KNOW-HOW: INSTANT PAYMENT4. August 2017

Instant Payments: Das sind die technischen Herausforderungen

Mark Munne, equensWorldlineequensWorldline

Klar ist: Instant Payments werden den Zahlungs­verkehr grundlegend verändern. In der Regel stehen heute allerdings Potenzial und Ein­satz­mög­lich­keiten im Mittelpunkt der Diskussionen – höchste Zeit, auch die technischen Her­aus­for­der­ungen näher zu betrachten: Vor allem Banken müssen ihre Prozesse umstellen, um Instant-Payment-fähig zu werden.

von Mark Munne, Instant Payments SME (Subject Matter Expert), equensWorldline

Niedrige Latenz ist Voraussetzung

Die Abwicklung von Instant Payments muss schnell gehen: Das „2017 SCT Inst scheme rulebook“ des European Payments Council (EPC) jedenfalls gibt aktuell eine Verarbeitungszeit von maximal zehn Sekunden vor. Staaten wie die Niederlande oder Belgien streben sogar bereits eine Reaktionszeit von fünf Sekunden an.

… Diese Zeitspanne muss allerdings noch unter den beteiligten Banken, dem Clearing-House und den Übertragungsnetzwerken aufgeteilt werden. Damit bleibt den beteiligten Parteien de facto eine Verarbeitungszeit von weniger als eine Sekunde.”

Also: Jeweils knapp eine Sekunde, um die Bezahlnachricht des Kunden zu validieren, den Kontostand zu kontrollieren oder das Konto zu belasten.

Hinzu kommen Prozesse wie die Überprüfung der Verfügbarkeit und Erreichbarkeit der Empfängerbank, Sicherheitsvorkehrungen gegen Betrug sowie das Versenden der Nachricht an das Clearing-House inklusive Rückmeldung. All das funktioniert im Millisekundenbereich nur unter einer Bedingung:

Die Verarbeitung muss über Nachrichten statt Dateien beziehungsweise Batches erfolgen. Außerdem ist es erforderlich, dass mehrere Prozesse parallel abgearbeitet werden.”

So lassen sich beispielsweise die Validierung der Nachricht und Überprüfung der Erreichbarkeit einer Bank gleichzeitig mit dem Betrugscheck durchführen. Dabei kommt es erfahrungsgemäß häufig bei der Datenbank-Performance zu Engpässen. Möglichkeiten zur Optimierung bieten hier etwa statische Tabellen, die im Arbeitsspeicher für einen schnellen Abruf vorgehalten werden.

Aber auch die Optimierung von Indizes oder gar ein Umzug auf eine andere Datenbanktechnologie wie MongoDB oder Cassandra bieten sich in diesem Zusammenhang mitunter an.”

Autor Mark Munne, Instant Payments SME (Subject Matter Expert)
Seit mehr als einem Jahrzehnt beschäftigt sich Mark Munne mit Zahlungsvorgängen. Als Instant Payments-Experte ist er bei equensWorldline verantwortlich für Clearing und Settlement sowohl bei der Batch-Verarbeitung als auch bei Instant Payments. Zudem vertritt er das Unternehmen in Europa in der EACHA Innovation Group und verschiedenen, von der EZB geleiteten Arbeitskreisen zu Instant Payments und TARGET2.

Verfügbarkeit rund um die Uhr

Doch nicht nur die Uhr tickt – Instant Payments müssen auch permanent verfügbar sein. Eine Voraussetzung, die die IT-Technik und den -Betrieb vor größte Herausforderungen stellt. Eine höchste Verfügbarkeit kann in der Praxis durch zwei Rechenzentren im Parallelbetrieb erreicht werden. Upgrades und Wartungsarbeiten lassen sich bei dieser Strategie ohne Ausfallzeit ausführen. Für eine noch stabilere Infrastruktur sorgen mehrere Netzwerkknoten pro Rechenzentrum. Außerdem sollten beide Rechenzentren in verschiedenen physischen „Gefahrenzonen“ laufen, sodass beispielsweise bei Ausfällen des Stromnetzes nur eine Location betroffen ist. Gleichzeitig aber müssen die Data Center nahe genug beieinander liegen, um eine geringe Latenz gewährleisten zu können.

Konnektivität

Hohe Verfügbarkeit und geringe Latenz sind auch für die Konnektivität eine wichtige Voraussetzung.

Banken müssen ihre Zahlungsprozesse mit einem Clearing und Settlement Mechanismus (CSM) vernetzen und dafür ein Netzwerk verwenden, das verfügbar und schnell ist.”

Hier gibt es mehrere Möglichkeiten. SWIFT wird ein vollgemanagtes Netzwerk, das die notwendige Latenz und Verfügbarkeit haben wird, anbieten. Alternativen dazu sind Lösungen von SIAnet und EBICS, einem selbst-verwalteten Netzwerk.

Banken können sich außerdem dafür entscheiden, ihr Netzwerk komplett unabhängig von externen Dienstleistern zu betreiben und es direkt mit dem CSM ihrer Wahl verbinden. Für diesen Zweck müssen sie eine physikalische Verbindung über eine Standleitung aufbauen. Auch hier ist die Verfügbarkeit der Schlüssel zum Erfolg.

Darum ist es ratsam, eine duale Standleitung von zwei unterschiedlichen Anbietern zu nutzen oder eine direkte MPLS-Verbindung als Backup einzusetzen.”

Skalierbarkeit

Ein Blick auf Großbritannien und Schweden zeigt zudem, dass die Skalierbarkeit eine wichtige Rolle für Instant-Payments-Systeme spielt. So fanden im Vereinigten Königreich ein halbes Jahr nach dem Launch von Instant Payments bereits rund 20 Millionen Transaktionen pro Monat statt. Sechs Jahre später waren die Übermittlungen auf 100 Millionen angestiegen. In Schweden indes wurde das Instant-Payments-Verfahren innerhalb der ersten drei Jahre von fünf Millionen Nutzern verwendet. Mit einem Load Balancer oder einem Dispatcher-Model kann eine horizontale Skalierbarkeit erreicht werden. Das ist wichtig, um die Gesamtbetriebskosten unter Kontrolle zu haben. Denn diese steigen bei einer vertikalen Skalierung exponentiell an, während sie bei horizontaler Skalierung linear in die Höhe gehen.

Fazit

Die Umstellung von einer Batch-Verarbeitung zum Instant-Payment-Verfahren geht für alle Beteiligten mit einer großen Herausforderung einher.

… Allerdings wurden die dafür notwendigen technischen Lösungen längst in anderen Bereichen erprobt. Kartenbasierte Zahlungen zum Beispiel basieren seit Jahrzehnten auf einer 24/7-Verfügbarkeit.”

Wie die Finanzbranche neue Herausforderungen wie etwa Skalierbarkeit meistert, kann sie sich in anderen Branchen abschauen. So sind etwa die Systeme von E-Commerce-Unternehmen wie Amazon perfekt darauf ausgelegt, auch einer steigenden Nachfrage standzuhalten. Orientieren sich Banken daran, sollte Instant Payment kein Problem mehr darstellen – denn das erwartet der Kunde in Zukunft.Mark Munne

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