Anzeige
STUDIEN & UMFRAGEN11. Februar 2019

IDD und Fernabsatzrecht: Viele Versicherer handeln rechtswidrig

Versicherungsberatung muss nicht immer face-to-face erfolgen. Doch bei der digitalen Variante ist einiges zu beachten. lenets_sergey/Bigstock

Die Europäische Union möchte die Interessen der Verbraucher im Fernabsatzgeschäft von Versicherungen besser schützen. Dafür hat sie in der Insurance Distribution Directive (IDD) festgesetzt, wie Versicherungsvermittler im bestmöglichen Interesse der Kunden handeln sollen. Doch eine aktuelle Studie der Managementberatung 67rockwell zeigt nun auf, dass die Umsetzung dieser Regelung in Deutschland nur teilweise gelingt. Die gemeinsam mit Prof. Dr. Matthias Beenken, Professor für Versicherungswirtschaft an der Fachhochschule Dortmund und Dr. Maximilian Teichler, Rechtsanwalt in einer Kanzlei für Versicherungsmanagement, durchgeführte Studie belegt, dass ein erheblicher Teil der deutschen Versicherer offensichtlich signifikante Probleme hat, die geforderten Standards umzusetzen.

Danach handeln gemäß IDD etwa 30 Prozent der online vertreibenden Versicherer möglicherweise rechtswidrig, so der Anwalt. Im Bereich Komposit (Versicherer, die verschiedene Sparten der Sach- und Unfallversicherungen betreiben) sind es sogar bis zu 50 Prozent.

Es ist ausgesprochen bedenklich, dass es trotz erheblicher Investitionen in die Digitalisierung nur wenige deutsche Versicherer schaffen, ihren Kunden online eine vollständige und rechtskonforme Antragsstrecke bis zum Produktabschluss anzubieten.“

Tim Braasch, Geschäftsführender Gesellschafter von 67rockwell

„Die Folgen können schwerwiegend sein. Versicherer und Vermittler sollten sich darüber im Klaren sein, dass sie sich unter Umständen serienmäßige Probleme ins Haus holen“, erklärt Prof. Dr. Matthias Beenken. Nach Ansicht der Studieninitiatoren stimme deutsches und europäisches Recht, so wie es die IDD vorsieht, vor allem in Bezug auf die Frage-, Aufklärungs- und Beratungsanforderungen nicht überein. Das deutsche Recht vermenge danach Frage-, Aufklärungs- und Beratungspflichten und erwecke den Eindruck, mit einem Beratungsverzicht entfiele auch die Frage- und die Aufklärungspflicht.

Beratung und Beratungsverzicht lassen sich kombinieren

Diese sind im europäischen Recht jedoch unverzichtbar und werden als „Standards für den Vertrieb ohne Beratung“ bezeichnet. Dabei lassen sich die Standards für den Vertrieb ohne Beratung laut IDD mit einem durchaus vertretbaren Aufwand umsetzen. Kunden treffen dann bewusstere Entscheidungen und sind enger an das Unternehmen gebunden.

Als „Königsweg“ der Versicherer, so zeigt die Studie, lässt sich ein Ansatz aus „Beratung und Beratungsverzicht“ kombinieren, um der IDD gerecht zu werden. Demgegenüber steht das von den Vergleichsportalen gewählte Modell aus „Beratung ohne Beratungsverzicht“, wobei beide Modelle den Begriff Beratung eher locker auffassen und meist nur die gesetzliche Fragepflicht darunter verstehen, nicht aber Beratung im Sinne der IDD.

Häufig wird durch das Erstellen eines Beratungsprotokolls über die eigentlich fehlende Beratung hinweggetäuscht. Nur die konsequente Orientierung an Artikel 20 IDD inklusive der obligatorischen Fragen nach Wünschen und Bedürfnissen des Kunden, dem Angebot eines dazu passenden Vertrages inklusive der Begründung sowie die erforderliche Dokumentation schaffen hier die dringend notwendige und gewünschte Rechtssicherheit – sowohl für Kunden als auch für Versicherungsunternehmen und Vermittler.“

Tim Braasch, Geschäftsführender Gesellschafter von 67rockwell

 tw

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert