STRATEGIE23. Juli 2024

Die Postbank sucht ihre Nische: Zwischen moderner Beraterbank und betreutem Klicken

Postbank

Die Deutsche Bank hat im Zusammenhang mit der Postbank beschlossen, einen bedeutenden Schritt in Richtung Digitalisierung zu unternehmen, indem sie 120 ihrer Postbank-Standorte in moderne Beratungsfilialen umwandelt. Ziel dieses neuen Filialkonzepts sei es, den Kunden den Zugang zu digitalen Angeboten und mobilem Banking zu erleichtern und gleichzeitig die persönliche Beratung vor Ort zu verbessern. Kann es aber die Lösung sein, den Kunden eine Art „betreutes Klicken“ zu bieten oder müsste die Bank mehr als nur Digital-Trainer bieten, um mittelfristig konkurrenzfähig zu bleiben?

Die erste dieser neuen Beratungsfilialen wurde diese Woche in Neuss eröffnet. Mit dem neuen Filialkonzept verknüpft die Postbank nach eigenen Worten Beratung zu den eigenen digitalen Produkten und Services mit Beratung per Video und Telefon in insgesamt elf regionalen Standorten, die bis 2025 entstehen sollen. So werden speziell geschulte Mitarbeiter als Digital-Trainer eingesetzt, um den Umgang mit mobilen Bankdiensten zu erläutern. Ein zentraler Servicepoint dient als erste Anlaufstelle für Kontoeröffnungen und Beratungstermine. Darüber hinaus bieten neu eingerichtete Lounges Seminare zur Nutzung digitaler Angebote an.

Insgesamt soll bis Mitte 2026 die Anzahl der Postbank-Filialen von 550 auf 320 reduziert werden. Von den verbleibenden Standorten werden 200 weiterhin Postdienstleistungen anbieten, während 120 zu reinen Beratungsfilialen umgebaut werden. Neben neuen Standorten werden auch bestehende Filialen modernisiert, um die Digitalisierung weiter voranzutreiben. Man investiere, erklärt das Unternehmen, eine dreistellige Millionensumme und wolle auf Task-Force-Teams und digitale Coaches setzen, die Kunden bei der Nutzung der neuen Angebote unterstützen und informieren.

Wir bieten verschiedene Zugangswege zu unseren Leistungen und setzen dabei immer stärker auf digitale Angebote über unsere App und online. Die neuen Beratungsfilialen mit unseren Digital-Trainern verknüpfen unsere neuen digitalen Services mit dem persönlichen Bankgeschäft vor Ort. Auf diese Weise begleiten wir beim Übergang in die digitale Banking-Welt.“

Dominik Hennen, Leiter Personal Banking Deutsche Bank

Reduzierung des Filialnetzes bis 2026 beschlossen

In den neuen Beratungsfilialen stehen den Kunden zahlreiche Neuerungen zur Verfügung. Ein zentraler Servicepoint mit einem digitalen Ausweisscanner und einem Signpad für digitale Unterschriften erleichtere die Legitimation und den Abschluss von Bankgeschäften. In der Postbank Lounge können Kunden Online- und Mobilebanking an einem Flatscreen ausprobieren und sich über digitale Angebote informieren lassen. Zudem gibt es einen Selbstbedienungsbereich mit modernen Geräten, an denen Kunden ihre täglichen Bankgeschäfte erledigen können.

Nur noch jeder vierte Bankkunde besucht regelmäßig eine Filiale, während die Zugriffe auf Online- und Mobile Banking deutlich zunehmen. Die Postbank hat daher bereits im Oktober des vergangenen Jahres angekündigt, ihr Filialnetz bis Mitte 2026 zu reduzieren und gleichzeitig in neue digitale Services und Formate zu investieren. Die Digitalisierung bleibe für die Postbank ein zentraler Fokus, erklärt das Unternehmen. Man wolle den Kunden den Übergang in das digitale Banking erleichtern und die Postbank für die Zukunft rüsten.

Betreutes Klicken als Hilfe zur Selbsthilfe?

Postbank Digitalstudie 2022
Postbank

So richtig klar scheint nicht, wen man mit dieser Strategie erreichen will. Denn viele Kunden dürften angesichts der umfangreichen Probleme der letzten Jahre der Postbank den Rücken gekehrt haben. Und die Zeiten, in denen sie als Teil der Deutschen Post kostenlosen Versand der Aufträge angeboten hat und damit gegenüber den Mitbewerbern punkten konnte, sind nun wahrlich vorbei. Es ist natürlich vernünftig, all jenen oftmals langjährigen Kunden, die sich mit Digitalisierung und Technik schwer tun, Hilfe zur Selbsthilfe zu bieten, aber das wird nicht ausreichen.

Die wirklich technik- und digitalaffinen Kunden sind längst bei anderen Banken, die sich darauf seit Jahren fokussieren – und teilweise auch schon bei FinTechs und No-Frills-Brokern, die eine andere Zielgruppe ansprechen. Viele Präsenzbanken, vor allem aus dem Genobanken- und Sparkassen-Segment, setzen auf noch mehr Service vor Ort. Die Deutsche Bank als Mutter der Postbank hat wiederum auch einen noch mehr auf Präsenz ausgerichteten Grundservice mit allen relevanten Online-Services on top. Es wird also abzuwarten sein, ob es der Deutschen Bank gelingt, die Postbank in einer Nische dazwischen zu positionieren und das auch gegenüber der Kundschaft, für die das passend erscheint, zu kommunizieren.tw

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