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MEINUNG11. Februar 2020

Was tun, wenn’s brennt: Mit welchem zwei Argumenten die Kunden zu halten sind

Tobias Weidemann, IT Finanzmagazinprivat

Jedes Mal, wenn Banken an der Preisschraube drehen, bringen sie den Kunden ins Grübeln – und sorgen über kurz oder lang dafür, dass immer mehr Kunden bei Direktbanken und Neobanken landen. Ist das eine ausweglose Situation für die etablierten Geldhäuser? Ja und nein. Denn es gibt genau zwei Argumente, mit denen die Banken in den nächsten Jahren erfolgreich operieren können. Welche Kunden sich zurückgewinnen lassen und warum es noch nie so einfach war, ein überzeugendes Kundenerlebnis zu schaffen. 

Es war eigentlich nur eine kurze Notiz in einem Interview mit N26-Chef Valentin Stalf, das die Nachrichtenagentur Reuters in der vorletzten Woche veröffentlichte: 5 Millionen Konten zählt die Vorzeige-Digitalbank jetzt, gut 3 Millionen davon dürften in der DACH-Region sitzen. Und auch wenn nicht alle das Konto als erstes und einziges Girokonto nutzen

Auch wenn es durchaus gute Gründe gibt, die Kundenzahl etwas zu relativieren, ist das vor allem auch ein Alarmsignal. Natürlich hatte N26 insbesondere in der Anfangszeit unkompliziertes kostenloses Geldabheben versprochen, dieses Versprechen aber im Laufe der Zeit den praktischen Gegebenheiten und Kostenstrukturen anpassen müssen und natürlich haben daraufhin viele das Konto eben als Zweitkonto behalten.

Den Banken, die ihr Geschäftsmodell eben nicht from scratch entwickeln können, sondern die auf einen seit Jahrzehnten bestehenden Apparat mit Befindlichkeiten und Vorgaben aufbauen müssen, dürfte aber dennoch die Welt der Neobanken in den nächsten Jahren einen erklecklichen Teil des Geschäfts streitig machen.“

Tobias Weidemann, IT-Finanzmagazin

Man using mobile bank application with tablet and smart device at home. Login page to personal account. Online internet banking. Imaginary financial institution website or app.
TeroVesalainen / Bigstock

Dass Neobanken wie N26 und Revolut, aber auch Payment-Unternehmen, die nach und nach Kontomodelle entwickeln, wie Wirecard und Klarna, den etablierten Banken vor Ort das Geschäft streitig machen, hat vor allem auch mit den sich ändernden Kostenstrukturen zu tun: Jedes Mal, wenn Kunden in ihrem Briefkasten den Hinweis auf angepasste Kostenstrukturen vorfinden, ist das wieder ein Stück weit das Neumischen der Karten.

Und die Karten der genannten Neobanken sind insbesondere aus Sicht der Generation nicht schlecht, die nicht mehr mit dem freundlichen Sparkassenangestellten vor Ort sozialisiert wurde. Da können die etablierten Banken noch so sehr werben: mit Geldautomaten (Geld gibt’s im Lebensmittelladen auch), Beratung vor Ort (geht auch hervorragend mit einer kompetenten Direktbank via Videochat) und Bezugsperson in der Filiale (die wechselt alle paar Jahre und die bekommt der Kunde ohnehin immer seltener zu Gesicht).

Wenn die Technik ausfällt, ist das ein No-Go

Interessanterweise leisten sich gerade in den letzten Monaten die etablierten Banken zahlreiche technische Ausfälle. Von Commerzbank und Comdirect über Sparkasse und DKB bis hin zu Barclays, Postbank und Targobank – sie alle haben es den Kunden in den letzten Monaten nicht leicht gemacht, sich auf sie zu verlassen. Und so schwierig ja für manche Kunden in der Vergangenheit im Fall eines Phishing-Angriffs war, einen Berater aus Fleisch und Blut bei N26 ans Telefon zu bekommen, sowohl die N26 als auch Penta sind einsame Spitze in der Verfügbarkeit der Systeme.

Tobias Weidemann, IT Finanzmagazin
Tobias Weidemann ist Redakteur und Berater für Content, Kommunikation und digitale Ideen. Arbeitet für Redaktionen, Agenturen und Unternehmen zu Technik- und Wirtschaftsthemen. Interessiert sich für Trends in E-Commerce und Online-Marketing, digitaler Transformation und Industrie 4.0 sowie FinTech und Security. Ist als Netzjournalist in sozialen Netzen, auf Konferenzen und Barcamps unterwegs.

Man muss sich gar nicht ins Haifischbecken Twitter begeben, um zu bemerken, dass es bei der Kundenzufriedenheit oft „knirscht“. Viele Kunden sind einfach nicht mehr bereit, insbesondere den Ausfall von Systemen, der in den letzten Monaten bei den unterschiedlichsten Banken vorkam, länger zu tolerieren.

Die Alternative sind eben Neobanken oder Unternehmen wie Klarna oder Paypal, die gerade bei jüngeren, technikaffinen Kunden hoch im Kurs stehen. Und die mit jeder Preisanpassung mehr Zulauf bekommen. Das hat damit zu tun, dass insbesondere in Deutschland ein Großteil der Kunden die günstigen Konditionen wichtiger findet als den optimalen Service, auch wenn wirkliche Zufriedenheit anders aussieht. Noch wichtiger als weniger zu zahlen, findet der Deutsche bekanntermaßen aber eins: Sicherheit.

Besinnung auf die Kernkompetenz Vertrauen

Die Banken haben viel zu verlieren: Noch sind sie zumindest in Deutschland die oberste Vertrauensinstanz in Sachen Geldversorgung, Zahlungsmittel und Verwahrung der Reichtümer ihrer Kunden. Darauf können sie sich ein Stück weit ausruhen, das können sie als Werbebotschaft ins Rennen werfen und werden damit auch bei vielen Kunden erfolgreich sein. Dennoch sollten sich die Banken – und dabei kann man interessanterweise sehr viele Banken der unterschiedlichsten Herkunft ansprechen – auf eine hundertprozentige Erreichbarkeit und Konsistenz ihrer Systeme besinnen. Nie war es dank skalierbarer (und durchaus BaFin-konformer) Cloud-Technologien so einfach wie heute, ein jederzeit zuverlässiges System bereitzustellen, entsprechende Fallback-Lösungen (bitte korrekt) zu konfigurieren – und gleichzeitig kann ich mich nicht daran erinnern, dass es so viele größere und länger andauernde Ausfälle bei Banking-Systemen gegeben hätte wie in den letzten 12 Monaten. tw

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