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PRODUKTE17. April 2020

Facebook-Digitalwährung Libra auch mit geändertem Konzept wenig überzeugend

Facebook

Der Neustart der im Facebook-Dunstkreis von einem Konsortium geplanten Digitalwährung Libra ist beschlossene Sache. Nachdem die ursprünglichen Pläne des Firmenkonsortiums im vergangenen Jahr bei Politik und Notenbanken für reichlich Zündstoff gesorgt hatten, gibt es jetzt ein neues Konzept, das einige Änderungen und Anpassungen der vergangenen Monate zusammenfasst.

Ursprünglich war Libra basierend auf einem Währungskorb verschiedener Währungen und Staatsanleihen geplant. Doch diese Index-Lösung ist ja bereits seit einigen Wochen vom Tisch, auch wenn einige Tagesmedien dies als die eigentliche Neuerung verkaufen. Danach soll die Libra-Währung jetzt jeweils an einzelne Landeswährungen gekoppelt werden. Vernünftig aus Sicht der Zentralbanken ist das schon, unübersichtlicher wird es dadurch allerdings auch.

Wie die Libra Association mitteilt, geht es in der neu gefassten Konzeption aber vor allem auch darum, wirksame Methoden gegen Geldwäsche und Terrorfinanzierung sicherzustellen. Auch solle der Kreis der Teilnehmer am Libra-System stärker eingeschränkt werden, heißt es. Ob und wie das wirklich zu einem nachhaltigen Schutz führen kann, bleibt abzuwarten.

Libra stellt Antrag bei der Schweizer Finanzaufsicht

Einen entscheidenden Schritt weiter ist die Libra Association auch bei der Beantragung. War das Konzept im vergangenen Jahr noch nicht mehr als eine Idee, für die sich schnell diverse Unternehmen aus dem Payment- und Commerce-Umfeld begeisterten, geht es jetzt um die konkrete Beantragung, die der Association zufolge bei der Schweizer Finanzaufsicht Finma durchgeführt wurde. In den letzten Monaten hatte das Libra-Konzept vor allem wegen diverser aussteigender Unternehmen Schlagzeilen gemacht.

Doch bei der Bundesbank kommen auch die überarbeiteten Pläne im Hinblick auf Libra nicht gut an.

Andreas Krautscheid, BankenverbandBdB

Würden die neuen Vorschläge in die Tat umgesetzt, könnten sich die Kräfteverhältnisse unter den Zahlungsdienstleistern in Europa massiv verschieben. Das ist ein erneuter Weckruf für Politik und Zentralbanken: Europa und Deutschland dürfen bei digitalen Zahlungssystemen für ihre Wirtschaft nicht noch weiter in Abhängigkeit von amerikanischen oder chinesischen Anbietern geraten und weiter an digitaler Souveränität verlieren.“

Andreas Krautscheid, Hauptgeschäftsführer Bundesverband deutscher Banken

Krautscheid regt an, dass die Zentralbanken den diesbezüglichen Prozess mitgestalten müssen und ihrerseits industrieübergreifende Innovationen fördern sollten. Die Politik und die Zentralbanken befürchten eine Destabilisierung und Unterwanderung des staatlichen Bankensystems und eine Gefahr für den Geldkreislauf. Facebook indes sieht die digitale Währung vor allem als Vehikel für grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr und erst mittelfristig für E-Commerce-Aktivitäten und Handel. Mit rund zweieinhalb Milliarden Facebook-Nutzern (zum Zuckerberg-Imperium gehören überdies Instagram und Whatsapp) könnte die Digitalwährung tatsächlich einen Drive bekommen, der das bestehende Währungssystem aus dem Gleichgewicht bringen könnte.

Libra: Kaum einer würde von der Facebook-Digitalwährung profitieren

Quelle: Gerd Altmann/Pixabay
Gerd Altmann/Pixabay

Was man von den Libra-Plänen halten soll, besser gesagt warum man sie ablehnen kann, hängt vor allem auch davon ab, auf welcher Seite man steht: Während die Anhänger von Kryptowährungen das Libra-Konzept nicht so wirklich ernst nehmen, weil es wiederum ein System ist, das die Vorteile (Stichwort Unabhängigkeit) dezentraler Kryptowährungen nicht für sich nutzt, sondern vielmehr von wenigen großen Konzernen abhängt. Eher vergleichbar wäre Libra mit den Bezahlverfahren, wie sie große chinesische Online-Konzerne wie der Alibaba-Konzern mit Alipay verwenden. Doch gerade diese in China weit verbreiteten Bezahllösungen sind alles andere als unabhängig von der dortigen Zentralbank und den wirtschaftspolitischen Gremien Chinas.

Die Banken und die deutsche Kreditwirtschaft haben sich ihrerseits erst diese Woche in einem Positionspapier ausführlich zu digitalen Währungen und Stablecoins geäußert. Auch dort kommen, wen wunderts, die bisherigen Libra-Pläne nicht gut an. Und selbst die rund zwei Dutzend Unternehmen, die sich anfangs für das Libra-Konzept interessierten und unbedingt mitentwickeln wollten, haben sich teilweise aus dem Konsortium zurückgezogen. Unterm Strich gibt’s wenig gute Gründe für ein solches System – selbst die E-Commerce-Player sehen das als unkompliziert versprochene Zahlungsmittel skeptisch, wie man aus der Branche hört. Mit Libra gäbe es also auch in der neuen Form wenige Gewinner und für die Digitalwährung wenige Befürworter. tw

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