Wurde der Wert von Plattformen maßlos überschätzt?

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Keine Plattform hat den Finanzsektor aufgemischt – keine Bank ist zur Plattform geworden
Laut der Sutor Bank (Website) gibt es bis heute keine Plattform, die den Finanzsektor aufgemischt hätte, sieht man von Teilbereichen ab, wo sich etwa Check24 im Kreditbereich oder die großen Baufinanzierungsplattformen bewegen. Genauso wenig sei zu sehen, dass sich Banken über einige eher prototypische Ansätze hinaus zu Plattformen gewandelt hätten.
Einzige Ausnahme ist die Möglichkeit, über PSD2-Schnittstellen Konten anderer Banken in das eigene Online-Banking einzubinden.”
Auch die Big-Tech-Firmen, die neben den Branchen-Plattformen wie Airbnb und Uber als „Plattform-Vorbilder“ galten, seien keine Plattformen-Unternehmen – und werden es immer weniger. Sie verfolgen laut Hartmut Giesen sehr diverse Geschäftsmodelle, was ihren Erfolg gerade auch ausmache.
Was man aber tatsächlich sehe, dass BigTech-Firmen, und dort vor allem die beiden Player, die die mobile Kundenschnittstelle beherrschen – Apple mit iOS und Alphabet mit Android –, ihren Geschäftsmodell-Mix um Finanzdienstleistungen erweitern. Begonnen mit Apple- und Google-Pay werden auf dem Basisprozess Bezahlen weitere Services angeboten. Apple liefert in den USA eine eigene Kreditkarte – noch beigesteuert von einer Bank –, jetzt werden auch Buy-Now- Pay-Later-Angebote aufgenommen, die in diesem Fall auch komplett in eigener Regie abgewickelt werden.
Vorteil der Banken: Zulassungen für viele Arten von Finanzgeschäften
Big-Techs würden immer von der End-Kundenschnittstelle ausgehen und ihre Wertschöpfungsketten sehr konsequent vertikal bis auf die Server-Ebene integrieren. Im nächsten Schritt schauen sie sich laut Giesen ihre integrierte Wertschöpfungskette an und analysieren, welche Teile davon sie modularisieren und monetarisieren. So seien die Big-Techs nicht nur die führenden Smartphone-Anbieter (Apple, Alphabet), E-Commerce-Unternehmen (Amazon) oder Desktop-Betriebssystem-Anbieter (Microsoft), sondern auch die führenden Cloud-Computing-Anbieter, Werbeunternehmen, Logistik-Betreiber oder KI-Dienstleister – und eben inzwischen auch die führenden Endkunden-Payment-Anbieter, für die es völlig unerheblich ist, welche Kreditkarte von welcher Bank hinterlegt ist.

Sutor Bnak
Hier werden Banken zwar von den großen Tech-Firmen bedroht, haben aber auch etwas entgegenzusetzen. Vor allem die Regulierung und die Bilanz sind ihre Alleinstellungsmerkmale. Banken verfügen anders als Newcomer aus anderen Branchen bereits über Zulassungen für viele Arten von Finanzgeschäften. Dabei ist es nicht nur wichtig, die Lizenz zu erhalten, sondern sie auch mit Leben und Wissen zu füllen.“
Hartmut Giesen, Fintech-Experte bei der Sutor Bank
Ausgehend davon müssten Banken entscheiden, welche digitalen Geschäftsmodelle sie selbst verfolgen können. Auch Plattform-Geschäftsmodelle seien ein Teil davon. Andere sind as-a-Service-Konzepte rund um Embedded-Banking-Ansätze wie etwa Regulierung-as-a-Service, Finanzprodukte-as-a-Service oder Trading-as-a-Service. Oder auch innovative Geschäftsmodelle, die auf Blockchain-Technologie basieren, die der Krypto-Crash keinesfalls obsolet macht.Entscheidend sei bei alldem aber, dass nicht auf ein bestimmtes Geschäftsmodell gestarrt wird, sondern sich die Banken öffnen. Dazu sei es wichtig, digitale Technologien wie API, Blockchain oder KI zu beherrschen. Auch das digitale Denken, das sich unter anderem durch Veränderungsfreundlichkeit, schneller Anpassung von Banken-Prozessen und „Continuous Innovation“ auszeichnet, gehören laut Sutor Bank dazu.ft
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