ZAHLUNGSVERKEHR30. Oktober 2023

Elon Musk und seine Vision für X: Wie der Twitter-Nachfolger zur Finanzplattform werden soll

LookerStudio
/ Bigstock

Fast auf den Tag genau ein Jahr ist es her, dass Elon Musk das Ruder bei Twitter, heute X, übernommen hat. Seitdem ist viel passiert und das soziale Netzwerk, das einst wie kein zweites für aktuelle Nachrichteninteraktion stand, hat seinen Charakter grundlegend gewandelt. Jetzt wird bekannt, dass Elon Musk mit dem Unternehmen noch weitere Pläne hat – die die Banken- und Finanzwelt gegebenenfalls nachhaltig verändern können.

Die Plattform X, formerly known as Twitter, könnte schon bald zu einer umfassenden Payment- und Finanzplattform werden. Das hat Elon Musk laut Medieninformationen gegenüber Mitarbeitern verlauten lassen. Demnach soll schon bis Ende kommenden Jahres „eine mächtige Lösung für Zahlungen“ über X verfügbar sein. Diese soll, so der Unternehmer, ein Bankkonto überflüssig machen – eine Aussage, die zumindest in den USA auch als Kriegserklärung an die Banken und das etablierte Finanzwesen verstanden wird.

The Royal Society, CC BY-SA 3.0.

Wenn ich von Zahlungen spreche, meine ich eigentlich das gesamte finanzielle Leben einer Person. Wenn es mit Geld zu tun hat, wird es auf unserer Plattform stattfinden. Geld oder Wertpapiere oder was auch immer. Es geht also nicht nur darum, meinem Freund 20 Dollar zu schicken. Ich spreche davon, dass Sie kein Bankkonto brauchen werden.”

Elon Musk, Unternehmer

Elon Musk und sein Plan für X als Finanzmacht

Musk sieht X demnach als eine umfassende Plattform zur Verwaltung der finanziellen Angelegenheiten der Nutzer vor. Dies umfasst die Abwicklung von traditionellem Bankwesen, den Handel mit Wertpapieren und anderen Finanztransaktionen. Wie es in einer Nachrichtenmeldung heißt, die zunächst bei The Verge zu lesen war, sieht Elon Musk eine Zukunft, in der die Menschen keine herkömmlichen Bankkonten mehr benötigen und stattdessen auf X für ihre finanziellen Bedürfnisse vertrauen.

 

Um diese Vision zu verwirklichen, strebt X aktiv Lizenzen für Geldüberweisungen in den Vereinigten Staaten an, wobei bereits Lizenzen in neun Bundesstaaten gesichert wurden, gemäß dem Nationwide Mortgage Licensing System. Anders als im Euro-Währungsraum ist das Lizenzierungswesen in den USA deutlich kleinteiliger. Es dürfte also – in einem zweiten Schritt, wenn Musk mit seinen Plänen in den USA Erfolg hat, ein Leichtes sein, eine europäische Banklizenz zu erhalten oder sich entsprechende Partner mit bestehender Lizenz zu suchen.

Eine Vision mit historischen Wurzeln

Diese Expansion entspricht Musks übergeordnetem Ziel, X zur “Alleskönner-App” zu machen – und es ist in doppelter Hinsicht nicht neu. Denn zum einen spielte der Name X, dessen Domain Musk schon vor gut 20 Jahren sicherte, auch schon in der Frühphase von (und vor) Paypal eine wichtige Rolle. Vor Paypal hatte Musk X.com als umfassende Finanzplattform konzipiert. Bedauerlicherweise wurde seine Vision für Paypal nach der Übernahme durch Ebay nicht weiter oder zumindest nicht in diesem Umfang realisiert, sodass er sich nun entschlossen zeigt, dieses Vorhaben mit X zu verwirklichen. Zum anderen ist das chinesische Wechat mit seinen weitreichenden Payment-Möglichkeiten eine veritable Blaupause für die Pläne des Visionärs.

Abzuwarten bleibt allerdings, wie die US-amerikanischen Finanzaufsichtsbehörden dieses Ansinnen beurteilen. Denn spätestens seit Zuckerbergs Libra-Experiment wissen wir, dass hier manchmal stärkerer Gegenwind kommt als erwartet. Insofern ist die erste Hürde das US-Geschäft, die nächste Hürde die Expansion in weitere Märkte. Spätestens seit Apples Banking-Plänen wissen wir aber, dass all das weniger leicht skalierbar ist, als sich die Digitalkonzerne aus dem Valley das vorstellen.

Und da ist noch ein zweiter Punkt: Spätestens im letzten Jahr haben viele Twitter-Nutzer gesehen, wie wenig verlässlich der Unternehmer Musk in seinen Aussagen ist. Insofern dürften viele Kunden vorsichtig sein, wenn es darum geht, dem Unternehmen ihre Finanzen anzuvertrauen. Dennoch dürften die Pläne, wenn sie denn Realität werden, Veränderungen bei den Banken und Finanzdienstleistern, aber vor allem auch bei Zahlungsdienstleistern wie Paypal oder Klarna mit sich bringen.tw

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