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STRATEGIE7. März 2023

Open Insurance: Policen bald nur noch für “rentable Krankheiten”?

Open Insurance: Policen bald nur noch für "rentable Krankheiten" - meint Frank Schrills, BiPRO
Frank Schrills, BiPROBiPRO

Mit aller Macht drängen Amazon, Google & Co. auf den sensiblen Versicherungsmarkt und nennen es “Open Insurance” – mit unabsehbaren und potenziell enorm teuren Folgen für die Verbraucher. Das Brancheninstitut BiPRO warnt vor einer Wettbewerbsverzerrung – und erklärt, warum Versicherungsvertreter und Makler besser sind als ihr Ruf.

von Frank Schrills und Frank Lamsfuß, BiPRO

Versicherungen sind böse, Makler hinterhältig. Beratung? Nur ein anderes Wort für Beutelschneiderei. Wie kaum eine andere Branche müssen Versicherer um ihr Image kämpfen: Gerade mal acht Prozent aller Deutschen bringen dem Berufsbild ein “hohes Ansehen” entgegen, damit sind Ver­sicher­ungs­ver­treter sogar noch unbeliebter als Politiker (22 Prozent).

Frank Lamfuß ist Präsident bei BiPRO.
Frank Lamsfuß, BiPROBiPRO

Dabei hat Deutschland im internationalen Vergleich einen fairen und gut funk­tio­nier­enden Versicherungsmarkt.”

Frank Schrills, BiPRO

Dass das in der öffentlichen Wahrnehmung kaum gesehen wird, ist schon zu normalen Zeiten ein Problem. Aber die Zeiten sind nicht normal, ganz im Gegenteil: Mit aller Macht drängen Amazon, Google & Co. auf einen sensiblen und fein austarierten Markt – mit unabsehbaren und potenziell enorm teuren Folgen für die Verbraucher.

BiPRO
Der Bi­PRO (Bran­chen­in­sti­tut für Pro­zess­op­ti­mie­rung) ist ein Non-Pro­fit-Ver­ein, der Stan­dards und Nor­men er­ar­bei­tet, um un­­­ter­­neh­­men­s­­über­­grei­­fen­­de Pro­zes­se zu ver­ein­heit­li­chen und da­mit für die End­ver­brau­cher mög­lichst kom­for­ta­bel und ef­fi­zi­ent zu ge­stal­ten. Im Ver­ein (Website) ar­bei­ten so­wohl Ver­si­che­rungs- als auch Mak­ler­un­ter­neh­men un­ter­schied­lichs­ter Grö­ßen mit, au­ßer­dem IT-Dienst­leis­ter und Soft­ware­ent­wick­ler mit di­rek­tem Be­zug zur Ver­si­che­rungs­bran­che. Im De­zem­ber 2022 hat­te die Or­ga­ni­sa­ti­on mehr als 300 Mit­glie­der.
“Open Insurance” heißt das Modell, auf das die Big-Tech-Unternehmen setzen, und es klingt zunächst mal vielversprechend: Offene Schnittstellen sollen den Datenaustausch zwischen Versicherern und Kunden erleichtern. Das Perfide daran: Auch Drittanbieter werden Zugriff auf die hochsensiblen Kundendaten haben, denn wie bei vergleichbaren Modellen geben die Kunden auch in diesem Fall ihre Datenhoheit an die globalen Konzerne ab. Brancheninsider schlagen Alarm:

Sollten die GAFAs (Google, Apple, Facebook, Amazon) tatsächlich im großen Stil Versicherungen anbieten, dann war es das für den Beratermarkt. Aber gerade die Vielfalt des Beratermarkts ist es, die Oligopole in Deutschland bisher verhindert hat.”

Frank Lamsfuß

Nichts geht über Beratung

Prinzipiell haben wir gar nichts gegen das Engagement z.B. der GAFAs im deutschen Versicherungsmarkt. Im Gegenteil, uns geht es um technologische Chancengleichheit, um den Wettbewerb und damit den Nutzen für die Verbraucher zu erhalten. Genau dafür sorgen die bereits weit verbreiteten, auf modernster Technologie beruhenden Normen unseres Verbandes.“

Frank Schrills

Die Autoren
Frank Schrills studierteWirt­schafts­wis­sen­schaf­ten und ar­bei­te­te nach sei­nem Di­plom-Kauf­mann 13 Jah­re als Ver­si­che­rer in ver­schie­de­nen Funk­tio­nen. Un­ter an­de­rem ver­ant­wor­te­te er als Ge­schäfts­füh­rer der Rhein­Land On­line al­le in­ter­net­ba­sier­ten Ge­schäfts­pro­zes­se, dar­un­ter den Auf­bau der On­tos als in­ter­netaf­fi­nen Di­rekt­ver­si­che­rer. Als Mit­in­itia­tor des BiPRO (Website) ist er seit der Gründung 2006 Präsident des Vereins, seit 2009 auch in geschäftsführender Funktion.

Frank Lamsfuß studierte nach seiner Lehre zum Versicherungskaufmann Wirtschaftswissenschaften in seiner Geburtsstadt Wuppertal. Gleichzeitig war er für die Barmenia Versicherungen (Website) tätig. Seit 2002 zeich­ne­te er für un­ter­schied­li­che Sta­tio­nen in den Un­ter­neh­men ver­ant­wort­lich, ab 2006 be­reits für den Ver­trieb. Par­al­lel üb­te er zwi­schen 2008 und 2013 die Ge­schäfts­füh­rung der Ad­cu­ri aus. 2013 wur­de er in den Vor­stand der Bar­me­nia berufen.

Einfach gesagt garantieren die vielen unterschiedlichen Anbieter die Wettbewerbsfähigkeit und sorgen damit dafür, dass die Bedürfnisse der Kunden im Zentrum stehen. Und, extrem wichtig in einem so sensiblen Geschäftsumfeld: Die Integrität und Sicherheit der Kundendaten hat bei klassischen Versicherungen oberste Priorität.

Unsere Aufgabe als Brancheninstitut ist es, mit technischen Normen die Prozesse möglichst effizient und gleichzeitig komfortabel für die Verbraucher zu gestalten. Das vernünftig auszubalancieren, ist ein echter Drahtseilakt, den die gesamte Branche vom Makler bis zu den Konzernen aber schon geht und auch weiter gehen wird.“

Frank Schrills

Plattformökonomien wie bei den Tech-Giganten haben dagegen ein grundlegendes Problem: Ein oder wenige Anbieter diktieren den Markt und damit die Preise. Produkte, die sich nicht lohnen, werden schnell eingestellt – es steht zu befürchten, dass irgendwann nur noch bestimmte Krankheiten, leicht zu versichernde Immobilien in Städten oder ausgewählte Personengruppen versichert werden – und alles andere sehr teuer wird. Barmenia-Vorstand Lamsfuß erklärt, warum das mittel- und langfristig nicht nur für die 3800 Mitarbeiter seiner Versicherung und die über 14.000 Makler im Partnernetzwerk ein gewaltiges Problem wäre:

Jede Diagnose ist individuell, ein persönliches Gespräch gibt Raum für Lösungen, die ein Algorithmus nicht liefern kann – zum Beispiel die Versicherung einer Vorerkrankung, die im System so vielleicht nicht vorgesehen ist. Deshalb braucht der Markt Anonymität nach außen und Vertrautheit nach innen, sprich: kompetente und menschliche Beratung.”

Das Gerüst dafür liefert der Branchenverband BiPRO mit seinen Prozessoptimierungen, den Normierungskampagnen und dem notwendigen Community Building.

BiPRO ist die bessere Open Insurance, weil hier vom Versicherungskonzern bis zum Makler und dem FinTech alle Interessen mit am Tisch sitzen.”

Frank LamsfußFrank Schrills und Frank Lamsfuß

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