Anzeige
STRATEGIE15. Juli 2019

Google: Vom Angstgegner zum Payment-Partner?

Florence Diss, Head of Commerce Partnerships EMEA Google
Florence Diss, Head of Commerce Partnerships EMEA Googleadnphotography

Was haben die Commerzbank, N26, die BW-Bank und die DKB gemeinsam? Sie gehören alle vier zu den insgesamt 13 deutschen Pionieren, die ihren Kunden den Bezahldienst Google Pay anbieten.  So ist aus dem einstigen Angstgegner Google für deutsche Geldinstitute ein Payment-Partner geworden. Für Googles Plattformstrategie ist das Bezahlen allerdings nur die Basis. Unsere Autorin Anja Kühner hat zusammen mit Florence Diss, Head of Commerce Partnerships EMEA bei Google (LinkedIn) und Torsten Daenert (Managing Director Produktmanagement Zahlungsverkehr & Einlagen Commerzbank) die  neue Strategie von Google beleuchtet.

In den nächsten Wochen und Monaten werden etliche Partnerbanken hinzukommen. Es freut uns, dass Sie möglichst schnell mit uns loslegen wollen.“

Banken hätten inzwischen das Ziel von Google verstanden:

Google will keine Bank sein, …”

… sondern den Payment-Bereich vorantreiben mit dem Ziel des schnelleren, sichereren und einfacheren Bezahlens – und das sowohl online als auch offline“, beschreibt die Google-Head of Commerce Partnerships Diss. „Google Pay ist komplett von unseren Partnern getrieben.“

Mit insgesamt mehr als 2000 Banken weltweit hat Google bereits Payment-Partnerschaften abgeschlossen. Beim Online-Payment können Kunden in mehr als 60 Ländern weltweit mit Google Pay bezahlen – offline im Laden bieten alleine 19 Länder in der EU die Payment-Lösungen an. „Banken aus der Europäischen Union haben besonders viele Fragen, wenn es um das Thema Datenschutz geht“, weiß die Französin Diss.

Die Transaktionsdaten werden in der Cloud abgelegt, deren Rechenzentren auch in Europa sind. Zur Sicherheit wird alles tokenisiert. „Die Kartennummer wird niemals mit dem Händler geteilt“, beschreibt Diss. Google kreiere eine virtuelle Kreditkartennummer für jede Transaktion. „Das macht die Payment-Daten sicher.“

Commerzbank: Payment-“Daten werden von Google überhaupt nicht genutzt”

Google erhalte nur wenige Daten pro Transaktion. „Wir nutzen die Daten zum Beispiel zur Betrugserkennung. Daten werden nicht für Werbezwecke benutzt, so Diss.

Torsten Daenert, Managing Director Produktmanagement Zahlungsverkehr & Einlagen der CommerzbankLinkedIn

Die Wahrnehmung von Google als Datenkrake bestätigte auch Torsten Daenert, Managing Director Produktmanagement Zahlungsverkehr & Einlagen der Commerzbank, anlässlich der 49. Bankenfachtagung von Diebold Nixdorf im November 2018 in Rottach-Egern. „Doch die Daten werden von Google überhaupt nicht genutzt.“

Google Pay gibt es erst seit dem letzten Jahr in Deutschland. Dafür sind die deutschen Banken mit der Integration im internationalen Vergleich sehr fortgeschritten“,

Mithilfe einer Programmierschnittstelle kann eine Bank Google Pay in ihre eigene App einbauen.

Viele Banken haben ihre eigenen mobilen Payment-Lösungen entwickelt und mussten feststellen, dass der Aufwand und die Investition oft viel größer als gedacht waren.“

Eigenentwicklungen seien nicht zuletzt durch Fragestellungen wie die Device-Attestierung für mehrere tausend Android-Geräte und das Testing mit den verschiedensten Android-Versionen enorm aufwändig. „Erste Banken wie zum Beispiel Partner in Australien und in Polen haben sich dafür entschieden, komplett zur Google-Pay-App zu wechseln.

Den Aufwand bestätigt auch Commerzbanker Daenert: „Es ist nicht eine App, sondern genau genommen vier: Wir haben Mastercard und Visa jeweils auf Android und Apple iOS – diese Komplexität darf man nicht unterschätzen.“ Die Einbindung einer Girocard sei ungleich komplexer als bei einer Kreditkarte.

Bei einer Girocard können zum Beispiel zwei Leute das gleiche Konto nutzen. Damit ist der Nutzer nicht eindeutig identifizierbar.“ In Deutschland sei die Girocard aber nötig, um beim mobile Payment die relevante Marktmacht zu erhalten.”

Daenerts Erfahrung: „Die Google-Pay-App in Comdirect hat eine niedrigere Conversion Rate als das in der Commerzbank-eigenen App hinterlegte Google Payment. Die Kunden vertrauen unserer App offensichtlich mehr.“

Google sieht Banken-Kooperation als ersten Schritt zur Plattform-Strategie

Der Payment-Bereich in Kooperation mit Banken ist dabei nur der erste Schritt der Plattform-Strategie:

Wir werden noch vieles sehen. Wir stehen beispielsweise in Verhandlungen mit Verkehrsverbünden – auch in Deutschland“.

Erklärtes Ziel ist es, dass Google Pay den sogenannten „toothbrush test“ – also den „Zahnbürsten-Test“ besteht: Zweimal am Tag sollen Nutzer es anwenden, auch beim Ticketkauf. Diss hofft:

Vielleicht trägt Google Pay im Nebeneffekt sogar dazu bei, dass die Schwarzfahrerquote abnimmt.“

Autorin Anja Kühner
Anja Kühner ist freie Journalistin in Düs­sel­dorf. Sie schreibt schwerpunktmäßig über die Finanzbranche. KI und Cybercrime sind ihr Steckenpferd. Für einen Artikel über Banking-Vergleichsplattfomen wurde sie als Fach­jour­na­listin des Jahres 2014 ausgezeichnet.
Laut Google-Managerin Diss ist bei den derzeitigen Bezahlvorgängen jeder Mensch ein Lebensjahr mit ihnen beschäftigt. „Im Durchschnitt veranlasst jeder Deutsche pro Jahr rund 800 Bezahlvorgänge“, hatte auch Torsten Daenert, Managing Director Produktmanagement Zahlungsverkehr & Einlagen der Commerzbank, anlässlich der 49. Bankenfachtagung von Diebold Nixdorf im November 2018 in Rottach-Egern berichtet. „Payment ist das wichtigste und gleichzeitig ‘low involvement’ Produkt der Banken.”

Commerzbanker Daenert bestätigt, dass mobile Payment die Bargeldzahlungen ersetzt: „Wir sehen mehr Transaktionen mit geringeren Beträgen und weniger Bezahlvorgänge mit Bargeld.“ Doch ein Selbstläufer ist mobile Payment auch mit Google Pay nicht: „Wir sind noch weit davon entfernt, dass Kunden hinter dem mobile Payment hinterherlaufen. Deshalb müssen wir weiter laufend investieren, von technologischer Weiterentwicklung bis ganz viel Marketing.“ Nach Commerzbank-Erfahrungen seien rund zehn Prozent der Bezahlvorgänge im mobile Payment kontaktlos. „Von breiter NFC-Akzeptanz sind wir weit entfernt“, sagt Daenert. Nicht zuletzt sei die NFC-Durchdringung in Deutschland noch lange nicht flächendeckend.Anja Kühner

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert