STRATEGIE25. April 2024

Disruption durch den digitalen Euro: Ein Paradigmen­wechsel in der Zahlungs­verkehr­sinfrastruktur!

Prof. Dr. Alexander Schroff, Financial Services Lead DACH, Publicis Sapient
Prof. Dr. Alexander Schroff, Financial Services Lead DACH, Publicis Sapient Lead DACH

Die bevorstehende Einführung des digitalen Euro, einer digitalen Zentral­bankwährung (CBDC) unter der Leitung der Europäischen Zentralbank (EZB), stellt einen Wendepunkt für die Eurozone dar. Diese digitale Revolution verspricht, die Zahlungs­verkehrs­landschaft grundlegend zu verändern, und erfordert einen starken strategischen Ansatz, um mögliche technische Heraus­forderungen und Daten­schutz­fragen zu lösen.

von Prof. Dr. Alexander Schroff und Sabyasachi Ghosh, beide Publicis Sapient

Die EZB prüft der­zeit ak­tiv die Kon­zep­ti­on des di­gi­ta­len Eu­ro und dürf­te da­bei aus Im­ple­men­tie­rungs­sicht be­son­ders den Da­ten­schutz der Nut­zer als Vor­aus­set­zung in den Fo­kus rü­cken.

Sabyasachi Ghosh, Senior Product Manager, Publicis Sapient
Sabyasachi Ghosh, Senior Product Manager, Publicis Sapient Publicis Sapient

Die Entscheidung zwischen einem zentralisierten Modell und der Distributed-Ledger-Technologie (DLT) ist hierbei von entscheidender Bedeutung, da die DLT verbesserte Datenschutz- und Sicherheitsmerkmale wie Pseudonymität bietet. Die Implementierung eines zweistufigen Verteilungssystems, bei dem die EZB den digitalen Euro an Geschäftsbanken zur weiteren Verteilung ausgeben würde, baut auf der bestehenden Infrastruktur auf und gewährleistet gleichzeitig die aufsichtsrechtliche Kontrolle. Wichtig ist, dass in jeder Phase Maßnahmen zum Schutz der Privatsphäre ergriffen werden können.

Die Blockchain-Technologie könnte sich dabei als Schlüsseltechnologie erweisen, die beispiellose Möglichkeiten für Innovationen bietet, insbesondere um die Anonymität der Nutzer zu wahren.”

Der Einsatz anspruchsvoller Modelle wie UTXO (Unspent Transaction Output) würde die Privatsphäre auf Transaktionsebene weiter verbessern und nahtlose Peer-to-Peer-Transaktionen ermöglichen. Dies ebnet den Weg für die Entwicklung programmierbarer Geldanwendungen, die konventionelle Prozesse revolutionieren und gleichzeitig den Datenschutz bewahren. So können beispielsweise automatisierte Zahlungen herkömmliche Arbeitsabläufe neu definieren, indem sie die Offenlegung von Daten minimieren und gleichzeitig die betriebliche Effizienz maximieren und Kosten senken.

Herausforderungen der IT-Implementierung im europäischen Bankensystem

Autor Prof. Dr. Alexander Schroff, Financial Services Lead DACH, Publicis Sapient

Prof. Dr. Alexander Schroff ist Financial Services Lead DACH bei Publicis Sapient (Website). Er ver­ant­wor­tet Fi­nan­ci­al Ser­vices Prac­tice in der DACH-Re­gi­on. Der pro­mo­vier­te und ha­bi­li­tier­te Bran­chen­ex­per­te ver­fügt über mehr als 15 Jah­re Er­fah­rung. Sei­ne Ex­per­ti­se sam­mel­te er wäh­rend sei­ner be­ruf­li­chen Sta­tio­nen auf Ban­ken­sei­te in den Be­rei­chen In­vest­ment Ban­king, Tre­a­su­ry und Glo­bal Mar­kets so­wie als Be­ra­ter für hoch­kom­ple­xe Trans­for­ma­ti­ons­pro­jek­te im Ka­pi­tal­markt- und Handelsumfeld.

In Vorbereitung auf die Einführung des digitalen Euro und zur Sicherstellung der Bereitschaft zur Unterstützung von Zentralbank-Digitalwährungen (CBDCs) sollten die europäischen Banken eine Reihe von technischen Voraussetzungen schaffen.

Ein wichtiger Schritt wäre der Einsatz hochleistungsfähiger Transaktionsverarbeitungssysteme, die in der Lage sind, hohe Transaktionsvolumina schnell und effizient mit minimalen Latenzzeiten zu verarbeiten und so Echtzeitabwicklungen zu ermöglichen.”

Zudem ist ei­ne ska­lier­ba­re In­fra­struk­tur not­wen­dig, die es den Ban­ken er­mög­licht, sich dy­na­misch an Schwan­kun­gen des Trans­ak­ti­ons­vo­lu­mens an­zu­pas­sen, oh­ne die Leis­tung zu be­ein­träch­ti­gen, so dass auch in Spit­zen­zei­ten ei­ne un­ter­bre­chungs­freie Ab­wick­lung ge­währ­leis­tet ist. Ei­ne naht­lo­se In­te­gra­ti­on in be­ste­hen­de Zah­lungs­ver­kehrs­net­ze wä­re eben­falls von ent­schei­den­der Be­deu­tung, um Echt­zeit­ab­wick­lun­gen über ver­schie­de­ne Platt­for­men und Sys­te­me hin­weg zu er­mög­li­chen, wo­bei die Ein­hal­tung stan­dar­di­sier­ter Nach­rich­ten­for­ma­te und -pro­to­kol­le wie ISO 20022 oder SWIFT für die In­ter­ope­ra­bi­li­tät ge­währ­leis­tet sein muss.

Darüber hinaus würde der Einsatz fortschrittlicher Datenverarbeitungstechnologien wie Echtzeit-Analytik und künstliche Intelligenz die Geschwindigkeit und Effizienz der Transaktionsverarbeitung erhöhen und damit schnellere Abrechnungen ermöglichen.”

Starke Cybersicherheitsmaßnahmen, einschließlich Verschlüsselungsprotokollen und kontinuierlichen Überwachungssystemen, sind zum Schutz vor potenziellen Bedrohungen im Zusammenhang mit Echtzeittransaktionen elementar. Die Einhaltung strenger regulatorischer Standards ist nach wie vor maßgeblich und erfordert die Implementierung von Kontrollen und Prüfpfaden zur Überwachung und Kontrolle von Transaktionen.

Autor Sabyasachi Ghosh, Senior Product Manager, Publicis Sapient

Sabyasachi Ghosh Banken ist Senior Product Manager bei Publicis Sapient (Website). Zu­vor war er bei nam­haf­ten Un­ter­neh­men wie RS Soft­ware oder Vi­sa. Im Lau­fe sei­ner über 15jäh­ri­gen Kar­rie­re war der Bran­chen­ex­per­te an di­ver­sen In­itia­ti­ven zur Mo­der­ni­sie­rung des Zah­lungs­ver­kehrs und an di­gi­ta­len Trans­for­ma­ti­ons­pro­gram­men für Kli­en­ten in den USA, Eu­ro­pa und im asia­tisch-pa­zi­fi­schen Raum be­tei­ligt. Sei­ne Er­fah­rung reicht vom Soft­ware En­gi­neer und Test Ana­lyst bis hin zum Pro­duct Ow­ner und Tech­ni­cal Consultant.

Darüber hinaus sind zuverlässige und schnelle Verbindungen für die Übertragung von Transaktionsdaten in Echtzeit zwischen Banken und Zahlungsdienstleistern unerlässlich, was den kritischen Bedarf an stabilen Netzwerkverbindungen zur Unterstützung unterbrechungsfreier Abwicklungen verdeutlicht. Wenn die europäischen Banken die genannten technischen Anforderungen ganzheitlich angehen, können sie eine entscheidende Rolle bei der Gewährleistung eines effizienten und sicheren Betriebs des digitalen Euro spielen.

Nahtlose Integration in bestehende Finanzinfrastruktur

Der Erfolg des digitalen Euro hängt potenziell auch von seiner Fähigkeit ab, sich nahtlos in die bestehende Finanzinfrastruktur zu integrieren und dabei die Privatsphäre zu wahren.”

Die mögliche Anbindung des digitalen Euro an Initiativen wie die Europäische Zahlungsverkehrsinitiative (EPI), mit der ein einheitliches europaweites Zahlungsverkehrssystem geschaffen werden soll, könnte eine breite Akzeptanz erleichtern und die Fragmentierung innerhalb des Euroraums verringern. Während des Integrationsprozesses sollten jedoch Datenschutzaspekte berücksichtigt werden. Bestehende Sofortzahlungsinitiativen wie das SEPA Instant Payments Scheme (TIPS) können eine Grundlage für digitale Euro-Transaktionen in Echtzeit bilden. Ein Konzept für den sofortigen Umtausch von CBDC in Fiat-Währung könnte darin bestehen, bestimmte Konten der Geschäftsbanken bei der EZB zu definieren. Auf diese Konten würde im Voraus Geld in Fiat-Währung eingezahlt werden. Wenn ein Nutzer über eine Sofortzahlungsschiene wie TIPS einen Umtausch von digitalen Euro in Fiat-Währung veranlasst, kann die Geschäftsbank dem Konto des Nutzers sofort Fiat-Währung gutschreiben, indem sie den entsprechenden Betrag ihres vorfinanzierten Kontos bei der EZB abbuchen würde. Dieser nahezu sofortige Austausch nutzt die bestehende Infrastruktur und gewährleistet gleichzeitig eine Abwicklung in Echtzeit.

Aus Datenschutzgründen sollte jedoch sichergestellt werden, dass die Verbindung zwischen der digitalen Euro-Geldbörse des Nutzers und dem Fiat-Währungskonto anonym bleibt.”

Der digitale Euro als Katalysator für Innovation, Datenschutz und Transparenz

Da der digitale Euro in greifbare Nähe rückt, sollten die europäischen Banken proaktiv die technischen Anforderungen für eine erfolgreiche Umsetzung budgetieren und planen, um eine erfolgreiche Implementierung zu gewährleisten. Dies erfordert die Bewältigung komplexer IT-Herausforderungen, den Einsatz leistungsfähiger Transaktionssysteme und die Verstärkung von Cybersicherheitsmaßnahmen. Es bietet jedoch auch die Möglichkeit, die bestehende Infrastruktur und die jeweilige Technologie (z.B. Blockchain) für eine nahtlose Integration und Echtzeitabrechnungen in einem datenschutzfreundlichen Ökosystem zu nutzen. Das richtige Gleichgewicht zwischen Innovation, Datenschutz und Sicherheit könnte nicht nur für den Erfolg des digitalen Euro, sondern auch für die Zukunft des Finanzwesens im Euroraum entscheidend sein. Prof. Dr. Alexander Schroff und Sabyasachi Ghosh, Publicis Sapient

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