STUDIEN & UMFRAGEN16. August 2021

Bain Corporate-Banking-Index: Firmenkundengeschäft weiter mit Verlust

Die Corona-Pandemie setzt dem Firmenkundengeschäft deutscher Banken stärker zu als die Finanzkrise 2009. Durch die anhaltend hohe Kreditrisikovorsorge liegt die Eigenkapitalrendite im Firmenkundengeschäft das zweite Halbjahr in Folge im Minus. Bisher erreichte Fortschritte bei Kreditmargen reichen da nicht aus. Ein starkes Provisionsgeschäft und hohe Kreditvergabe stabilisieren jedoch die Erträge. Das zeigt der aktuelle Corporate-Banking-Index der Unternehmensberatung Bain

Die Corona-Pandemie hinterlässt im Firmenkundengeschäft der deutschen Banken tiefere Spuren als die globale Finanzkrise 2008/2009. Während die Kreditinstitute seinerzeit im Corporate-Banking nur ein Halbjahr lang rote Zahlen schrieben, stecken sie nun mit diesem Geschäftszweig in der Minuszone fest. Darüber hinaus sind die Verluste in diesem Segment höher als vor gut zehn Jahren. Das zeigt die Auswertung des Corporate-Banking-Index im zweiten Halbjahr 2020.

Corporate-Banking-Index von Bain
Bain

Die roten Zahlen bei stabilen Erträgen resultieren in erster Linie aus der anhaltend hohen Kreditrisikovorsorge. Die Banken wappnen sich damit für eventuelle Zahlungsausfälle nach der Wiederaufnahme der Insolvenzantragspflicht am 1. Mai 2021. Dabei ist die Situation der Institute je nach Marktposition, bisheriger Risikostrategie und Branchenmix sehr unterschiedlich. Insbesondere Darlehen im Automobilsektor und im Touristiksegment gelten eher als risikobehaftet. Auch daher setzen viele Banken nun stärker auf Branchen, die von der Pandemie bislang weniger betroffen sind. Dazu zählen Konsumgüter, erneuerbare Energien und Pharma.

Kein Wachstum um jeden Preis

Auf das gesamte Kreditvolumen hat diese Reallokation noch keinen Einfluss. Im zweiten Halbjahr 2020 blieb es auf dem Rekordniveau von knapp 1,3 Billionen Euro. Allerdings nahm es erstmals seit 2015 nicht mehr zu. Die Kreditmargen befinden sich ungeachtet eines massiven Wettbewerbs mittlerweile wieder auf dem Niveau von 2014. Vor allem ausländischen Banken bauen  ihren Marktanteil systematisch aus.

Bain

Die Phase des Wachstums um jeden Preis ist im Firmenkundengeschäft zumindest vorerst vorbei. Die Banken gehen selektiver vor und achten auf einen attraktiven Kundenmix sowie hinreichende Margen. Gerade die großen Auslandsbanken haben sich zum Teil einen erheblichen Innovations- und Kostenvorsprung erarbeitet und nutzen diesen nun verstärkt im internationalen Geschäft.”

Dr. Christian Graf, Bain-Partner

Eigenkapitalrentabilität weiterhin negativ

Die Vorstöße ausländischer Wettbewerber treffen die deutschen Banken zu einem ungünstigen Zeitpunkt., denn ihre Kosten- und Effizienzprogramme haben ihre volle Wirkung noch nicht entfaltet. Zwar konnten viele Institute mittlerweile den jahrelangen Anstieg ihres Verwaltungsaufwands im Firmenkundengeschäft stoppen. Doch ihre Cost-Income-Ratio bewegt sich unverändert nahe den Höchstständen. Ihre Eigenkapitalrendite im Firmenkundengeschäft liegt mit rund minus 1 Prozent nun das zweite Halbjahr in Folge im negativen Bereich. Da die hohen Risikokosten und die ausgeprägte Unsicherheit am Markt eine rasche Erholung verhindern, ist entschlossenes Handeln das Gebot der Stunde.

Die Banken müssen ihre Kosten weiter senken und ihre Kapitaleffizienz steigern. Und es gilt, sich noch konsequenter auf margenträchtige Kundschaft und Produkte zu konzentrieren.”

Stefanie Jacobsen, Associate Partner bei Bain

Provisionsüberschüsse gestiegen

Im Provisionsgeschäft waren die deutschen Banken zuletzt durchaus erfolgreich. Der Anteil der Provisionsüberschüsse an en Erträgen beträgt mittlerweile 31 Prozent und ist damit bis zu 10 Prozentpunkte höher als vor zehn Jahren. Im internationalen Vergleich ist dies allerdings nach wie vor ein niedriger Wert. Um die Abhängigkeit vom Kreditgeschäft zu verringern, haben viele Institute in jüngster Zeit unter anderem das Transaction-Banking sowie ihre Advisory Services ausgebaut. Dabei zeigt sich, dass auch Kooperationen mit FinTechs sowie die Integration von Plattformen Dritter zum Erfolg führen können. Aus Sicht von Bankenexpertin Jacobsen sollte sich die Branche deshalb noch stärker für die Zusammenarbeit mit Dritten öffnen.

Mit Nachhaltigkeit punkten

Kreditinstitute sind mehr denn je gefordert, die Bedürfnisse ihrer Kundschaft zu antizipieren und frühzeitig passende Lösungen bereitzustellen. Derzeit gilt dies vor allem für das Thema Nachhaltigkeit beziehungsweise Environmental, Social, Governance (ESG). Unternehmen legen inzwischen großen Wert auf ESG-gebundene Darlehen sowie ESG-Serviceprodukte, die Nachfrage steigt an. Die Kreditinstitute könnten sich hier nicht nur als Geldgeber, sondern auch als strategischer Partner bei der anstehenden Umstellung ganzer Wertschöpfungsketten positionieren und so ihr Provisionsgeschäft stärken.

Nachhaltige Finanzierungen haben sich etabliert und bieten Banken die Möglichkeit, sich vom Wettbewerb abzuheben und Kunden enger an sich zu binden. Der Beratungsbedarf rund um das Thema Nachhaltigkeit ist enorm. Je früher Banken entsprechende Kompetenzen aufbauen, desto größer ist ihre Chance, in diesem wachstumsstarken Geschäftsfeld künftig zu den Marktführern zu zählen – und damit auch im gesamten Corporate-Banking.”

Dr. Christian Graf, Bain-Partner

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