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STRATEGIE18. Mai 2020

Produktiv im Homeoffice: So gehen Banken und Sparkassen mit der Coronakrise um

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Eldar Nurkovic / Bigstock

Es gibt aktuell wohl keine Branche, die von der Coronakrise nicht betroffen ist. Auch die Banken haben sich in ihren Workflows an die veränderten Rahmenbedingungen anpassen müssen. Während einige Trends eher hinter den Kulissen für Veränderungen sorgen – beispielsweise berichten zahlreiche Banken, dass der Anteil an kontaktlosen Zahlungsvorgängen stark angestiegen ist – gibt es auch einige Veränderungen, die Mitarbeiter und Kunden ganz handfest betreffen, etwa weil der Umgang in den Filialen sich verändert hat oder beispielsweise weil Banken vermehrt Kurzarbeit beantragt haben und einen Teil der Filialen geschlossen haben.

Wir haben bei einigen großen Banken und Sparkassen nachgefragt, wie sich insbesondere für deren IT-Mitarbeiter die Arbeit verändert hat und wie hoch der Anteil der Mitarbeitenden ist, die derzeit ins Homeoffice umgezogen sind. Wobei ein Vertreter einer der befragten Banken richtigerweise darauf hinweist, dass der Begriff des Homeoffice eigentlich nicht richtig ist. Arbeitsrechtlich beschreibe der Begriff die klassische Telearbeit. Doch auch wenn das, was gemeint ist, offiziell als mobiles Arbeiten oder temporäres Arbeiten von zuhause aus beschrieben werden muss, verwenden wir in diesem Zusammenhang dennoch den etablierten Begriff des Homeoffice.

Finanz Informatik: Dank mobiler Services wenig Umstellung nötig

Quelle: Finanz Informatik

Der sprunghafte Anstieg an Mitarbeitern im Homeoffice ist in der Tat auch bei der Finanzinformatik der Sparkassen ein Indiz für die Krise. Diese berichtet beispielsweise, dass seit März im Schnitt mehr als 90 Prozent der über 4.200 Mitarbeiter ins Homeoffice umgezogen sind. Neu sei das nicht, so erklärt eine Sprecherin des Unternehmens. Man ermögliche, je nach Tätigkeitsprofil bereits seit längerer Zeit den Mitarbeitern, teilweise im Homeoffice zu arbeiten, auch wenn nur wenige den Großteil ihrer Zeit so verbringen.

Aus diesem Grund haben wir bereits seit Langem die technischen Voraussetzungen, um allen unseren Mitarbeitern auch remote einen sicheren und umfassenden Zugriff auf die FI-Systeme per VPN-Zugang zu ermöglichen. So gut wie alle Tätigkeiten sind damit temporär auch im Home-Office möglich – was in der derzeitigen Situation für sehr gute Startbedingungen gesorgt hat.“

Finanz-Informatik der Sparkassen

Vor Ort in Münster und Hannover erfolgt dagegen die Arbeit der Leitstände, die die kundenrelevanten Anwendungen 24/7 überwachen. Man arbeite in räumlich getrennten Teams und unter Einhaltung der gängigen Abstands- und Hygieneregeln.

Woman sat working in home office
monkeybusinessimages / Bigstock

Generell kommt der FI hier natürlich in der aktuellen Situation die Historie mit den drei Standorten und der engen Zusammenarbeit mit der Sparkassen-Organisation in ganz Deutschland zugute. „Zusammenarbeit und Kommunikation über größere Distanzen sind da gewohnte Praxis.“ Den Mitarbeitern stehen mit unserer Produktfamilie „Office_neo“ zahlreiche digitale Kommunikationswege zum Austausch und der standortübergreifenden Kollaboration mit Kollegen zur Verfügung, etwa via SharePoint oder Skype for Business. Die Mitarbeiter kämen, so heißt es, mit der Situation auch deshalb gut zurecht, weil die IT-Tochter der Sparkassen frühzeitig in Technologien zum mobilen und ortsungebundenen Arbeiten investiert habe.

Commerzbank: Umstellung wenig problematisch

Naturgemäß weniger Mitarbeiter arbeiten bei der Commerzbank von zu Hause aus. Etwa die Hälfte der 48.500 Mitarbeiter arbeitet bei der Commerzbank aus dem Homeoffice. Denn naturgemäß lassen sich nicht alle Aufgaben des Bankbetriebs remote erledigen. Auch von daheim stehen den Mitarbeitern die gewohnten Plattformen zur Verfügung, wobei der Kommunikation zwischen den Mitarbeitern aktuell eine besondere Bedeutung zukommt:

Aktuell werden besonders die Cisco-Plattformen Webex und Jabber genutzt, die allen Mitarbeitern unseres Hauses zur Verfügung stehen. Wir nutzen diese Plattformen für Telefonate und Konferenzen ebenso wie als Chat-Tools oder um Präsentationen mit Kolleginnen und Kollegen zu teilen.“

Commerzbank

Eplisterra/Bigstock

Auch hier trägt die Tatsache, dass Homeoffice generell eine Möglichkeit darstellt, seinen Pflichten nachzukommen, dazu bei, dass die grundsätzlichen Mittel und Wege bestehen, um remote zu arbeiten. Daher sei die Umstellung auch gar nicht so problematisch gewesen, erklärt eine Sprecherin.

Die Hauptverantwortung der IT liegt einerseits in der Sicherung der Betriebsstabilität, andererseits darin, den Mitarbeitern technisch alle Möglichkeiten zur Verfügung zu stellen, im Homeoffice zu arbeiten. Dazu wurde etwa die Anzahl der entsprechend sicheren Zugänge bankweit sehr schnell und deutlich angehoben. Insgesamt hat die IT eine um rund 30% höhere Transaktionslast, schwerpunktmäßig im Wertpapierbereich. Aufgrund einer Anfang des Jahres durchgeführten Optimierung in diesem Umfeld sind diese Systeme auch für die zusätzliche Last bestens eingerichtet.“

Commerzbank

Comdirect: Datenschutzrechtlich geht nicht alles remote – aber vieles

Als Direktbank ist die Comdirect noch einmal anders aufgestellt, da hier naturgemäß die Herausforderungen des Filialgeschäfts entfallen. Hier arbeiten drei Viertel der insgesamt 1.300 Mitarbeiter im Homeoffice. Generell gäbe es ohnehin viele Jobprofile, die Remote-Arbeit ermöglichen, heißt es – abgesehen etwa von Themen wie Videoident oder bestimmte datenschutzrechtlich schwierige Tätigkeiten im Kundenmanagement. Dennoch habe man zeitnah Erweiterungen vornehmen können.

Wir haben unsere Zugänge für Remote-Arbeiten auf 1.500 ausgeweitet. Auch haben wir den Bereich Telefonie für das mobile Arbeiten angepasst, sodass dies für die Kolleginnen und Kollegen aus dem Kundenmanagement nun auch von zu Hause aus möglich ist. Auch unseren Notfallstandort haben wir mit entsprechenden, voll einsatzfähigen Arbeitsplätzen für das Kundenmanagement ausgestattet.“

Comdirect

Die Umstellungen hätten problemlos geklappt, weil den Mitarbeitern ja schon vorher das mobile Arbeiten zur Verfügung gestanden habe. „Hier hat sich ausgezahlt, dass comdirect als Unternehmen der Digitalwirtschaft bereits Strukturen geschaffen hatte, die nun ermöglichten, dass das Gros der Mitarbeiter sehr kurzfristig von zu Hause aus arbeiten konnte, ohne dass es bei der Produktivität signifikante Einbußen gab.“

DKB

Eine ähnliche Situation auch bei der DKB, die naturgemäß auch einen hohen Anteil der Mitarbeitenden ins Homeoffice auslagern konnte. 80 Prozent der rund 4.100 Mitarbeiter sollen es nach Angaben des Unternehmens aus Berlin sein. Auch hier war Arbeit aus dem Büro in der eigenen Wohnung schon vor Corona möglich, so dass für die IT hier gar keine richtige „Umstellung“ bestanden habe, wie es heißt.

Deutsche Bank: International differenziertes Bild

Auch bei der Deutschen Bank arbeiten mit rund 60.000 der knapp 87.000 Mitarbeiter aus dem Homeoffice. Das ist gerade für ein Institut mit einem dichten Filialnetz erstaunlich viel, erklärt sich aber auch aus dem in den Ländern unterschiedlichen Filialnetz – in Deutschland seien der Anteil niedriger, heißt es. Sonst seien es etwa 20.000 Mitarbeiter, die mehr oder weniger regelmäßig aus dem Homeoffice arbeiten. Wie viele Mitarbeiter daheim sind, das hängt auch stark von Land und Region ab – in bestimmten Regionen Indiens seien es nahezu alle Mitarbeiter. Hier habe man beispielsweise spontan 4.000 Notebooks für die Mitarbeiter beschafft, damit diese einsatzfähig bleiben können.

Videokonferenzen ersetzen persönliche Meetings mit Kollegen oder mit Kunden. Was wir jetzt erlebt haben: Technologie hilft dabei, flexibel von zuhause aus zu arbeiten und für Kunden da zu sein. Parallel haben wir dafür gesorgt, dass alles aus Sicherheits- und Compliance-Sicht passt.“

Deutsche Bank

Arbeitsprozesse und Orte des Arbeitens – vieles ist noch offen

Wie es bei den einzelnen Banken weitergeht, kann freilich noch niemand so genau sagen, ähnlich wie niemand weiß, was uns die Coronakrise an Veränderungen bringen wird. Doch die Institute sind zuversichtlich: „Sicherlich hat die Coronakrise noch einmal gezeigt, dass sogar sehr komplexe Vorgänge von zu Hause aus bearbeitet werden können und dass Teams, ja sogar Bereiche auch remote gut übergreifend zusammenarbeiten können“, berichtet die Finanzinformatik.

Bei der Finanzinformatik steht ein gestufter Rückkehrplan im Vordergrund, um mittelfristig den Mitarbeitern wieder ein Arbeiten an den Standorten zu ermöglichen – unter Berücksichtigung der besonderen Situation der FI als kritische Infrastruktur. Viele Mitarbeiter freuen sich auch darauf, wieder einmal die Kollegen zu treffen und gerade bei der Projektarbeit bietet eine Präsenz vor Ort große Vorteile.“

Finanz-Informatik der Sparkassen

Modern open-plan office with computer workplaces in Berlin (3d rendering)
style-photographs / Bigstock

Die Corona-Remote-Zeit habe gezeigt, was heute alles schon auf Distanz möglich ist – nach einigen Wochen werde aber auch spürbar, was im Arbeitsalltag vielleicht fehlt. „Auf der Grundlage der Erfahrungen unserer Führungskräfte, Mitarbeiter und Kunden werden wir bewerten, welche Aspekte der aktuellen Arbeitssituation und der digitalen Zusammenarbeit wir in Zukunft verstärkt im Unternehmen nutzen möchten. Dabei darf nicht vergessen werden, dass für uns als „projektlastiges“ Unternehmen die enge Zusammenarbeit von Menschen essenziell ist.“ Also könnte die Coronakrise dazu beitragen, dass zumindest bei den Workflows einiges, was zunächst als Notlösung zu sehen war, erhalten wird.

Homeoffice: Erkenntnis, dass viele Teams auch remote gut kooperieren

Auch bei der Deutschen Bank klingt die Antwort auf die Frage nach der Zukunft der Arbeit nach „noch ist nix fix“: Man wolle die Mitarbeitenden wohlüberlegt, schrittweise und nicht von heute auf morgen in die angestammten Büros zurückholen. „Es gibt Mitarbeiter, die die neue Flexibilität schätzen, genauso wie es Mitarbeiter gibt, die sich auf die Rückkehr an den Arbeitsplatz freuen.“ Umdenken auch bei der Comdirect, auch wenn die sich in Zukunft sicherlich mehr als bisher an den Gepflogenheiten der Commerzbank orientieren muss: „Sicherlich hat die Coronakrise aber noch einmal gezeigt, dass sogar sehr komplexe Vorgänge von zu Hause aus bearbeitet werden können und dass Teams, ja sogar Bereiche auch remote gut übergreifend zusammenarbeiten können“, heißt es aus Quickborn.

Vielleicht haben die vergangenen Wochen aber auch dazu beigetragen, dass Banken und Sparkassen mehr als bisher über digitalisierte Prozesse bei der Verarbeitung von Anfragen und Vorgängen nachdenken. Denn letzten Endes sind auch 2020 noch zahlreiche Vorgänge im deutschen Bankenwesen nicht so automatisiert und digital, wie sie es sein könnten – insbesondere wenn es sich um Geschäftskunden handelt.tw

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