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STRATEGIE10. Juli 2017

Versicherer: Die veränderte Rolle der IT bis zum Jahr 2025 – die Digitalisierungs-Herausforderung

Dr. Jan Hendrik Sohl, Partner zebzeb

Die Unternehmen der Ver­sicherungs­wirt­schaft sehen sich durch die aktuelle Dynamik in ihrem Marktumfeld mit zahlreichen Herausforderungen konfrontiert. Neben regulatorischen Aspekten ist insbesondere die zunehmende Digitalisierung der Wirtschaft ein wesentlicher Treiber dieser Entwicklung. So fordert die Digitalisierung von den Unternehmen nicht weniger als eine konsequente Zentrierung des Kunden, sowie eine Optimierung bestehender Geschäftsabläufe. Versicherer müssen daher neue Produkte und Services entwickeln, während sie gleichzeitig digitalisierte Betriebsabläufe zur Steigerung von Qualität und Effizienz forcieren.

von Dr. Jan Hendrik Sohl, Partner zeb

Damit sich die Versicherer in der herausfordernden Marktlage behaupten können, sind diese aufgefordert, neue Produkte, sowie Prozessanpassungen mit überschaubarem Aufwand in ihrer IT abbilden zu können. Die IT-Ressorts der Versicherer müssen in die Lage versetzt werden, Produkte, Geschäftsprozesse und Kundenkanäle schnell und flexibel den Anforderungen der Fachbereiche und Kunden anzupassen. Nur auf diesem Wege können Innovationen und neue Technologien adaptiert werden. Die IT nimmt somit als Umsetzungsverantwortliche dieser Veränderungen einen wesentlichen Stellenwert im Versicherungsunternehmen ein.

Zwar sind Fachbereiche und IT-Ressort der Versicherungsunternehmen gewillt, sich den bevorstehenden Herausforderungen zu stellen, jedoch scheitern viele der Unternehmen an der praktischen Umsetzung innovativer Lösungsansätze. Die Fachbereiche verorten dieses Manko oft voreilig innerhalb der IT-Ressorts: Zu wenig Innovationskraft, zu alte Systeme, zu knappe Entwicklungskapazitäten. Die IT wiederum fühlt sich missverstanden und überfordert von den neuartigen Anforderungen der Fachbereiche. Versicherungsunternehmen sollten sich von daher die Frage stellen, wie sie ihre IT auf die neuen Aufgaben der Digitalisierung vorbereiten.

Eine starke IT zur aktiven Gestaltung der Digitalisierung

Grundsätzlich handelt es sich bei der Digitalisierung um eine Aufgabe, welche sämtliche Bereiche der Versicherungsunternehmen in die Pflicht nimmt. Neben den Fachbereichen schließt dies die IT-Ressorts der Unternehmen explizit mit in die Betrachtung ein. So wird die Zukunft der Versicherer nicht alleine aus den Fachabteilungen heraus gestaltet und von der IT umgesetzt werden können. Vielmehr bedarf es einer starken IT im Unternehmen, welche die Fachbereiche mit ihrer Technologieexpertise bei der Konzeption neuer Lösungsansätze unterstützt und anschließend die Umsetzung dieser Lösungen steuert.

Damit die IT zu besagter Stärke finden kann, gilt es, deren Rolle neu zu definieren. So darf die IT perspektivisch nicht mehr lediglich als Auftragnehmer der Fachabteilungen wahrgenommen werden, sondern muss sich zu einem anerkannten Partner auf Augenhöhe entwickeln. Damit dies gelingen kann, darf die IT in ihrer Rolle nicht nur auf die Abarbeitung und Umsetzung von Fachbereichsanforderungen einerseits und dem Betrieb der IT-Systeme andererseits reduziert werden. Vielmehr muss die IT eine Expertenrolle einnehmen, in welcher sie auch selber proaktiv neue und innovative Technologien im Unternehmen platziert.

Autor Dr. Jan Hendrik Sohl, zeb
Nach verschiedenen Tätigkeitsfeldern bei einem IT-Dienstleister eines internationalen Versicherungskonzerns wechselte Dr. Jan Hendrik Sohl in die Beratungsbranche. Als verantwortlicher Partner bei zeb befasst er sich mit IT-Strategien und IT-Transformationen im Versicherungssektor.
Damit die Transformation vom klassischen Auftragnehmer hin zum gefragten Experten gelingen kann, gilt es, die Aufgabenschwerpunkte des IT-Ressorts neu zu definieren. Diese Neudefinition entbindet die IT zunehmend von klassischen Umsetzungs- und Betriebsthemen und drängt sie stattdessen vermehrt in Planungs- und Managementaktivitäten hinein. Ermöglicht wird diese Veränderung unter anderem durch die zunehmende Auslagerung nicht differenzierender Tätigkeiten aus dem Bereich der Umsetzungs- und Betriebsaktivitäten an externe Spezialisten. Dadurch entstehenden wertvolle Freiräume.

Notwendige Weiterentwicklung der IT bis 2025

Damit die komplexen Abhängigkeiten zwischen den unterschiedlichen Aufgabenfeldern explizit Berücksichtigung finden können, empfiehlt sich für die Transformation des IT-Ressorts ein geplantes und gezieltes Vorgehen. Als ein Modell zur ganzheitlichen Betrachtung der Transformation kann das CIO-Modell 2025 herangezogen werden. Im Rahmen des Modells werden 14 zentrale Themenfelder betrachtet und den fünf Aufgabenbereichen Mission, Plan, Build, Run und Manage zugeordnet (siehe Abbildung 1). Dabei trifft das CIO-Modell 2025 zu jedem der 14 Themenfelder eine konkrete Empfehlung hinsichtlich deren zukünftigen Ausgestaltung.

Zählen heute noch die Umsetzungs- und Betriebsaktivitäten zu den zentralen Aufgabenbereichen des IT-Ressorts, ist bis zum Jahr 2025 eine deutliche Verlagerung hin zu den Planungs- und Managementaktivitäten zu erwarten. Einhergehend mit dieser Verlagerung wird sich die IT durch ein integriertes Innovationsmanagement und ein bedarfsgerechtes Anforderungsmanagement den Fachbereichen stärker annähern und ihnen transparente Schnittstellen in die IT hinein bereitstellen. Ebenso wird die Zusammenarbeit zwischen Fachbereichen und IT durch übergreifende Kollaborationsmodelle weiter verstärkt werden. Die Verzahnung von Fachbereichen und IT wird somit spürbar zunehmen.

Zentrale Themenfelder des CIO-Modells 2025zeb

Damit die IT entsprechende Freiräume für die engere Zusammenarbeit mit den Fachbereichen erhält, werden nicht differenzierende Tätigkeiten nach kritischer Prüfung ausgelagert und von externen Marktteilnehmern erbracht. Dazu wird für jeden IT-Leistungsprozess die eigene Wertschöpfung im Vergleich zum Markt kritisch hinterfragt. Nach Abwägung werden dabei wesentliche Teile der Wertschöpfung nicht mehr selbst vom Versicherer erbracht. Die Zusammenarbeit mit externen Partnern kann dabei über ein klassisches Sourcing hinausgehen und in strategischen Partnerschaften münden. Die gemeinschaftliche Entwicklung von Lösungsansätzen mit dem Partner ist dabei explizit erwünscht.

Wettbewerbskritische Entwicklungs- und Betriebstätigkeiten sollten auch im Jahr 2025 im Aufgabenbereich des IT-Ressorts verbleiben. Durch den Einsatz einer anpassungsfähigen Architektur in Kombination mit einem Ende-zu-Ende-Verantwortungsmodell können Entwicklungen jedoch zielgerichteter und mit höherer Flexibilität und Geschwindigkeit als heute umgesetzt werden. Die einzelnen Elemente der IT-Architektur werden dabei einer Überprüfung des Service-Modells unterzogen. Eine verstärkte Nutzung von Cloud-Services für Architekturkomponenten ist dabei wahrscheinlich.

Einhergehend mit der Neuausrichtung der IT nimmt auch die Komplexität der Beherrschbarkeit der IT zu und verlagert sich auf neue Bereiche. Durch ein aktives Komplexitätsmanagement und die Weiterentwicklung der Mitarbeiter bleibt diese Komplexität jedoch beherrschbar. Zur Vorbereitung der Mitarbeiter auf die Zunahme der Planungs- und Managementaktivitäten gilt es, diese durch ein zukunftweisendes Personalmanagement weiterzuentwickeln und auf die neue Rolle der IT vorzubereiten.

Das Fazit

Die Digitalisierung der Versicherungswirtschaft hat umfassende Auswirkungen auf sämtliche Bereiche der Unternehmen. Wurde die IT bisher häufig lediglich als Auftragnehmer der Fachbereiche wahrgenommen, kann sie – im Rahmen der Digitalisierung – bedeutsame Impulse liefern und den Fachbereichen mit ihrer Technologieexpertise wichtige Unterstützung leisten. Damit die IT dieser veränderten Rolle gerecht werden kann, gilt es, deren Aufgabenfelder neu zu definieren. Im Rahmen des CIO-Modells wird dabei aufgezeigt, dass sich diese Verlagerung, insbesondere von Umsetzungs- und Betriebsthemen, hin zu Planungs- und Managementaktivitäten, wandeln wird.aj

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