Anzeige
STRATEGIE30. November 2021

European Payments Initiative: Warum die europäische Lösung auf der Kippe steht

AlexLMX/bigstock.com

Noch kein weißer Rauch bei der European Payments Initiative (EPI): Das zentrale Projekt, das ein europäisches Zahlungssystem als Gegengewicht zu US-amerikanischen Anbietern wie Visa und Mastercard, aber auch Paypal oder Apple Pay darstellen könnte, kommt nicht in die Gänge. Immerhin verhandeln die Initiatoren ausführlich miteinander – doch eine Einigung über das immerhin 1,5 Milliarden Euro schwere Projekt konnte dem Vernehmen nach noch nicht erzielt werden.

Die deutschen und europäischen Banken wollen in Zukunft bei den Zahlungssystemen unabhängiger von US-amerikanischen Playern werden. Europa solle dadurch eine „eigenständige Zahlungsverkehrsinfrastruktur“ bekommen, so fassen es auch die neuen Koalitionspartner SPD, FDP und Grüne im vergangene Woche vorgestellten Koalitionsvertrag zusammen. Dass es hieran einen Bedarf gibt, hat auch die kürzlich aufgekündigte Maestro-Lösung gezeigt, die in den nächsten zwei Jahren aufs Abstellgleis geschoben wird (wir berichteten).

Doch noch gestaltet sich die Neuausrichtung der europäischen Banken komplex, auch wenn die Bundesbank ebenso wie eine Handvoll Finanzminister europäischer Staaten bereits signalisiert haben, dass sie ein solches Projekt gerne sehen und auch begleiten würden (bezahlen müssen es ja vor allem die Geschäftsbanken).

Burkhard Balz, Vorstandsmitglied der Deutschen BundesbankBundesbank

Der Fokus muss sein, das EPI-System relativ schnell auf den Weg zu bringen und erste Zahlungen zu ermöglichen. Ich hoffe natürlich sehr auf ein positives Votum.“

Burkhard Balz, Vorstandsmitglied Bundesbank

Die Sparkassen haben schon länger angekündigt, das Projekt zu unterstützen und hier zu investieren, auch die Commerzbank und die Deutsche Bank stehen dem Projekt positiv gegenüber und wollen sich finanziell beteiligen – im Zusammenhang mit der Commerzbank war das in den letzten Wochen alles andere als sicher. Ob die DZ-Bank als Vertreter der Volks- und Raiffeisenbanken mit an Bord ist, war bis zuletzt nicht klar, doch soll diesbezüglich im Laufe des Montags eine positive Entscheidung erfolgt sein. Offiziell bestätigt ist das freilich nicht.

Problematischer als in Deutschland gestaltet sich die Überzeugung offenbar in Italien, wo ohnehin nach heutigem Stand nur die Unicredit mit an Bord wäre und in Spanien und den Niederlanden. Die beiden Letzteren haben das aktuelle Maestro-Problem weit weniger als die anderen Staaten (wo sinnvollerweise bis Mitte 2023 eine Alternative gefunden werden muss), da sie enger an den Debit-Schemes von Mastercard und Visa dran sind (Italien) oder mit iDeal ein eigenes System betreiben (Niederlande). Doch diese sind ja bekanntermaßen auch US-amerikanische Player, von denen man ja gerade ein Stück unabhängiger sein will.

EPI: Es geht vor allem ums Geld

Gestern, so hört man aus Verhandlungskreisen, sei man nicht in allen Fragen einig geworden, sodass ein weiteres Zusammentreffen noch vor Weihnachten geplant sein soll. Es geht dabei, soviel lässt sich festhalten, vor allem ums Geld und die mit dem Projekt verbundenen bisher bekannten und noch unbekannten Kosten. 31 Banken zählen aktuell zu den Unterstützern, doch nicht in allen Fällen ist die Finanzierung hinreichend geklärt – insbesondere wenn es sich herausstellen sollte, dass weniger Institute als bisher gedacht mitziehen, könnte die Sache für die Verblebenden teurer werden. Auch sind aus den genannten Gründen nicht alle gleichermaßen enthusiastisch wie die deutschen Banken, doch immerhin die Franzosen, Polen und Belgier weiß man bereits sicher auf der Befürworterseite.

peshkov / Bigstock

Neben einer physischen Bezahlkarte wird es dabei natürlich auch um E-Commerce-Payment-Lösungen und P2P-Payment auf Smartphone-Basis gehen und das Thema der CBDC und digitalen Kryptowährungen dürfte ein wichtiges Element einer solchen neuen Lösung sein. Ein diesbezügliches Erprobungsprojekt seitens der EZB wird ja gerade angeschoben. Doch auch hier ist der Ausgang weitgehend unklar.

Je weniger mitmachen, umso weniger bringt EPI – und umso teurer wird es

Die Banken brauchen bei der EPI einen langen Atem – denn letzten Endes ist all das eine Investition in die Zukunft und wird sich erst in fünf bis zehn Jahren überhaupt irgendwie bezahlt machen. Und bekanntermaßen denken Unternehmenslenker ungern in solchen langen Perspektiven, zumal das ja in keinem Unternehmen die einzige Baustelle rund um Digitalthemen ist. Und klar ist auch: Eine solche kleinere Lösung, bei der nicht alle mitziehen, würde nicht nur unnötig teuer, sondern wäre auch nicht im Interesse der Verbraucherinnen und Verbraucher, die ja gerade ein ähnlich umfassendes System bekommen sollen wie es die US-Player bieten. Doch so oder so – die beteiligten Banken sollten in der Tat zeitnah zu einer Entscheidung kommen, um nicht wertvolle Zeit zu verschwenden und der Konkurrenz in die Hände zu arbeiten. tw

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert