Anzeige
STRATEGIE15. Oktober 2021

Blockchain-Oracles: Ökosystem rund um Smart Contracts – Bedeutung, Umsetzung und Status Quo

Experte für Smart Contracts und Blockchain-Oracles: Cam-Duc Au
Cam-Duc Au, MBA, FMVAFOM Hochschule

Mit der Entdeckung und Einführung der Blockchain-Technologie ergeben sich neue Geschäftsmodell­potenziale, die häufig im Zusammen­hang mit sog. „Smart Contracts“ stehen. Übersetzt steht der Begriff für intelligente Verträge, die ohne jegliche menschliche Intervention ausgeführt werden können. Lediglich für die Programmierung bzw. das „Aufsetzen“ dieser smarten Verträge werden noch Menschen benötigt (vgl. Fraunhofer-Institut, 2017, S. 8). Was ein Blockchain-Oracle ist, erklären

Cam-Duc Au und Prof. Dr. Dirk Stein, FOM Hochschule für Oekonomie & Management

Ein Smart Contract zeichnet sich dadurch aus, dass er in der Lage ist, eigenständig und automatisiert abzulaufen. Dies impliziert, dass keine dritte Partei mehr benötigt wird, um beispielsweise eine Transaktion zwischen zwei Personen zu überwachen oder gar die Durchführung eines Geschäfts sicherzustellen. Denn blockchainbasierte Verträge können so programmiert werden, dass die vereinbarte Transaktion stattfindet, sobald eine oder mehrere (vereinbarte) Vertragsbedingungen erfüllt sind. Liegt die Erfüllung der Bedingung(en) vor, so wird eine Zahlung an den Emp­fän­ger oder die Empfängerin ausgelöst und der Vertrag löst sich von selbst auf.

Experte für Smart Contracts und Blockchain-Oracles: Prof. Dr. Dirk Stein
Prof. Dr. Dirk Stein MBAFOM Hochschule

Es folgt einer gewissen Wenn-Dann-Logik (Vgl. Ethereum.org, 2021). Wenn beispielsweise eine Mietzahlung an einen Vermieter erfolgt ist, so erhält die Zahlerin dann den Zugang zu der Mietwohnung. Ein anderes Beispiel steht in Zusammenhang mit Notaren. Wenn die Kaufpreiszahlung für eine Immobilie erfolgt ist, dann erfolgt der Eigentumsübergang. Insbesondere letzteres Beispiel zeigt, dass die Blockchain-Technologie in der Lage ist, die Rolle von Drittparteien respektive Finanzintermediären erheblich zu verändern.

Der Einsatz von Smart Contracts schafft bedingungsloses Vertrauen, welches Verbraucher oder Kunden vorher teuer durch dritte Personen oder Parteien erkaufen mussten.”

Da es sich bei der Blockchain um ein dezentrales Netzwerk handelt, welches die Ausführung der Smart Contracts gemeinschaftlich kontrolliert, gilt diese Form von Geschäften nach heutigem Kenntnisstand als sehr sicher und somit vertrauenswürdig (Vgl. Cointelegraph, 2021). Dafür sorgt ein gemeinsamer Konsens-Mechanismus, der je nach Vorliegen einer Blockchain unterschiedlich ausfallen kann. Der bekannteste Konsens-Mechanismus „Proof-of-Work“ wird bei der Bitcoin-Blockchain angewendet. Vereinfacht gesagt, existieren in einem Blockchain-Netzwerk sog. Knoten (Nodes), welche jeder für sich jeden einzelnen Smart Contract kontrolliert und validiert. Beispielhafte Blockchain-Netzwerke, die automatisierte Geschäfte ermöglichen, sind Ethereum und seit September diesen Jahres auch Cardano, was auf das langersehnte Alonzo-Update zurückzuführen ist. Das Update repräsentiert den finalen Schritt des Goguen-Rollouts, was der Cardano-Blockchain die Smart-Contract-Fähigkeit ermöglicht. Die Goguen-Phase stellt die dritte von insgesamt fünf geplanten Entwicklungsstufen des Proof-of-Stake Blockchain-Netzwerkes. (Vgl. BTC-Echo, 2021; Roadmap.Cardano, 2021).

Nach dem Hard Fork Alonzo und der Einbindung der Plutus-Funktion wird es spannend um die weitere Entwicklung der Cardano-Community. Zweifelsohne ist dies der langersehnte richtige Schritt in die Zukunft, allerdings ist es noch ein steiniger Weg, um auf die Ethereum-Erfolge aufzuschließen.“

Kommentar: Cam-Duc Au

Funktionsweise Smart Contracts und Blockchain-Oracles von Bitcoin-2Go.de
Funktionsweise Smart ContractsBitcoin-2Go.de

Abbildung 1 zeigt die wesentlichen Unterschiede zwischen klassischen und blockchain-basierten Verträgen auf. Bei den üblichen Verträgen wird ersichtlich, dass die Vertragsüberprüfung stets durch Mitarbeiter erfolgen müssen. Diese entscheiden letzten Endes darüber, ob ein Vertrag zustande kommt oder nicht. Es besteht somit eine Abhängigkeit zu einer dritten Partei.

Demgegenüber stehen die intelligenten Verträge, die sich selbst automatisch überprüfen und zu einer Entscheidung kommen können. Es bedarf somit keiner zusätzlichen menschlichen Instanz, um eine Prüfung vorzunehmen. Daraus lassen sich vielfältige Vorteile ableiten (z.B. kostengünstigere Verträge, höheres Vertrauen, effizientere Geschäfte, schnellere Prozesse bzw. Abwicklung, geringe bis keine Fehler-anfälligkeit).

Was ist ein Oracle?

Ein Blockchain-Oracle ist ein Gerät oder eine Entität, die eine deterministische Blockchain mit Daten außerhalb der technischen „Blockchain-Welt“ verbindet. Eine Blockchain ist deterministisch, wenn die Smart Contracts so konzipiert sind, dass bei jeder Überprüfung durch einen Knoten stets dasselbe Ergebnis erscheint (Vgl. Chainlink, 2021). Folgendes Beispiel verdeutlicht den Determinismus: Wenn ein Smart Contract die Zahlung zwischen zwei Personen zu einem bestimmten Zeitpunkt vorsieht, dann wird dieser Vertrag durch alle vorliegenden Knoten im Netzwerk kontrolliert. Dabei muss zwingend jeder Knoten, der dieses Geschäft validiert, zu demselben Ergebnis kommen. Dieses Ergebnis kann die Zahlung von Person A an Person B in Höhe von 500 EUR sein. Würde ein Knoten zu einem anderen Ergebnis kommen – beispielsweise 450 EUR – dann kann das Netzwerk nicht mehr als deterministisch angesehen werden und verliert damit seine Daseinsberechtigung als zuverlässiges sowie vertrauenswürdiges Netzwerk. Daten für solche Geschäfte oder Verträge können nun entweder bereits im Blockchain-Netzwerk existieren (auch On-Chain-Daten genannt) oder müssen aus der „realen Welt importiert“ werden (auch Off-Chain-Daten) genannt. Beispielhafte Off-Chain-Daten sind aktuelle Kurse von Währungen, Geldanlagen oder Rohstoffen (Vgl. Crypto Valley Journal, 2021). Die hier angesprochenen Blockchain-Oracles fungieren als eine Art Verbindungsstück oder Brücke zwischen der technischen und der realen Welt. Sie „importieren“ die Daten aus der realen Welt in die Blockchain-Welt, damit diese für die Programmierung von automatisierten Verträgen verwendet werden können. Wie bei anderen technologisch wichtigen Anwendungsfeldern (z.B. Künstliche Intelligenz, Big Data), spielen die Datenqualität und -menge eine entscheidende Rolle für den Erfolg der Smart Contracts (Vgl. Coindesk, 2020).

Wie bei jeder wichtigen Innovation in der heutigen Zeit kommt es u.a. auf die Datenverfügbarkeit sowie -qualität an. Schlechte oder gar fehlerhafte Daten können die Wahrnehmung und Akzeptanz von Smart Contracts entscheidend gefährden, insbesondere wenn Transaktionen unabänderlich im Code fixiert sind. Auch die Datenschnittstellen müssen sorgfältig geprüft werden, da diese potentiell manipuliert werden könnten.“

Kommentar Prof. Dr. Dirk Stein

Dezentralisierte Daten-Oracles für Finanzgeschäfte

Autor Cam-Duc Au, MBA, FMVA
Cam-Duc Au, MBA, FMVA: Promoviert aktuell an der Masaryk Universität in Brünn im Bereich Digital Advisory & Assets und ist als Projektmanager im Bereich Digital Strategy & Business Models bei einer deutschen Großbank tätig. Nebenbei arbeitet er als freiberuflicher Dozent an der FOM Hochschule für Oekonomie & Management (Webseite) in Frankfurt am Main, Essen & Düsseldorf sowie als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am isf Institute for Strategic Finance.

Es wurde bereits angeführt, dass Daten essenziell für den Erfolg automatisierter Geschäfte sind. Ebenfalls wurde auch betont, dass die Stärke von Blockchain-Netzwerken in ihrer Dezentralität liegen. Durch die Nutzung eines bestimmten Konsens-Mechanismus, bedarf es keiner zentralen Autorität respektive Entität mehr, die über das Netzwerk wacht und Transaktionen kontrolliert. Verknüpft man nun diese angeführten Sachverhalte, dann kommt es zu der berechtigten Frage, ob ein einzelner Daten-Oracle als Daten-Lieferant in die Blockchain-Welt den dezentralen Ansprüchen gerecht werden kann. Dies ist offenkundig nicht der Fall, da es dem Grundgedanken der Dezentralität und Abschaffung von zentralen Instanzen widersprechen würde. Folglich ist die Entstehung eines breiten Marktangebots an verschiedenen Anbietern von Daten-Oracles zu begrüßen.

Für die jeweiligen Daten-Oracles gelten drei wichtige Grundsätze. Erstens muss die Richtigkeit der bereitgestellten Daten sichergestellt werden (Datenintegrität). Zweitens muss die Verfügbarkeit der Daten stets gegeben sein, damit Transaktionen und Verträge jederzeit reibungslos ablaufen können (Datenverfügbarkeit). Der dritte und letzte Grundsatz befasst sich mit dem diskreten Umgang der Daten und Vertragsinhalte (Datenvertraulichkeit). Die vollständige Erfüllung aller genannten Grundsätze ist wichtig, um die intelligenten Verträge zwischen unbekannten Parteien zu ermöglichen (BTC-Echo, 2021).

Autor Prof. Dr. Dirk Stein MBA
Prof. Dr. Dirk Stein MBA: Professor an der FOM Hochschule für Oekonomie & Management und  Forschungsgruppenleiter am Institute for Strategic Finance für digitale Transformation und digital Entrepreneurship. Die beruflichen Stationen von Dirk Stein waren unter anderem verschiedene Forschungsinstitute an der RWTH Aachen, General Electric und KPMG. Seine Schwerpunkthemen sind nachhaltige Betriebs- und Geschäftsmodelle für die Digitalwirtschaft. Stein veröffentlicht gemeinsam mit Prof. Dr. Tobias Kollmann jährlich den Dax Digital Monitor (Webseite).

Die Dienstleistungen der Oracles zeigen eine gewisse Tendenz zur Zentralisierung, was konträr zum dezentralen Blockchain-Gedanken steht. Aus diesem Grunde existieren sog. dezentrale Daten-Oracles.”

Ein dezentrales Oracle-Netzwerk ist eine Gruppe unabhängiger Blockchain-Oracles, die Daten für eine Blockchain bereitstellen. Jeder unabhängige Knoten oder jedes Oracle im dezentralen Datennetzwerk ruft unabhängig Daten von einer Quelle außerhalb der Blockchain ab und „importiert“ sie in die technische Welt. Die Daten werden dann aggregiert, damit das System zu einem deterministischen Wahrheitswert für diesen Datenpunkt gelangen kann. Dies ist von großer Bedeutung, da der Determinismus innerhalb eines Netzwerks entscheidend für das korrekte Ausführen von Smart Contracts ist (Vgl. Coinmarketcap, 2021).

Die Blockchain-Plattform Chainlink arbeitet an dem Aufbau eines dezentralen Handelsplatzes für Oracle-Services. Dabei setzen die Entwickler auf die zweitgrößte Blockchain-Plattform Ethereum. Chainlink stellt einen bewussten Ansatz dar, um das Angebot von Oracle-Services per Blockchain zu sortieren und somit Vertrauen in die Datendienstleistung zu schaffen. Das dezentralisierte Blockchain-Projekt erreicht dies, indem die Oracle-Dienstleister auf Basis der drei genannten Datengrundsätze bewertet werden. Ferner unterstützt Chainlink dabei die richtigen Daten-Oracles für die entsprechenden Smart Contracts zusammenzubringen (Vgl. Cryptolist, 2021).

Status Quo und Ausblick

Zweifelsohne befindet sich das Ökosystem, welches stellvertretend für die Kooperation von verschiedenen Unternehmen innerhalb des Blockchain-Universums rund um das Thema Smart Contracts sowie Daten-Oracles steht, noch in den Startlöchern. Das genannte Blockchain-Netzwerk Chainlink befindet sich nach wie vor im Aufbau und muss seine Pläne, welche in dem sog. Whitepaper „Chainlink 2.0 – Next Steps in the Evolution of Decentralized Oracle Networks“ niedergeschrieben sind, unter Beweis stellen (Vgl. Chainlink, 2021). Allerdings sind die ersten wichtigen Schritte und Meilensteine dafür bereits erreicht. Nicht nur Privatkunden sondern vor allem auch Unternehmen (allem voran Geschäftsbanken) verfolgen die Entwicklungen dieser Blockchain-Anwendung mit Argusaugen.

Denn Experten gehen davon aus, dass Smart Contracts und die Integration umfangreicher Daten in die Blockchain das Geschäftsleben in der Zukunft signifikant verändern wird.”

Daraus können sich Vorteile für Endkunden ergeben, die beispielsweise in geringeren Transaktionskosten sowie schnelleren Geschäftsabwicklungen und neuen blockchainbasierten Geschäftsmodellen münden. Aus Sicht von Unternehmen oder Banken, liegen beispielsweise enorme Potentiale in der Effizienzsteigerung interner Prozesse. Das Szenario, in dem Banken oder andere Finanzintermediäre durch Smart Contracts gänzlich oder teilweise verdrängt werden, scheint aus heutiger Sicht und gegeben der aktuellen Marktentwicklungen noch in weiter Ferne zu sein.Cam-Duc Au und Prof. Dr. Dirk Stein, FOM Hochschule für Oekonomie & Management

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert