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ARCHIV23. Februar 2023

Neue Karten braucht das Land: Die neue Sparkassen-Card im Praxistest!

Die neue Sparkassen-Card bringt eine interessante Funktionsvielfalt mit sich
Spannende FunktionsvielfaltRudolf Linsenbarth

Die erste Begegnung mit der neuen Sparkassen-Card hatte Rudolf Linsenbarth im Dezember 2019 auf einer Veranstaltung des Sparkassenverbandes in Berlin. Die Kombination von girocard und Debit Mastercard (DMC) liegt seiner Meinung nach auf der Hand, trotzdem spürte er damals bei den teilnehmenden Sparkassen eine gewisse Zurückhaltung. Vielleicht gab es Bedenken, mit einem solchen Produkt den Vertrieb der Kreditkarte zu kannibalisieren? Jetzt ist sie da! Und er hat die neue Sparkassen-Karte dem Praxistest unterzogen.

von Rudolf Linsenbarth

Wie wir mittlerweile wissen, kann man den verantwortlichen Produktmanagern der S-Payment zu einem perfekten Timing gratulieren. Durch die Abkündigung des Maestro Schemes von Mastercard ist bei allen Banken Handlungsdruck entstanden. Die Sparkassen aber konnten ein fertiges Produkt aus der Tasche ziehen.

Aber nicht alle Institute der Verbundgruppe vollziehen den Wechsel von Maestro zur DMC. So wie es aussieht, wird ein Teil auch die VISA Debitkarte als neues CoBadge-Produkt platzieren.”

Die Gründe dafür sind vielfältig, Sparkassen mit einer VISA-Präferenz und VPay CoBadge gab es auch in der Vergangenheit. Weil VISA noch keinen Termin für das Ende von VPay verkündet hat, bleibt hier auch noch etwas Zeit. Allerdings ist ein Wechsel von Maestro zu VPay, wie ihn die Weser-Elbe Sparkasse vollzieht (Link) nicht zielführend. Hier wird ein totes Pferd gegen eins ausgetauscht, das wahrscheinlich auch nicht mehr lange leben wird. In dieser Gemengelage haben die meisten Sparkassen ihre Strategie noch nicht öffentlich kundgetan. Einen guten Überblick zum derzeitigen Stand hat übrigens der Twitter Nutzer #ReNa zusammen gestellt. (Link)

Autor Rudolf Linsenbarth
Rudolf LinsenbarthRudolf Linsenbarth be­schäf­tigt sich mit Mobile Payment, NFC, Kundenbindung und digitaler Identität. Er ist seit über 15 Jahren in den Bereichen Banken, Consulting, IT und Handel tätig. Lin­sen­barth ist profilierter Fachautor und Praktiker im Finanzbereich und kommentiert bei Twitter (@holimuk) die aktuellen Entwicklungen. Alle Beiträge schreibt Linsenbarth im eigenen Namen.
Die Stadtsparkasse Dortmund jedenfalls hat den Wechsel vollzogen. Damit verbunden sind neue Konto-Modelle. Bisher kostete das Online-Konto 4,95 € im Monat. Für die „alte“ girocard mit Maestro kamen noch 12 € im Jahr hinzu. Beim neuen äquivalenten Konto „Echt stark“ (so der Name des Modells), muss man 8,90 € im Monat berappen. Darin ist die neue girocard mit DMC CoBadge bereits enthalten. Auf den ersten Blick eine Erhöhung um 2,95 € im Monat. Eine Kreditkarte schlägt bei der Sparkasse Dortmund übrigens mit 3,25 € im Monat zu Buche. Die beiden Konto-Modelle sind vom Leistungsumfang her aber nicht völlig deckungsgleich. Neben einigen Mehrwert-Angeboten sind bei „Echt stark“ nun auch die SCT Inst Überweisungen inkludiert.

Für mich jedenfalls passt das Angebot, so dass ich in das neue Konto-Modell gewechselt bin. Die Berater hatten die neue Sparkassen-Card bereits vorab erhalten und können dadurch aufkommende Fragen beantworten. Die neue Sparkassen-Card erhält man automatisch nach Ablauf der alten Karte. Wer das neue Produkt sofort haben will, muss dies beantragen. Zusätzliche Gebühren fallen dafür nicht an.

Bei der Sparkassen-Card ist die Mastercard vorausgewählt. Eine Überraschung!
Auswahl der ZahlungsmethodeRudolf Linsenbarth

Die Karte war nach nicht ganz einer Woche im Briefkasten und dank weiterhin gültiger PIN sofort einsatzbereit. Für das kontaktlose Bezahlen muss man die Karte vor dem ersten Einsatz wie mittlerweile üblich beim ersten Bezahlvorgang stecken. Erwartungsgemäß funktioniert die Plastikarte auch bei Händlern mit Einschränkungen bei der Zahlungsmittelauswahl. In diesem Fall waren das ein Blumenhändler (SumUp Terminal ohne girocard-Akzeptanz), die Modekette Primark, (die ebenfalls keine girocard akzeptiert), sowie mein Fahrradladen (girocard only). Die neue Karte kann also das, was bisher schon funktionierte. Ist ja auch nicht immer selbstverständlich.

Rudolf Linsenbarth

Die S-Payment hat aber auch die digitalen Karten mit dualer Zahlungsfunktion ausgestattet. Das heißt im Blumenlädchen mit SumUp-Terminal oder bei Primark funktioniert die Sparkassen-Card auch im Zusammenspiel mit Apple Pay oder der Android App „Mobiles Bezahlen“. Bisher musste man auf eine andere virtuelle Karte in der App wechseln oder die Plastikkarte zücken. Das gilt natürlich auch für das Bezahlen im Ausland. Allerdings ist in Ländern außerhalb des Euro-Raumes Vorsicht geboten. Die aktuellen Entgeltinformation der Sparkasse Dortmund weisen hier eine Mindestgebühr in Höhe von 0,77 € für jede Fremdwährungstransaktion auf! (Website)

Eine weitere Neuerung seit Anfang 2023 ist die Möglichkeit, seine Sparkassen-Card für verschiedene Einsatzszenarien zu aktivieren oder deaktivieren.”

Man kann die Zahlfunktion auf bestimmte Anwendungsfälle wie das Bezahlen in Geschäften, das Abheben von Bargeld am Geldautomaten, das Bezahlen im Internet und das Bezahlen im Ausland beschränken. Die Funktion nennt sich „Card Control“ und wir hatten darüber bereits berichtet (Link). Ich hätte das gerne ausprobiert, aber leider stellt die Dortmunder Sparkasse diese Funktion nicht zur Verfügung.

S-ID-Check
S-ID-CheckRudolf Linsenbarth

Das nächste neue Feature ist das Bezahlen mit der Sparkassen-Card im Internet über das Mastercard-Netzwerk. Allerdings verlangt die PSD2-Regulierung für bestimmte Zahlvorgänge (vor allem bei höheren Beträgen) eine starke Authentifizierung. Dafür gibt es die App „S-ID-Check“. Die Registrierung ist einfach (App öffnen – Kartennummer eingeben – Online-Banking-Login und zum Abschluss eine TAN). Danach steht die S-ID-Check App als zweiter Faktor zur Verfügung.

Nutzer ohne Smartphone und Online-Banking-Zugang können hier aber nicht mitspielen. Dabei handelt es sich nicht um ein singuläres Problem der Sparkasse Dortmund, deren Kreditkarten von Bayern Card-Services prozessiert werden. Auch bei Sparkassen, die ihre Dienstleistung von der PLUSCARD beziehen, gibt es keine Alternative, wie die von mir bereits getestete FIDO-Lösung. (Link) Das liegt daran, dass für die Sparkassen-Card wesentliche Backend-Komponenten von der Finanz Informatik bereitgestellt werden. Laut übereinstimmenden Meldungen wird aber an einer Überführung der Sparkassencard von der S-ID-Check App hin zum Push-TAN-Verfahren gearbeitet. Ich bin gespannt, ob und wie dabei das Problem der Inklusion von Kunden ohne OLB und Smartphone gelöst wird.

Sparkassen-Card - offenbar problemlos für die Apple-Watch geeignet
… auch für die Apple-Watch geeignetRudolf Linsenbarth

Für digitale iPhone-Nutzer unter den Sparkassen-Kunden aber könnte die neue Sparkassen-Card jetzt zum Zahlverfahren der Wahl werden.”

Sehr gut aufzeigen lässt sich das am Beispiel der Mobilitäts-Apps. Also der Kauf von Tickets für den ÖPNV, das Mieten von E-Scootern oder das Bezahlen von Sprit direkt an der Zapfsäule (Pay@Pump). Von den ca. 20 Apps, die mir da spontan einfallen, unterstützt nur die App der Berliner Verkehrsbetriebe BVG das Bezahlen mit der girocard in Apple Pay. Durch die neue DMC als CoBadge können dem Nutzer solche Beschränkungen egal sein.

Verblüfft hat mich im neuen Setup die Tatsache, dass die Debit Mastercard in der BVG App als Default-Zahlart eingestellt ist.”

Wer trotzdem unbedingt mit der girocard bezahlen möchte, muss das durch zwei Extra-Klicks bei jedem Bezahlvorgang umstellen.

Rudolf Linsenbarth

In der Android-Welt sind die Möglichkeiten, die Sparkassen-Card für In App Zahlungen zu nutzen, wegen fehlendem Google-Pay-Support fast nicht vorhanden. Die von mir seinerzeit getestete girocard-Integration in giropay (Link) funktioniert zwar auch mit der neuen Karte. Wenn aber noch nicht mal PACE Drive als giropay Frontrunner die girocard-Erweiterung integriert hat, kann man sich vorstellen, wie schwierig es wird, hierfür Partner an Bord zu holen.

Das Fazit

Die neue Sparkassen-Card ist ein gelungener Ersatz für die Post-Maestro Ära. Hier wurde ein bewährtes integriertes Kartenprodukt weiterentwickelt, statt daraus zwei Halbe zu machen. Hinter das Thema Bezahlen an der Ladenkasse, egal ob mit Plastik oder Smartphone, kann man also einen dicken grünen Haken setzen.

Schwieriger ist es beim Online Payment. Auch wenn einige Leser sich das nicht vorstellen können, es gibt durchaus Kunden ohne Smartphone und Online Banking, die am PC sitzen und trotzdem Einkäufe im Internet tätigen wollen. Wer meint, dass wir hier über eine kleine Zielgruppe sprechen, sollte sich vor Augen halten, dass bei 50 Millionen Sparkassen-Kunden schon 1-2 % zu großen Zahlen führen.

ApplePay per Sparkassen-Card
ApplePay per Sparkassen-KarteRudolf Linsenbarth

Beim Thema In-App-Zahlungen ist die Welt eine völlig andere. Diese Produkte zielen bewusst auf eine digital affine Zielgruppe. Apple und Google Pay sind hier das Maß der Dinge. Allerdings verfolgen die Sparkassen unter Android und iOS zwei völlig konträre Strategien. Auch wenn die Sparkassen-Mitarbeiter diese schlüssig erklären könnten, wird der Kunde das wahrscheinlich nicht verstehen.

Das sind allerdings strategische Entscheidungen, bei denen die Filiale vor Ort auf einen Kurswechsel des Sparkassen-Tankers angewiesen ist.

Was die Sparkasse Dortmund aber sofort umsetzen könnte, wäre die Einführung von Card Control und auch die Abschaffung der 77 Cent „Strafgebühr“ für den Einsatz der Sparkassen-Card bei Fremdwährungen ist wünschenswert. So etwas passt einfach nicht mehr in die Zeit!Rudolf Linsenbarth

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