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STRATEGIE7. September 2017

Mehr Mut: Warum gerade Banken PSD2 lieben sollten!

Valentino Pola, Manager CofinproCofinpro

Die PSD2 ist unvermeidbar – sie verpflichtet, die Schnittstellen zum Kunden zu öffnen. Damit können auch Non-Banks künftig auf Kontodaten zugreifen. Das bedroht bis zu 40 Prozent des Gewinns der Institute, haben Experten errechnet. Doch fragt man Consultants – erhält man die Antwort: Die Banken sollten die Chancen der PSD2 sehen. Ja, welche denn? Wir haben bei Cofinpro nachgefragt und tatsächlich sechs gute Gründe erhalten, warum die Institute PSD2 lieben sollten!

von Valentino Pola & Daniel Spitschan, Cofinpro

1. Weil PSD2 zum richtigen Zeitpunkt kommt

Die Banken haben die erste Phase der Digitalisierung gerade abgeschlossen. Ihr Fokus lag dabei meist darauf, neue Angebote wie beispielsweise Robo Advisor zu entwickeln und in Laborumgebungen zu testen.

Daniel Spitschan, Senior Consultant CofinproCofinpro

Diese erste Digitalisierungsstufe war also vor allem auf Lernen ausgerichtet.

Jetzt kann die zweite Phase starten. PSD2 bietet her­vor­ra­gen­de Möglichkeiten, auf regulatorischer Grundlage mit den neu entwickelten Produkten an den Markt zu gehen.”

Zumal die Richtlinie viele Chancen zum Cross Selling bietet. Über Kooperationen etwa mit Marktplatzbetreibern im Zahlungsverkehr ergeben sich Anknüpfungspunkte, dem Kunden auch Geldanlage- und Kreditprodukte anzubieten. Ein Beispiel: Kunden, die online viel auf einem bestimmten Marktplatz einkaufen, kann angeboten werden, zusammen mit der Zahlung komplett integriert gleich auch noch Geld über einen Robo Advisor anzulegen. Damit erhöht sich die Bekanntheit dieser Dienstleistungen und mit steigenden Nutzerzahlen erzielen die Banken auch positive Deckungsbeiträge für diese neuen Online-Produkte.

2. Weil die Banken die Pole Position einnehmen

Die Banken haben optimale Startbedingungen, von denen FinTechs bislang nur träumen können: Sie verfügen bereits über Millionen von Kunden. Die Pole Position bei PSD2 nehmen sie aber nicht nur in Bezug auf den Kundenstamm ein, sondern auch in technologischer Hinsicht.

Interoperabilität und Konnektivität zwischen Instituten sind kein neues Thema, sondern seit Jahrzehnten geübt.”

Auch im B2C-Bereich konnten die Banken mit offenen Standards wie HBCI bereits seit vielen Jahren Erfahrungen sammeln und wissen mit der Komplexität solcher Projekte umzugehen. Zudem beschäftigen sie eine Vielzahl mehr IT-Entwickler und -experten als FinTechs, verfügen also über mehr personelle Kapazitäten. 3. Weil die Banken in den Lebensmittelpunkt ihrer Kunden vorrücken können

Endlich können die Banken eine neue Rolle einnehmen und in den Lebensmittelpunkt ihrer Kunden vorrücken. Mit neuen Angeboten, die diese zu treuen Fans werden lassen.”

Aus dem spröden Finanzdienstleister wird ein Berater für alle Lebenslagen. Indem die Bank einen Lesezugriff auf alle Zahlungsdaten des Kunden erhält, kann sie beispielsweise laufende Kosten für Versicherungen, Energielieferanten, Mobilfunk- oder Fitnessstudios analysieren und Sparpotenziale aufzeigen. Sie kann Vertragsübersichten zur Verfügung stellen und einen automatischen Wechselservice zu günstigeren Dienstleistern anbieten. Sie kann helfen, Steuern zu sparen. Die Kreativität der Banker ist gefragter denn je, um mögliche neue Dienstleistungen auf dieser Basis zu entwickeln.

Mit der Bank an ihrer Seite wird das Leben für die Kunden künftig leichter und sie sparen Geld. Das ist natürlich nur der Fall, wenn die Kunden einen echten Nutzen darin sehen und der Bank den Zugriff auf all diese Daten ermöglichen. Und das werden sie!”

Autoren: Daniel Spitschan und Valentino Pola, Cofinpro

Daniel Spitschan (recht im Bild) ist Senior Consultant bei Cofinpro. Er leitet das Team für Wertpapierthemen bei dem auf Finanzdienstleister spezialisierten Consultingunternehmen. Als Berater verfügt er über langjährige Erfahrungen bei Banken und Kapitalverwaltungsgesellschaften mit Fokus auf dem Wertpapier- und Investmentprozess.

Valentino Pola (links im Bild) ist Manager bei Cofinpro. Seit mehr als 10 Jahren berät er Banken und Fondsgesellschaften mit dem Schwerpunkt Technologie und Architekturberatung. Aktuell begleitet er diverse Digitalisierungsvorhaben auf der architektonischen und methodischen Seite mit besonderem Fokus auf Build-Measure-Learn zur Unterstützung des Aufbaus kundenzentrierter Angebote.

4. Weil die Banken ihre Kunden nun noch besser kennenlernen können

Die Erlaubnis zur Nutzung der Kundendaten ist die zentrale Voraussetzung für die Banken. Doch das Sammeln von Informationen allein reicht nicht aus. Erst mit Hilfe der jüngsten technologischen Errungenschaften werden die Datenschätze gehoben. Die Stichworte hier sind Machine Learning, Smart Data und Predictive Analytics. Sie ermöglichen es, den Kunden bedarfsgerecht zu bedienen und das Produktangebot passgenau zu erweitern. Aber auch für das Backoffice liefern die Daten den Banken wertvolle Erkenntnisse, um Risikomodelle für bestimmte Kunden aufzusetzen, die Effizienz zu steigern oder komplett neue Produkte im B2B-Markt zu entwickeln.

5. Weil die Banken Geld verdienen können, obwohl andere für sie die Arbeit erledigen

PSD2 bietet auch Non-Banks grundsätzlich die Möglichkeit, auf Kundendaten zurückzugreifen. Sinnvoll einsetzen lassen sich diese jedoch vor allem in Kooperation mit Banken. Dann können beispielsweise Handelsplattformen ihren Kunden künftig beim Kauf eines Produkts neben der Zahlung über Paypal oder Kreditkarte gleich einen passenden Online-Ratenkredit einer Bank mit anbieten.

Der Kunde bekommt dabei auf Basis der freigegebenen Zahlungs­ströme voll­auto­ma­ti­siert innerhalb von zwei Klicks eine Risikoeinschätzung und seinen individuell risikoadjustierten Zinssatz, mit dem dritten Klick schließt er Produktkauf und Kredit ab.”

Die Arbeit erledigt die Handelsplattform, die der Bank neue Kunden erschließt. Eine Strategie, die sich insbesondere für Institute mit Fokus auf das B2B-Geschäft anbietet, wie beispielsweise Wirebank oder Solarisbank. Denn die eigene Marke tritt dabei sehr in den Hintergrund. Dies gilt vor allem dann, wenn die Handelsplattform später selbst als Bank auftreten möchte, um die Ratenkredite unter eigener Regie anzubieten. Der Partner auf Bankseite würde dann immerhin noch die Abwicklung im Hintergrund machen, allerdings reduziert werden auf ein „powered by“.

6. Weil die Banken ihre Marke noch stärker in den Vordergrund rücken können

Für Banken mit bekannter Marke und Fokus auf das B2C-Geschäft bietet PSD2 einen anderen Weg: die eigene Plattform, also derjenige sein, der andere Dienstleister integriert. Beispielsweise FinTechs, deren kreative und kundenfreundliche Leistungen den Plattform-Nutzern einen Mehrwert bieten. Bei geeigneter Preisgestaltung gilt: Je mehr Geschäfte über die eigene Plattform laufen, desto besser.

Institute, die sich für eine solche Strategie entscheiden, sollten zu den First Movern gehören. Abwarten und beobachten ist hier genau der falsche Weg. Denn wenn sich andere erst mit ihren eigenen Plattformen etabliert haben, ist es fast unmöglich nachzuziehen.”

Das PSD2-Fazit

Die Kunden sind nicht naiv, sie wissen längst, welchen Wert ihre Daten haben. Und wenn sie Banken und Non-Banks künftig Zugriff darauf geben, wollen sie auch mit besonderen Services belohnt werden, die ihnen einen echten Mehrwert bringen. Für die Institute gilt es deshalb, alle neuen Angebote konsequent aus der Kundenbrille heraus zu entwickeln.

PSD2 ist also nicht nur als regulatorische Pflichtaufgabe zu betrachten, sondern als Motor für Innovationen. Wenn die Banken diese Chancen sehen, sie beherzt ergreifen, dabei über die Grenzen des originären Geschäftsmodells hinaus denken und bereit sind für Kooperationen, dann gehört ihnen die Zukunft.”aj

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