STRATEGIE5. April 2024

Kann KI die Lücken für die Einhaltung von CSRD SFDR schließen?

Schwerpunkt: ESG / Nachhaltigkeit
Andreas Pade Experte für SFDR
Andreas Pade, Transformations- und Produktexperte in der Finanzindustrie Andreas Pade

Von der Nach­haltigkeits­bericht­erstattung nach CSRD (Corporate Sustainable Reporting Directive) sind allein in Deutschland etwa 15.000 Unternehmen und deren Zulieferer betroffen. Die Offenlegung von ESG-Daten gemäß SFDR (Sustainable Finance Disclosure Regulation) gilt für die Finanzmarktteilnehmer innerhalb der EU. Einige Softwareunternehmen bieten dazu bereits Lösungen an, die die Bericht­erstattung vereinfachen sollen – und KI ist oft ein wesentlicher Teil davon. Doch in welchen Bereichen lässt sich KI bei der Nachhaltigkeitsberichterstattung besonders sinnvoll einsetzen? Das beantworten die Anbieter Cleversoft, Code Gaia, IBM, LPA, UBRICH, SAP Fioneer ESG Solutions und der Zeidler Group.

von Andreas Pade, Transformations- und Produktexperte in der Finanzindustrie

Künstliche Intelligenz wird immer wieder als interessante Option für eine bessere Berichterstattung gesehen. Warum? Fortgeschrittene Analytik, KI und Blockchain verändern die Art und Weise, wie Unternehmen die ESG-Berichterstattung angehen. Die Technologien ermöglichen dabei die Automatisierung der Datenerfassung und -analyse, wodurch menschliche Fehler reduziert und die Genauigkeit erhöht wird. Hochentwickelte Tools bieten Echtzeit-Einblicke in die ESG-Leistung und ermöglichen so eine proaktive Entscheidungsfindung und kontinuierliche Verbesserung. Und insbesondere die Blockchain bietet Transparenz und Rückverfolgbarkeit, die sicherstellt, dass jede Angabe im ESG-Bericht überprüft und bis zur Quelle nachverfolgt werden kann.

Lösungsansätze von Softwareanbietern für CSRD/SFDR-Berichterstattung und KI

Welche Softwareanbieter, die heute Lösungen als Unterstützung für die CSRD/SFDR-Berichterstattung bereitstellen, nutzen KI bereits und wofür? Was planen die Anbieter für die Zukunft? Vertreter verschiedener Marktteilnehmer zeigen auf, dass KI aktuell vorwiegend in den Bereichen Data Handling und Textgenerierung eingesetzt wird.

Data Handling

Das Datahandling im Bereich ESG ohne KI-Unterstützung ist sehr arbeitsintensiv. Der Nutzen vom Einsatz der KI ist daher enorm. Die Einschränkungen an dieser Stelle sind eher regulatorisch getrieben als technischer Art (z.B. Auditierungspflicht).

  • Der KI-gestützte ESG-Assistent des ESG Data Exchange Network Anbieters UBIRCH ist laut Markus Breuer (COO) darauf trainiert, Fachfragen (primär zum Aspekt GHG-Emissionen) im Rahmen einer Beratungsfunktion bei der Erstellung eines CSRD -Berichts zu beantworten. So können insbesondere Zulieferer ihren bereits meldepflichtigen Kunden benötigte Daten einfacher liefern und den Umfang der dafür benötigten Beratung deutlich reduzieren.
  • Laut Maria Patschke, CEO, (SAP Fioneer ESG Solutions) kommt die KI in der ESG-Software-Lösung von SAP Fioneer zum Einsatz, um Inkonsistenzen in Inputdaten und kalkulierten Ergebnissen zu ermitteln. Darüber hinaus unterstützt KI die Qualitätssicherung für die Ermittlung der finanzierten Emissionen von GHG, denn die KI macht auch Vorschläge zur Qualitätsverbesserung. Aufgrund der regulatorischen Anforderung der Auditierbarkeit kommt KI für die Kalkulation von Daten bei SAP Fioneer derzeit explizit nicht zum Einsatz.
  • Bei dem Sustainability-as-a-Service-Anbieter Code Gaia und bei der IBM Envizi ESG Suite liest die KI Finanzdaten aus der Buchhaltungssoftware aus und kategorisiert sie basierend auf den getätigten Aktivitäten und Mengen in die passende Kategorie mit den jeweils richtigen Emissionsfaktoren für Scope 1-3 (IBM nur Scope 1) nach GHG-Protokoll. Eine Freigabe der Werte durch den Nutzer ist bei der IBM ENVIZI ESG Suite erforderlich.
  • Der RegTech-Anbieter LPA arbeitet laut Markus Diesing (CPO) derzeit an einer Lösung, bei der die KI das Mapping der Kundendaten auf das LPA-Eingangsformat unterstützt und beschleunigt.
Textgenerierung

Eine Stärke von KI ist die Generierung von Texten auf Basis von Daten.

  • Wie Markus Adler (Co-Founder) mitteilte, stellt die KI von Code Gaia Entwürfe/Mustertexte für die Berichterstellung zur Verfügung, die die Kunden in verschiedene Offenlegungen importieren und dann bearbeiten können. Die Benutzer können zusätzliche Notizen hinzufügen, mit denen die KI die Textentwürfe verfeinert, um sie spezifischer zu machen. Die von der KI erstellten Inhalte müssen von den Benutzern akzeptiert/überprüft werden.
  • SAP Fioneer wird zukünftig Natural Language Processing (NLP) einsetzen, um die Narrative der ESG-Berichte zu generieren.
  • Auch der RegTech-Anbieter Cleversoft arbeitet laut Florian Clever (CEO) zukünftig mit KI-Unterstützung bei der Erstellung der Narrative für die Berichterstattung im Rahmen der SFDR.

Wie wird die Zukunft der Anwendung von KI bei der CSRD/SFDR-Berichterstattung aussehen?

Andreas Pade

ist Transformations- und Produktexperte in der Finanzindustrie. Zuletzt hat er unter anderem den Aufbau der Fondsadministration von CACEIS in Deutschland sowie die Integration und strategische Neuausrichtung des Bereiches regulatorisches Berichtswesen für Asset Manager bei dem RegTech-Anbieter LPA verantwortet. Sein Fokusthema ist die Transformation der Finanzindustrie mit dem Schwerpunkt auf Leadership, Automatisierung, Digitalisierung, KI und ESG.

  • Als Vision für die nahe Zukunft sieht man bei UBIRCH die Möglichkeit, mit Hilfe von KI die erforderlichen Daten vollständig im Dialog zu erfragen und nicht anhand eines Formulars. Im Bereich der Datenerhebung sieht Code Gaia Einsatzmöglichkeiten von KI beispielsweise für das Auslesen von Webinhalten, Robotic Process Automation und Beratung zu möglichen Datenquellen.
  • In Planung befindet sich bei UBIRCH und LPA der Einsatz von KI zur Prüfung und Plausibilisierung angelieferter Daten. Auch Code Gaia kann sich als Vision die Anwendung von KI auf Qualitätssicherungsprozesse und Anomalie-Detektion vorstellen, um fälschliche Eingaben und Ergebnisse zu erkennen.
  • Für die Zukunft erwartet Oliver Gahr (Sustainability Lead, IBM Technology EMEA), dass KI zunehmend dabei hilft, Data Gaps zu schließen. Weiter geht Oliver Gahr davon aus, dass mithilfe von KI ein Streamlining des CSRD-Berichtswesens erfolgen kann mit einem Fokus auf die Inhalte, die aktuell berichtet werden müssen.
  • Zukünftig sieht Elisa Forletta-Fehrenberg (Head of ESG bei der Zeidler Group) die Möglichkeit, dass mithilfe von KI die Daten und Informationen, die zur SFDR-Berichterstattung gehören, unter anderem für die Berichterstellung nach CSRD wiederverwendet werden.
  • SAP Fioneer und Code Gaia halten individualisierte Strategievorschläge mit Empfehlungen zur Verbesserung der ESG-Scores in Abstimmung mit den Anforderungen der CSRD bzw. SFDR für umsetzbar.
  • SAP Fioneer kann sich darüber hinaus folgende Entwicklungen in den nächsten 3 Jahren vorstellen: Erweiterte Szenario-Analyse, bei der mit Hilfe von KI unterschiedliche ESG- Zukunftsszenarien für regulatorische Änderungen simuliert werden können. KI-gestützte Anpassung des Reportings an regulatorische Änderungen bzw. neue Anforderungen aus der CSRD/ SFDR.

Fazit

Wir befinden uns offensichtlich im Bereich der Anwendung von KI für das CSRD/SFDR-Berichtswesen auf einer langen Reise, die gerade erst begonnen hat.

Wirft man einen Blick in die Zukunft des Einsatzes von KI bei der CSRD/SFDR-Berichterstattung, so hängt die weitere Entwicklung maßgeblich von den bis dahin geltenden regulatorischen Rahmenbedingungen ab. Die Anbieter verfolgen zahlreiche Ansätze für den weiteren Ausbau der Nutzung von KI. Insbesondere bezüglich Datenqualität, Textgenerierung, Nachhaltigkeitsstrategie, Effizienzverbesserung der Datennutzung und Bedienerfreundlichkeit sind Entwicklungen geplant. Auch die selbständige Anpassung des Berichtswesens an regulatorische Änderungen steht auf der Agenda. Kann das CSRD/SFDR-Berichtswesen mithilfe von KI zukünftig komplett automatisiert werden? Das werden die technischen aber auch die regulatorischen Entwicklungen der nächsten Jahre zeigen.Andreas Pade/dk

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