STRATEGIE29. März 2017

Dunkelverarbeitung: Robotic-Process-Automation bei Versicherern – klar definierte Aufgaben abschieben

Thomas Sellner, Leiter Softwareentwicklung, AlmatoAlmato

Trotz hochausgereifter IT-Land­schaf­ten deutscher Ver­sicher­ungs­un­ter­nehmen besteht in Sachen Robotics massiver Nachholbedarf. Große Volumina in der Dunkelverarbeitung und viele Prozesse, die noch manuell bearbeitet werden müssen, machen die Branche wie geschaffen für den Einsatz von Robotic Process Automation (RPA). Der Einsatz digitaler Roboter bei der vollautomatisierten Bearbeitung strukturierter Geschäftsprozesse verspricht Versicherern Zeiteinsparungen von bis zu 90 % und Kostensenkungen um bis zu 80 %.

von Thomas Sellner, Leiter Softwareentwicklung, Almato

Ein Urlaub ist schnell gebucht. Im Internet mit wenigen Klicks. Wäre die entsprechende Versicherungsbestätigung doch nur genauso schnell zu bekommen. Doch die Prozedur gleicht dem Kampf mit einem bürokratischen zeitfressenden Monster.

Fast schon skurril: Der leidige Kampf wird nicht nur auf Kundenseite geführt, sondern ebenso auf Unternehmensseite.”

Auch hier kämpfen sich Mitarbeiter auf dem Weg zur Versicherungsbestätigung durch verschiedene Software-Systeme – von Webanwendungen über CRM- und branchenspezifische Lösungen – suchen langwierig die je nach Zielland und Reisegrund unterschiedlichen erforderlichen Formulare heraus und müssen alles händisch zusammenstellen, bevor die Unterlagen endlich in die Post gehen. Das ist viel Arbeit für die Mitarbeiter, die für den Kunden lästige – und zumeist unverständlich lange – Wartezeit bedeutet.

Effizienzvorteile durch digitale Roboter

ktsdesign/bigstock.com

Und dabei ginge das alles mit wenigen Klicks. Roboterbasierte Prozessautomation macht es möglich. Der komplette Prozess der Versendung einer Versicherungsbestätigung, wie etwa bei einer Auslandsversicherung, kann auch über Robotic Process Automation, kurz RPA, abgewickelt werden. Unter RPA versteht man die vollautomatisierte Bearbeitung von strukturierten Arbeitsprozessen durch Software, die digitalen Roboter. Diese Roboter arbeiten wie ein Mensch am Frontend, nur sehr viel schneller und präziser, während gleichzeitig alles dokumentiert wird.

Unternehmen könnten damit die Bearbeitungszeit von Aufgaben um 80 bis 90% reduzieren.“

Da Roboter, anders als Menschen, keine Fehler machen, sorgen sie nicht nur für zufriedenere Kunden, sondern unterstützen die Versicherungsunternehmen vor allem dabei, die hohen gesetzlichen Anforderungen in puncto Datensicherheit und -qualität sowie Auditierbarkeit zu erfüllen.

Während in den angloamerikanischen Ländern Unternehmen aus der Finanz- und Versicherungsbranche längst auf RPA setzen, ist der Einsatz von Robotics hierzulande noch in den Startlöchern. Zu abstrakt erscheint den Entscheidern die neue Technologie. Es mangelt ihnen an verlässlichen Zahlen und Erfahrungswerten mit RPA. Doch angesichts allgegenwärtigen Kostendrucks rücken, nicht nur im Rahmen von Outsourcing-Verhandlungen, die Roboter auch hier zunehmend in den Fokus.

Workflow-Unterstützung

RPA-Lösungen können problemlos in bestehende IT-Landschaften eingefügt werden, aufwändige Systemintegrationen sind nicht notwendig. Einsetzbar ist RPA überall dort, wo strukturierte Prozesse grundlegend sind: Ob bei Versicherungsbestätigungen, Online-Neuanmeldungen, Abwicklung von Verträgen im Sterbefall des Versicherten, Änderungen von Adressdaten, Lastschriften und Daueraufträgen – alles, was auf Business Rules basiert, kann über roboterbasierte Prozessautomation abgewickelt werden. Die Roboter nehmen die Daten auf, rechnen gegebenenfalls den (neuen) Versicherungsbetrag aus, ändern in allen Systemen die Daten und schicken den (aktualisierten) Vertrag automatisch an den Kunden oder stellen ihn als Download bereit. Sogar wenn der Versicherungsfall eintritt, kann der Claim-Process über RPA durchgeführt werden: Standardisierte Gutachter- und Reparaturaufträge werden erfasst und anschließend von den Robotern selbsttätig weiterbearbeitet, Bestätigungsmail an den Versicherten inklusive.

Autor Thomas Sellner
Thomas Sellner ist Lei­ter Soft­wareent­wicklung bei Almato. Das Zu­sammen­spiel von Mensch und Tech­no­logie ist seit vie­len Jah­ren ei­ner der Schwerpunkte der In­ter­es­sen.

Nach sei­nem Studium der Medi­en- und Kommunikati­ons­infor­matik an der Hoch­schule Reutlin­gen arbeite­te er am Fraunho­fer In­sti­tut IA als Wis­senschaft­li­cher Mit­arbei­ter für das Kompe­tenzcen­ter Human-Compu­ter-In­teracti­on. Seit 2012 arbeitet Thomas Sellner als Soft­ware Consultant bei Almato und ist seit August 2014 als Lei­ter Soft­wareent­wicklung für die fach­li­che Führung al­ler Soft­wareent­wick­ler ver­antwortlich.

Nicht standardisierte Prozesse müssen zwar an einen Mitarbeiter ausgelagert werden, doch auch hier hilft RPA, indem die Roboter alle nötigen Unterlagen bündeln, so dass der Mitarbeiter keine Zeit mit langem Suchen verbringen muss, sondern „nur“ noch die Entscheidung treffen muss.

Einsetzbar ist RPA nicht nur in der Produkt- sowie Kundendatenverwaltung, indem durch alle Systeme hinweg immer automatisch die Daten aktualisiert werden, sondern auch bei der Massenverarbeitung von Abrechnungen, Schadenzahlungen und Regressen. Die Automatisierung via RPA unterstützt bei der Einhaltung von Compliance-Regeln, ebenso wie beim Reporting, und hilft auch bei der Einführung neuer Produkte und entsprechender Kampagnen.

RPA als regelbasierte Software ist flexibel

Für Versicherungsunternehmen ist das vor dem Hintergrund der branchentypisch großen Volumina in der Dunkelverarbeitung und der vielen manuellen Prozesse gleichbedeutend mit einem erheblichen Optimierungspotenzial, das es nur zu heben gilt. Denn, soviel sei versichert, der Einsatz von Robotics sorgt für signifikante Kostenvorteile, Effizienzsteigerungen und zufriedenere Kunden durch eine schnellere Bearbeitungszeit.aj

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