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ARCHIV18. September 2019

Deutsche Börse setzt bei Cloud-Infrastruktur auf die Google Cloud

Deutsche Börse setzt bei Cloud-Infrastruktur auf die Google Cloud
mathes / Bigstock

Die Deutsche Börse und Google haben eine Kooperation für die Nutzung von Cloud-Angeboten im Finanzsektor vereinbart. Wie das Handelsblatt und die dpa berichten, will die Deutsche Börse so ihre internen Prozesse digitalisieren und neue Angebote für die Kunden entwickeln – und setzt dabei auf die skalierbare Cloud-Infrastruktur des Digitalkonzerns aus Mountain View.

Die Deutsche Börse verlässt sich auf eine Multi-Cloud-Strategie, kombiniert beispielsweise Angebote von Microsoft und Google, um das jeweils Beste aus allen Cloud-Welten nutzen zu können. Wie Christoph Böhm, IT-Vorstand der Deutschen Börse erklärt, hat dies auch mit Risikostreuung und dem Ziel, „nicht alle Eier in einen Korb zu legen“ zu tun. Microsoft hat seine Stärken im Office-Umfeld, während bei Google vor allem Zukunftstechnologien wie Blockchain, Künstliche Intelligenz und Machine Learning gut abgebildet werden.

Auch Services im Kontext datengetriebener Verfahren / Big Data sind im Umfeld der Google-Cloud gut und performant untergebracht. Das passt gut für die Deutsche Börse, die ihren Unternehmenskunden entsprechende Vorhersagemodelle und datengetriebene Services zur Auswertung von großen Datenmengen bietet. Klar ist dabei, dass die Datenhoheit bei der Deutschen Börse bleibt: Die Daten gehören entweder der Deutschen Börse oder deren Kunden und Google nutzt diese auch nicht für eigene Services, wie beide Unternehmen erklären.

Doch da ist natürlich dennoch die Abhängigkeit von einem US-Anbieter, die der deutschen Börse zwar offenbar auch zu denken gibt, für die es aber derzeit keine ebenbürtige oder zumindest vergleichbare Lösung gibt:

Dr. Christoph Böhm, IT-Vorstand Deutsche Börse gegenüber Handelsblatt
Deutsche Börse

Wir würden es begrüßen, wenn es im Wettbewerb der Cloud-Anbieter eine starke europäische Alternative gäbe. Die würden wir dann auch sehr gerne nutzen. Aktuell gibt es ein solches Angebot jedoch nicht. Da wir schwerpunktmäßig in Europa tätig sind und europäischer Aufsicht unterliegen, brauchen wir natürlich Angebote, die auf Europa zugeschnitten sind und bei denen Daten in europäischen Rechenzentren gespeichert werden.”

Dr. Christoph Böhm, IT-Vorstand Deutsche Börse
gegenüber Handelsblatt

Für Annette Maier, die in Deutschland Googles Cloud-Geschäft verantwortet, ist der Umgang mit den im Banking-Bereich umfangreichen Regulierungs- und Aufsichtsbehörden, ein Kernthema. Google verfügt über die hier benötigte C5-Zertifizierung. Die Zusammenarbeit mit der Deutschen Börse ist für Google eine echte Chance und ein beachtlicher Coup, wenn es um das Thema Vertrauen geht:

Für uns ist der Bereich Banken und Versicherung ein wichtiges Feld, in dem wir den Kunden besser verstehen wollen, um die passenden Lösungen zu entwickeln. Doch natürlich gilt das auch für andere Branchen, denn die Google Cloud passt zu jedem Dienstleistungssektor, zu jeder Industrie und zu jedem Gewerbe.”

Annette Maier, Managing Director Google Cloud DACH gegenüber Handelsblatt

Vertrauen in die Cloud wächst – auch im Banking-Umfeld

Ähnlich wie für IBM in Kooperation mit Red Hat (schon länger) und Microsoft (auch nicht erst seit gestern) ist der Banking- und Versicherungssektor für Google ein spannendes Geschäftsfeld, das hohe Erträge verspricht. Sie spielen neben Amazon AWS, die alleine rund die Hälfte des (Unternehmens-)Cloud-Markts für sich verbuchen können, die wichtigste Rolle, während mit Alibaba aus China ein weiterer Großer hinzukommt, der allerdings gerade in sensiblen Umgebungen hierzulande bisher noch kaum eine Rolle spielt.

Der Trend, IT-Infrastrukturen im Multi-Cloud-Umfeld – egal ob in der Public-Cloud oder einer Hybrid-Variante – zu shiften, ist seit einigen Jahren ungebrochen, obwohl gerade die auf IT-Sicherheit bedachten Banken lange zurückhaltend waren. Compliance-technisch bringt dieser Schritt eine Vielzahl an Herausforderungen mit sich, die aber beispielsweise dank entsprechender Lokalisierung (Serverstandort Deutschland oder je nach Anwendungsfall mindestens EU) zu meistern wären.

Deutsche Börse setzt auf doppelte Verschlüsselung

Die Cloud bietet nämlich in der Tat in technischer Hinsicht mehr Vor- als Nachteile: Die gute Skalierbarkeit ermöglicht, dass auch bei höheren Mengen an Anfragen, etwa um den Monatswechsel, die Systemauslastung konstant gehalten werden kann. Und gerade auch beim Erproben neuer Services und Anwendungen ist die Cloud eine dankbare Lösung – was freilich dazu führte, dass es inoffiziell in vielen Banken ohnehin eine gewisse Shadow-IT gibt und gab. Im Rahmen von Mehrebenenmodellen lassen sich Cloud und herkömmliches Datacenter hervorragend kombinieren, wobei der Trend in vielen Unternehmen unserer Branchen in Richtung Cloud umschlägt. Schon heute nutzen rund drei Viertel aller Unternehmen ganz oder teilweise Cloud-Dienste, um ihre IT-Anforderungen zu skalieren.

Und die Sicherheitsfrage? Daten in der Cloud sind, wenn wir ehrlich sind, oftmals besser geschützt als in vielen kleineren Rechenzentren. Das hat zum einen damit zu tun, dass sowohl in diesem Fall die Deutsche Börse selbst als auch der Cloud-Anbieter Google mit einer (End-to-End)-Verschlüsselung arbeiten. Zum anderen ist es aber auch eine für Unternehmen gute Entscheidung, beim Sicherheitsthema auf Experten wie die jeweiligen Cloud-Anbieter zu setzen, die in aller Regel über mehr und aktuelleres Know-how verfügen als einzelne kleinere IT-Abteilungen, die nur ihr eigenes Rechenzentrum verantworten.

Wie erfolgreich Google (und Microsoft sowie Amazon AWS) in der Bankenwelt Fuß fassen können, wird sich erst noch zeigen müssen. Klar ist aber, dass Service-Anbieter wie Fiducia oder die FI diesen Trend sehr genau beobachten werden – entweder weil sie Google und Co. als Konkurrenz verstehen oder aber weil sie an möglichen Kooperationen interessiert sein könnten. tw

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