STRATEGIE29. August 2016

Grenzüberschreitendes SDN: Globale Firmennetze für Finanzdienstleister aufbauen und managen

]Patrick Molck-Ude leitet seit 2015 die Telecommunications (TC) Division von T-Systems und ist Mitglied der Geschäftsführung der Telekom-TochterT-Systems
Patrick Molck-Ude leitet seit 2015 die Telecommunications (TC) Division von T-Systems und ist Mitglied der Geschäftsführung der Telekom-TochterT-Systems

Banken und Versicherer sind häufig internationale Unternehmen – und die sind schlicht auf rei­bungs­los funktionierende internationale Kom­mu­ni­ka­tions­netze angewiesen. Doch bisher hat kein Netz­betreiber eine globale Infrastruktur. Die Lösung: die Dienste verschiedener Service-Provider bündeln. Das Plädoyer für “ngena” – Next Generation En­ter­prise Network Alliance und der “FreeMove Alliance” – einem fast weltweiten Verbund von Telcos. Ab Mitte 2017 soll es verfügbar sein.

von Patrick Molck-Ude,
Chef der Netzsparte bei T-Systems

Die Kommunikation zwischen Auslandsfilialen, ein stetig wachsendes Datenvolumen in den internen Firmennetzen, immer mehr mobile Arbeitsplätze. Finanzinstitute und Versicherer benötigen ein leistungsstarkes internationales Firmennetz. Zwingend. Ein solches aufzubauen und zu unterhalten, ist bisher aufwendig, da kein Netzbetreiber über eine wirklich globale Infrastruktur mit gleichzeitig hoher lokaler Kapillarität (Verzweigung zu den Endpunkten) verfügt.

Handling mit vielen globalen und lokalen Anbietern

International agierende Bankhäuser und Versicherungen beziehen Mobilfunkleistungen in der Regel von unterschiedlichen regionalen oder lokalen Anbietern. Die Konsequenz: Sie jonglieren mit einer Vielzahl verschiedener Angebote, Tarife und Verträge. Das erschwert das länderübergreifende Management von Mobilfunkdiensten.

Internationale Festnetzverbindungen erhält der Kunde zwar schon heute von einem einzigen Netzbetreiber, doch dazu muss dieser Leitungen regional von anderen Service-Providern einkaufen. Die Integrationstiefe der Prozesse ist dabei in aller Regel gering, die Serviceparameter sind nicht homogen. Die Folgen: längere Bereitstellungszeiten, höhere Kosten und schwankende Netzqualität.

ngena: Partnernetz aus Telcos mit dem Ziel „Weltnetz“

Indem sich Netzanbieter zusammenschließen und die vorhandenen Ressourcen teilen, werden Unternehmen bei Festnetzdiensten von „ngena“ (Next Generation Enterprise Network Alliance) profitieren, einer 2016 gegründeten Kooperation, bei der die Anbieter CenturyLink, Reliance Jio, SK Telecom, Deutsche Telekom sowie zukünftig circa 20 weitere Partner ihre Netze zu einem „Weltnetz“ zusammenschließen werden. Das Ziel: Der Kunde soll eine einheitliche mobile Kommunikationslösung für die Finanzbranche über die “FreeMove Alliance” von Orange, Telecom Italia Mobile, der Deutschen Telekom, TeliaCompany und weiteren Partnern (z.B. der asiatisch-pazifischen Bridge Alliance in über 100 Ländern) bekommen – mit einem zentralen Ansprechpartner.

Festnetzverbindungen mit wenigen Klicks

Um aus den vorhandenen Netzen der einzelnen Betreiber ein tatsächlich globales Netz zu schaffen, fungiert „ngena“ als Vermittlerin. Mithilfe eines virtuellen, leistungsfähigen Overlay-Netzes transportiert sie Daten aus den einzelnen lokalen Netzen in andere. Die Basis: die Technologien „Software Defined Networking“ (SDN) und „Network Function Virtualization“ (NFV), die Netzsteuerung und Netzfunktionen wie Firewalls von der Hardware entkoppeln und als Software zentral betreiben. Die Cisco-enabled Cloud-Plattform steuert das Netz zentral aus den Rechenzentren der ngena-Partner.

Autor Patrick Molck-Ude, T-Systems
Molck_Ude_Deutsche-Telekom-516Patrick Molck-Ude leitet seit 2015 die Telecommunications (TC) Division von T-Systems und ist Mitglied der Geschäftsführung der Telekom-Tochter. Der Betriebswirt ist Mitglied des Aufsichtsrats der Mobilfunk-Kooperation „FreeMove Alliance“ und Mitgründer der Festnetz-Allianz „ngena“. Zuvor war Molck-Ude in verschiedenen Management-Positionen bei der Telekom sowie bei IBM tätig.

Weniger Stress für CIOs: weltweite standardisierte Netzdienste

Ab Mitte 2017 werden CIOs so weltweite standardisierte Netzdienste von ihrem jeweiligen Festnetzanbieter erhalten, die die Anforderungen an Firmennetze abdecken: mit IP-VPN-Verbindungen  über hybride Zugangstechnologien wie breitbandiges Ethernet, öffentliches Internet und mobilen Zugängen.

Insgesamt soll das Management der zukünftigen Firmennetze effizienter werden. Denn dank der Virtualisierung lassen sich Verbindungen hochautomatisiert bereitstellen. Will eine Bank zum Beispiel einen neuen Standort in Indien oder Brasilien anschließen, bucht es die Verbindung über seinen bestehenden Anbieter. Selbst wenn dieser keine eigene Infrastruktur vor Ort besitzt, muss er nicht langwierig beim lokalen Betreiber anfragen, sondern erstellt die Verbindung mit wenigen Klicks aus einem vordefinierten Katalog von Netzdiensten. CIOs behalten dabei den Überblick über die Netzqualität ihres WANs, die die Partner auf weltweit einheitlichem Niveau garantieren.

Heute in der Zentrale in Deutschland, morgen in einer Auslandsfiliale Italien oder USA

Immer mehr Menschen arbeiten mobil und sind dabei international unterwegs. Deswegen brauchen auch Unternehmen aus der Finanzbranche Mobilfunkangebote, die flexibel, auf lokale Bedürfnisse zugeschnitten und gleichzeitig global einheitlich sind, damit Verträge, Beschaffung und Reporting unkomplizierter als heute ablaufen.

Die neue Allianz will Unternehmen daher länderübergreifende Mobilfunkdienste aus einer Hand bieten. Damit sich die Dienste effizient managen lassen, nutzen Kunden der Allianz oder ihrer Mitglieder beispielsweise unternehmensweite Reportingsysteme. Übersichtliche und einheitliche Roaming-Gebühren senken die Mobilfunkkosten deutlich. Und über ein Online-Portal werden die Kunden jederzeit im Blick haben, ob die von der Allianz vereinbarten einheitlichen Qualitätsstandards für das Netzwerk eingehalten werden.

4G SendemastT-Systems
4G SendemastT-Systems

Seit 2015 gelten außerdem die länderübergreifenden Terms & Conditions innerhalb von „FreeMove“, die dafür sorgen, dass Unternehmen Verträge rasch und global einheitlich erhalten. Zugleich können sie wählen, was ihren individuellen Bedürfnissen entspricht: Eine zentrale Vereinbarung für alle Standorte oder einzelne regionale oder lokale Verträge mit identischem Aufbau? Einen Vertrag mit der „FreeMove Alliance“ oder mit einem der vier Freemove-Mitglieder?

Mehr Datenvolumen, weniger Aufwand

Mehr Auswahl haben Kunden in Zukunft dank der „FreeMove“-Tarifstruktur: So werden sie ihren Mitarbeitern in den angeschlossenen Ländern zum Beispiel LTE-Datenpakete von drei Gigabyte anbieten können – selbst wenn es in einigen Ländern ein solches Paket gar nicht gibt. Oder alle Kollegen in einem Land nutzen ein LTE-Datenvolumen gemeinsam. Letzteres erleichtert die Arbeit der IT-Abteilungen: Sie müssen nicht länger für jeden Mitarbeiter neue Datenpakete buchen, wenn er seine aufgebraucht hat. Alle lokal anfallenden Kosten übersetzt eine übergeordnete Rechnungsplattform, die mit den Systemen der Netzbetreiber verbunden ist, automatisch in die individuell vereinbarten Unternehmenstarife und erstellt anschließend die lokale Rechnung.

Dieser sogenannte „FreeMove Enabeling Layer“ wird derzeit entwickelt.aj

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