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STRATEGIE13. Dezember 2016

Macht der Online-Konto­wechsel mit Fax überhaupt Sinn? Interview mit FinReach CEO Dr. Matthias Eireiner

Dr. Matthias Eireiner, Geschäftsführer FinReachFinReach
Dr. Matthias Eireiner, Geschäftsführer FinReachFinReach

Banken müssen seit dem 18. September einen Kontowechsel-Service anbieten. Doch Kontowechsel sind nach wie vor gruselig: Manuelle Faxe, kurze Aufbewahrungszeiten, FinTechs als Datenzwischenspeicher und unnötige SEPA-Lastschriftmandate. Macht das so überhaupt Sinn? Wir haben uns mit Dr. Matthias Eireiner, FinReach-Geschäftsführer unterhalten – über das ZKG, Fußangeln, Datensicherheit & Profitabilität. 

Herr Dr. Eireiner, für wie sinnvoll halten Sie eigentlich den ZKG-konformen Kontowechsel? Ist das mit dem Faxen von Kontodaten nicht völliger Blödsinn und ein übler Medienbruch?

Der Ansatz des ZKG ist erst einmal sinnvoll …

… ein einfacherer Wechsel der Bank ist natürlich eine große Hilfe für die Kunden und sensibilisiert Kunden und Banken für das Thema Kontowechsel. Durch das ZKG soll sichergestellt werden, dass dieser Service auch Menschen ohne Online-Banking zur Verfügung steht.

Wie sinnvoll und kundenfreundlich der technische Prozess dahinter ist, steht aber auf einem anderen Blatt.”

Durch das Interbankenabkommen haben die Banken selbst festgelegt, dass sie sich die Zahlungshistorie des wechselwilligen Kunden per Fax übermitteln. Mal abgesehen von dem längeren Zeitaufwand, erfordert dieses Prozedere auch noch erheblich Back-Office-Aufwand für die beiden Banken eines Wechsels. Für den Kunden dauert der Kontowechsel dadurch nicht nur länger, sondern er muss auch mehr “leisten”, indem er Dokumente ausdruckt, unterschreibt und manuell versenden muss – klar, ein Medienbruch.

Aus unserer Sicht ist daher der voll-digitale Kontowechsel sehr viel kundenfreundlicher, weil schneller, bequemer und ohne Medienbruch. Um unsere Kunden auch hier zu unterstützen, bieten wir auch eine Lösung für den ZKG-konformen Wechsel an.

Wo bleiben eigentlich die Daten? Warum sollte ich einem FinTech wie FinReach vertrauen, dass Sie mit den Kundendaten keine Zweit- oder Weiterverwertung machen?

Die Daten, die wir erheben müssen, um einen Kontowechsel durchführen zu können, werden nur zweckgebunden erhoben und danach gelöscht. Beim voll-digitalen Kontowechsel umfasst die Speicherung maximal 90 Tage. Die Speicherung erfolgt in einem Bankenrechenzentrum in Deutschland, das den gleichen hohen Sicherheitsstandards wie andere Banken unterliegt. Eine Weiterverwertung der Daten ist vertraglich und datenschutzrechtlich ausgeschlossen. Das Vertrauen unserer Kunden und deren Kunden ist für uns die wichtigste Währung. Deswegen hat für uns Daten- und Konsumentenschutz höchste Priorität.

Manche Kontowechsel sind unvollständig, weil Daten nur für 3 Monate vorliegen.
Wären nicht mindestens 12 Monate sinnvoll?

Wir sind beim voll-digitalen Kontowechsel auf die Bank angewiesen, von der die Zahlungshistorie kommt. Die meisten Banken übermitteln aber die Zahlungshistorie der letzten 12 Monate, so dass der Kunde in unserem System alle Lastschriftenempfänger und Überweisungsträger im Blick hat und auswählen kann, wen er auf sein neues Konto mit umzieht.

Nur wenige Banken stellen eine kürzere Zahlungshistorie zur Verfügung. Tritt dieser Fall auf, weisen wir den Kunden darauf hin, und er kann weitere Zahlungspartner manuell hinzufügen.”

FinReach erweitert nun den Kontowechsel-Dienst auf Österreich. Warum nicht gleich die vollständige DACH-Region? Und was kommt danach?

Obwohl wir in Deutschland bereits über 50.000 Kontowechsel durchgeführt haben, sind wir dennoch ein junges Unternehmen. Wir wollen Schritt für Schritt wachsen, um unser Geschäft nachhaltig auszubauen. Österreich bot sich als Erstes an für die Internationalisierung, weil wir gute Beziehungen dort haben. Die Schweiz hingegen hat einen etwas anderen Zahlungsverkehr mit deutlich weniger Lastschriften. Dort testen wir deshalb erst einmal den “Product-Market-Fit”.

Als nächste Länder stehen Spanien, Italien und Frankreich auf unserer Agenda.”

Tendenziell sehen wir in allen europäischen Ländern, die SEPA nutzen und sogar darüber hinaus, ein großes Interesse an dem voll-digitalen Kontowechsel. Da gibt es noch viele potenzielle Märkte!

Macht ein Online-Kontowechsel Sinn, wenn viele Gläubiger (wie zum Beispiel der ADAC) hinterher erneut die Erteilung eines neuen SEPA-Lastschriftmandats z.B. über die eigene Website verlangen? Wird dadurch der Kontowechsel nicht ad absurdum geführt?

Es ist richtig, dass manche Zahlungspartner ein erneutes Lastschriftmandat vom Kunden verlangen, obwohl dies nicht notwendig ist. Das gilt allerdings für den voll-digitalen genauso wie für den ZKG-konformen Wechsel. Wir arbeiten gemeinsam mit den Banken und den Zahlungspartnern daran, die Anzahl der neu erstellten Lastschriftmandate weiter zu reduzieren, um den Kunden Extra-Aufwand zu ersparen.

Das Thema Kontowechsel ist immer noch neu für einige Gläubiger, aber wir setzen hier fest auf einen Gewöhnungseffekt auf der einen Seite, aber auch auf neue Schnittstellen, um es den Zahlungspartnern einfacher zu machen.

Ein digitales Zurück in alte Muster gibt es nicht mehr, das hat ja auch der Gesetzgeber durch die Einführung des ZKGs klar vorgegeben.”

Was kommt nach dem Konto- und dem Depotwechsel?

Unsere beiden Produkte, den Kontowechsel und den Depotwechsel, werden wir gemeinsam mit unseren Partner-Banken weiter ausbauen und verbessern. 2017 werden wir außerdem ein neues Produkt anbieten, das nichts mit dem Wechselservice zu tun hat. Es soll eine Lösung für die Banken sein, um das Potenzial ihres bestehenden Kundenstammes besser auszuschöpfen und ihre Vertriebskosten effektiv zu senken.

Wann wird Ihr Unternehmen profitabel?

Unsere Profitabilität hat derzeit keine allzu hohe Priorität. Es geht nicht darum, schnell Gewinn abzuschöpfen, sondern uns langfristig als Partner der Banken zu etablieren.”

Dafür investieren wir weiterhin in unsere Produkte und die Zufriedenheit unserer Kunden. Oberste Priorität hat derzeit der Ausbau der Kundenbasis im In- und Ausland, sowie die Entwicklung neuer Produkte.

Herr Dr. Eireiner, vielen Dank für das Gespräch.aj

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