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ARCHIV21. Februar 2023

Siemens begibt 60-Mio-Euro-Anleihe auf der Blockchain

Der deutsche Industriekonzern hat erstmals ein digitales Wertpapier herausgegeben. Die Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank dient als Registerführer, Investoren sind drei Banken. Das Siemens-Papier ist bereits die fünfte digitale Emission in diesem Jahr.

Der Markt für elektronische Wertpapiere gewinnt an Dynamik. <Q>peshkov / Bigstockphoto
Der Markt für elektronische Wertpapiere gewinnt an Dynamik. peshkov / Bigstockphoto

 

Seit Inkrafttreten des eWpG im Juni 2021 ist es möglich, digitale Anleihen auf Blockchain-Basis in Deutschland zu begeben. Der Industriekonzern hat diese Möglichkeit nun erstmals für eine „echte“ Transaktion genutzt. Im Rahmen eines Pilotprojektes hatte Siemens gemeinsam mit Commerzbank und Continental bereits 2019 eine Testtransaktion abgewickelt. Damals ging es um eine Anleihe des Autozulieferers in Höhe von 100.000 Euro mit nur drei Tagen Laufzeit, die Siemens als Investor zeichnete (IT-Finanzmagazin berichtete).

Nun hat Siemens (Website) selbst eine Anleihe platziert. Sie umfasst ein Volumen von 60 Millionen Euro, Laufzeit ist ein ganzes Jahr. Als Investoren traten DekaBank, DZ Bank und Union Investment auf. Das Unternehmen verweist auf die Vorteile des digitalen Wertpapiers. Demnach kann auf eine papierhafte Globalurkunde und ein zentrales Clearing verzichtet werden, auch die Rolle des Market Maker entfällt, da ein direkter Verkauf an Investoren ohne Zwischenverkauf an Banken möglich ist. Auch strategische Gründe spielten eine Rolle. Nicht nur die Kunden würden bei der digitalen Transformation unterstützt. Auch in der eigenen Finanzabteilung gehe man diesen Weg, um die neuesten digitalen Lösungen zu testen und zu nutzen.

<Q>Siemens
Siemens

Wir sind stolz, als eines der ersten deutschen Unternehmen eine Blockchain-basierte Anleihe erfolgreich begeben zu haben. Damit ist Siemens Vorreiter bei der kontinuierlichen Weiterentwicklung digitaler Lösungen für die Kapital- und Wertpapiermärkte.“

Ralf P. Thomas, Finanzvorstand Siemens

Öffentliche Blockchain

Begeben wurde die digitale Anleihe in Kooperation mit der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank. Das Finanzinstitut hat nach eigenen Angaben 2022 als eine der ersten Banken in Deutschland die vorläufige Erlaubnis zur Kryptowertpapier-Registerführung erhalten. Damals hatte Hauck Aufhäuser Lampe (HAL) den bereits lizenzierten Kryptoverwahrer Kapilendo Custodian übernommen (IT-Finanzmagazin berichtete).

Die Privatbank fungierte bei dieser Transaktion sowohl als Registerführer wie auch als Zahlstelle. Da für die Transaktion noch kein digitaler Euro zur Verfügung stand, wurden die Zahlungen auf klassischem Wege abgewickelt. Die Transaktion konnte binnen zwei Tagen abgeschlossen werden.

Das Papier wurde entsprechend der gesetzlichen Rahmenbedingungen in einem dezentralen Register auf der öffentlichen Blockchain Polygon registriert, die auf der Ethereum-Technologie basiert. Die Sicherung der Private Keys erfolgt über die HAL-Tochter Hauck Aufhäuser Digital Custody (HADC).

<Q>Hauck Aufhaeuser Lampe
Hauck Aufhaeuser Lampe

Die Entwicklung digitaler Wertpapiere geht langsam, aber stetig voran. Unsere gemeinsame Transaktion zeigt eindrücklich, dass sowohl Industrie- als auch Finanzunternehmen von einer dezentralen Struktur im Kapitalmarkt überzeugt sind und darin ernsthaftes Potenzial sehen.“

Simon Seiter, Head of Digital Assets bei Hauck Aufhäuser Lampe

Je nachdem, ob man die Betonung auf „langsam“ oder „voran“ legt, ist das Glas entweder halb leer oder halb voll. Denn tatsächlich sind die Möglichkeiten eines digitalen Wertpapiers noch arg begrenzt. Wie bereits erwähnt, musste die Zahlung noch auf herkömmlichem Weg abgewickelt werden, was Zeit kostet. Der Transfer erfolgt zwar ohne „Mittelsmänner“, aber die privaten Schlüssel liegen beim Verwahrer. Der Einsatz in Smart Contracts ist so bislang noch nicht möglich.

Doch zumindest auf Seiten der Bank ist man sich sicher, dass die Entwicklung vorangehen wird und diese Marktstruktur künftig neue Möglichkeiten in Begebung und Handel von Wertpapieren mit sich bringen werde, insbesondere durch präzisere, kleinteiligere und technisch gesteuerte Begebungen. Das sieht man bei Siemens ähnlich:

<Q>Siemens
Siemens

Mit dem Schritt weg vom Papier hin zu einer Abwicklung des Wertpapiers auf einer öffentlichen Blockchain können wir Transaktionen bedeutend schneller und effizienter als bisherige Anleiheemissionen abwickeln. Durch die erfolgreiche Zusammenarbeit mit unseren Projektpartnern haben wir einen wichtigen Meilenstein in der Entwicklung digitaler Wertpapiere in Deutschland gesetzt.“

Peter Rathgeb, Corporate Treasurer bei Siemens

Mehr Geschwindigkeit im Markt

Seit Inkrafttreten des eWPG Mitte 2021 gab es bis Ende 2022 insgesamt 17 Emissionen, die auf der BaFin-Website veröffentlicht wurden, rund eine pro Monat. Seit Anfang des Jahres 2023 gab es dagegen fast jede Woche eine Emission – die Inhaberschuldverschreibung von Siemens war bereits das fünfte Kryptowertpapier in diesem Jahr.

Deren Herausgabe wird auch über den Bundesanzeiger (Website) veröffentlicht. Wer dort nach „Kryptowertpapier“ im Bereich „Kapitalmarkt“ sucht, bekommt zum Teil noch weitergehende Informationen. So verweist beispielsweise der Verwahrer Smart Registry in seinen Meldungen auf die Plattform Nyala (Website), wo die genauen Emissionsbedingungen der drei betreuten elektronischen Wertpapiere öffentlich einsehbar sind.

Als aktivster Verwahrer taucht in der BaFin-Liste Cashlink Technologies auf, beteiligt an sieben Emissionen. Eine davon betraf die deutsche Bank, die ihr Wertpapier nach zehn Tagen wieder zurückkaufte und damit vom Markt nahm. Die GfK Gesellschaft für Kryptoregisterführung liegt mit vier Emissionen noch vor Smart Technologies. Für Hauck Aufhäuser Lampe ist die Begebung der Siemens-Anleihe bislang die erste in ihrer Rolle als (externer) Verwahrer. Doch im April 2022 hat das Bankhaus bereits ein eigenes elektronische Wertpapier herausgegeben. hj

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