Loyalitätsprogramme seien eingebrochen. Aber ist das gleich ein Grund, eines der spannenderen Projekte des Hauses zur Disposition zu stellen?

Postbank

Auch wenn Yunar kontinuierlich gewachsen ist, haben sich die Rahmenbedingungen so verändert, dass eine Fortführung aus unserer Sicht keinen Sinn ergibt.“

Philip Laucks, Global Head HR Private Banking & Wealth Management, Deutsche Bank

Robin/ Maxblue
Deutsche Bank / Maxblue

Immerhin ein wenig Digitalisierung soll in Form von Robin, dem digitalen Vermögensverwalter, bleiben – den, so heißt es, wolle man ebenso ausbauen wie die Kooperation mit Deposit Solutions. Aber ist das wirklich alles, was eine der bedeutendsten deutschen Großbanken im Jahr 2020 an Digitalisierung im Privatkundengeschäft zu bieten hat? Und wie sind in diesem Zusammenhang einige prominente personelle Neuzugänge in den letzten und kommenden Monaten zu bewerten, auch wenn sich diese nicht zwingend auf das Privatkundensegment beziehen?

Digitaler Schlingerkurs der Deutschen Bank

Wahrscheinlich ist immerhin, dass die Deutsche Bank aus dem Projekt Yunar Know-how gewonnen hat. Ob das der günstigste Weg war, lässt sich aus der Außensicht schwer beurteilen, denn offenbar gelang es nicht, das Start-up zu veräußern oder als Management-Buy-out weiterzuführen. Aber hinterher ist man immer schlauer. Klar ist aber auch, dass eigenes Know-how, wenn es mit etwas Distanz zum Mutterkonzern agieren kann, wertvoll ist. Immerhin ist die Deutsche Bank nicht das einzige große Institut, das sich in dieser Hinsicht schwer tut, wir erinnern nur an das gescheiterte Yomo-Projekt der Sparkassen.

So oder so: Die Digitalisierungsstrategie bleibt, danach sieht es aus, bei der Deutschen Bank ein Schlingerkurs, so dass man sich hier mehr Konsequenz und Konsistenz wünschen würde – es sei denn, man ist eine der Challenger-Banken oder ein FinTech. Denn denen würde es weh tun, wenn doch eine der Großbanken es schaffen sollte, die Startup-DNA mit der Verlässlichkeit einer angesehenen Großbank zu kombinieren.tw

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