STUDIEN & UMFRAGEN18. Mai 2021

So teuer sind Auslandsüberweisungen – Wise fordert Transparenz bei Gebühren

Lepasik / Bigstock

Eine Analyse von Daten der Weltbank, die das Technologieunternehmen Wise durchgeführt hat, zeigt, dass deutsche Kunden jährlich mehr als 1,4 Milliarden Euro an Gebühren für Auslandsüberweisungen zahlen. Im vergangenen Jahr haben Menschen in Deutschland über 1,4 Mrd. Euro an Gebühren für Auslandsüberweisungen an Angehörige oder Freunde bezahlt – und damit hunderte Millionen zu viel. Denn die Auslandsüberweisungen sind eine der letzten Bastionen der Banken, mit denen lukrativ Geld gemacht wird.

Würden sich die Finanzinstitute hierzulande mit ihren Gebühren bereits heute an die UN-Zielvorgabe von drei Prozent Überweisungskosten für das Jahr 2030 halten, wären insgesamt 800 Millionen Euro mehr bei den Empfängern angekommen. Die Berechnung stammt vom globalen Technologieunternehmen Wise (ehemals Transferwise), das – man kann es sich denken – mit Auslandszahlungstransaktionen sein Geld verdient.

Für 2021 rechnet das Unternehmen mit einer ähnlich großen Differenz und macht daher darauf aufmerksam, wie hoch die Gebühren für Rücküberweisungen (sog. Remissen) derzeit sind. Betroffen sind davon beispielsweise Expats, die international arbeiten, oder auch Menschen mit Migrationshintergrund – also jede vierte Person in Deutschland – welche oftmals ihre Angehörigen im Ausland finanziell unterstützen. Wie eine Umfrage im Auftrag von Wise aufzeigt, wären geringere Preise derzeit besonders nötig: Durch die Corona-Krise sind Angehörige im Ausland noch stärker auf die Zahlungen angewiesen. Gleichzeitig stehen den Überweisenden weniger Mittel zur Verfügung.

Für die berechneten Gebühren im Jahr 2021 berücksichtigte Wise den prognostizierten Remissen-Rückgang der Weltbank von 7,5 Prozent und präsumierte die diesjährigen Gebühren anhand der Preisentwicklungen der vergangenen fünf Jahre. Für die Berechnung zur Erreichung des UN-Nachhaltigkeitsziels von drei Prozent Überweisungskosten stützen sich die Wise-Analysten auf eine lineare Regression, die auf die von der Weltbank zur Verfügung gestellten Remissen-Preise angewendet wurde. Für die Umfrage befragte das Forschungsunternehmen Censuswide 1.004 Personen in Deutschland zwischen dem 23.03.21 und 31.03.21, die in den vergangenen zwei Jahren Geld ins Ausland an Familie oder Freunde geschickt haben.

Vorgabe der UN gilt erst ab 2030: Technologie wäre verfügbar

Für das aktuelle Jahr rechnet Wise mit Remissen aus Deutschland in Höhe von umgerechnet 17 Mrd. Euro (21,2 Mrd. US-Dollar). Im Vergleich zum vorangegangenen Jahr sind das 7,5 Prozent weniger, wie die Weltbank aufgrund der Pandemie prognostizierte. Bei durchschnittlichen Überweisungskosten in Höhe von 7,3 Prozent (in Deutschland) werden die überweisenden Personen insgesamt 1,25 Mrd. Euro allein für die Gebühren zahlen. Würden sich alle Finanzinstitute hierzulande hingegen an das UN-Nachhaltigkeitsziel von drei Prozent halten, zu dem sich alle EU-Mitgliedsstaaten verpflichtet haben, wären die Transaktionen 700 Mio. Euro günstiger.

Die Zahlen zeigen einen signifikanten Konflikt zwischen der zunehmenden Bedeutung der Remissen und der Frage, wie einfach und effizient sie durchgeführt werden können. Sie sind dabei nicht nur überteuert. Aufgrund der unklaren Gebührenstrukturen ist es für die Menschen völlig unklar, wie viel sie wirklich für eine Überweisung zahlen.“

Arun Tharmarajah, Head of Europe bei Wise

Corona erschwert Remissen-Zahlungen deutlich

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Welche Ausmaße die hohen Gebühren annehmen, zeigt ein Blick in die vergangenen zehn Jahre: Zwischen 2010 und 2020 zahlten Menschen in Deutschland insgesamt 16,6 Mrd. Euro, um Geld an ihre Familien oder Freunde zu überweisen. Das entspricht dem aktuellen Jahresumsatz des DAX- und Chemie-Konzerns Merck. In dieser Zeit sanken die durchschnittlichen Überweisungskosten laut Daten der Weltbank von 12,2 auf 7,3 Prozent – nicht zuletzt durch das Aufkommen digitaler Anbieter wie Wise. Die Untersuchung der von der Weltbank ermittelten Daten zeigt auch: Bei gleichbleibender Preisentwicklung wird Deutschland die UN-Vorgabe erst nach 2030 erreichen.

Um herauszufinden, wie sich die Situation für jene, die Remissen versenden, in Deutschland aufgrund der Corona-Pandemie verändert hat, beauftrage Wise eine Befragung von 1.004 betroffenen Personen. 80 Prozent der Befragten gaben dabei an, dass ihre Familien oder Freunde im Ausland auf die Zahlungen finanziell angewiesen sind. Das unterstreicht, welchen Stellenwert Remissen für die Menschen haben. Aufgrund von mit Corona verbundenen finanziellen Schwierigkeiten ist es für mehr als die Hälfte aller Überweisenden (53 Prozent) jedoch deutlich schwieriger geworden, Familie und Freunde im Ausland zu unterstützen. Analog dazu ist der Bedarf bei 25 Prozent der Befragten seit Beginn der Pandemie gestiegen und stellt die jeweiligen Personen demnach vor noch größere Schwierigkeiten.

Einsparungen und Gegenmaßnahmen: Mehr als CBPR2

Um die Situation für die Betroffenen zu verbessern, sind konkrete Maßnahmen als Antwort auf die Pandemie nötig, die über die bisherigen Regelungen der Cross Border Payments Regulation 2 (CBPR2) hinausgehen. Die EU-Verordnung sorgt seit dem 19. April 2019 in Teilen für mehr Transparenz und strengere Regeln bei Auslandsüberweisungen. Wise fordert die jeweiligen Entscheidungsträger auf, Änderungen an der Gesetzgebung für den internationalen Zahlungsverkehr vorzunehmen, um sicherzustellen, dass die Verbraucher nicht weiterhin den Preis für eine schlechte Zahlungsverkehrspolitik zahlen. Die Forderungen sind hier einsehbar.

Wise

Technologisch ist angesichts besser vernetzter internationaler Unternehmen aus dem Payment-Umfeld schon heute deutlich mehr möglich als noch vor zehn Jahren. Insbesondere die Überweisungen im EU-Währungsraum, die inzwischen nicht mehr als eine Inlandsüberweisung kosten dürfen, haben gezeigt, wohin die Reise gehen kann. Möglich sind angesichts digitalisierter und automatisierter Zahlungsflüsse mit maximaler Dunkelverarbeitung schon deutlich günstigere Kosten – an denen die Banken und Sparkassen, aber auch die Kreditkartenunternehmen sowie deren Dienstleister freilich kein Interesse haben. So erklärt auch Sandra Sequeira, Associate Professor für Entwicklungsökonomie an der London School of Economics (LSE), dass bei Auslandsüberweisungen trotz der technologischen Fortschritte resultierend aus dem zunehmendem Wettbewerb verloren gehe.

Die meisten Länder, darunter auch Deutschland, sind nicht einmal annähernd in der Lage, das UN-Ziel von drei Prozent Überweisungskosten bis 2030 zu erreichen, wenn sie mit dem derzeitigen Tempo weitermachen. Den Preis dafür zahlen die Menschen in den Entwicklungsländern sowie ihre Familien hier. Es wäre schön, wenn dieses wichtige Thema mit mehr Dringlichkeit behandelt würde.“

Sandra Sequeira, Associate Professor für Entwicklungsökonomie London School of Economics (LSE)tw

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