STUDIEN & UMFRAGEN2. November 2016

Studie: Sparkassen und VR‑Banken verlieren ihre jungen Kunden – Filialbanken im Zugzwang

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Fast alle Kinder und Jugendlichen haben ihr erstes Konto bei Sparkassen oder Volks- und Raiff­eisen­banken. Trotzdem kehren rund die Hälfte der jungen Kunden ihrer Bank bis Mitte 30 den Rücken. Die meisten wechseln zu einem Geldinstitut mit kostenlosem Girokonto. Dies sind die wesentlichen Ergebnisse der aktuellen Umfrage “Abwanderung der Young Generation” der Marktforscher Dr. Grieger & Cie im Auftrag der Unter­neh­mens­be­ra­tung mm1. Die Abwanderung der jungen Generation sehen die Sparkassen und VR-Banken selbst kritisch, denn die Zukunft ihres Privatkundengeschäftes ist gefährdet.

Für die Studie wurden mehr als 600 Kunden im Alter von 18 bis 37 Jahren detailliert zu ihren Bankverbindungen befragt. Der Fokus lag dabei auf dem Girokonto als Kernprodukt der Kunden­be­ziehung. Das wesentliche Ergebnis der Umfrage: Sparkassen sowie Volks- und Raiffeisenbanken verlieren massiv bei jungen Kunden. Bei jungen Berufstätigen von 27 bis 37 Jahren, die Online-Banking nutzen – und das sind laut Umfrage 90 % der Kunden –, beträgt der gemeinsame Marktanteil der beiden Geldinstitute weniger als 50 %. Die Direktbanken und andere Filialbanken kommen gemeinsam auf mehr als die Hälfte der Kunden.

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Die Wettbewerber punkten mit guten Konditionen und hoher Kundenzufriedenheit. Insbesondere in den Bereichen Kundenangebote/Preise, Kundennähe, Vertriebsmodell und Kostenstruktur müssen die Sparkassen & Banken jetzt handeln.“

Rainer Lindenau, geschäftsführender Partner bei mm1

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Die Entwicklung ist für die Sparkassen und VR-Banken besonders kritisch, da fast alle als Jugendliche einmal ihre Kunden waren. Der Hauptgrund der Kunden­ab­wan­derung sind die Kosten. Günstigere Konditionen – insbesondere das kostenlose Girokonto – sind mit über 70 % der mit weitem Abstand wichtigste Wech­sel­grund. Dies erklärt auch den Marktanteilsverlust in der Altersgruppe von 27 bis 37 Jahren. Die meisten Kunden sind in diesem Alter berufstätig und das Girokonto bei den Sparkassen und VR-Banken damit kostenpflichtig. Die Funktion Online-Banking spielt als Wechselgrund kaum eine Rolle – sie wurde bei anderen Banken nicht als besser wahrgenommen.

Ein weiteres Ergebnis der Umfrage war, dass die Sparkassen und VR-Banken auch in Sachen Bestandskundenpflege und Kundenrückgewinnung noch Nachholbedarf haben. So gab es in knapp der Hälfte der Fälle keine Reaktion auf die Kündigung ihrer Kunden, in einem Viertel wurde nur ein Standardbrief versandt.

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Vier Handlungsempfehlungen zur Kundenrückgewinnung

Auf Basis der Umfrageergebnisse gibt mm1 Handlungsempfehlungen, wie die Abwanderung junger Kunden deutlich verringert werden kann:

1. Kundenangebote und Preise: Solange Wettbewerber in der Breite kostenfreie Girokonten anbieten, kommen Sparkassen und Volks- und Raiffeisenbanken nicht umhin, für junge Berufstätige vergleichbare Angebote auf den Markt zu bringen – hier sind kreative Lösungen gefragt, die nicht zu Preissenkungen im gesamten Kundenbestand führen.

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2. Kundennähe und Kundenerlebnis: Die Sparkassen und Volks- und Raiffeisenbanken müssen ihren eigenen Anspruch der Kundennähe wahr machen: mit mehr und unkomplizierten Kundenkontakten entlang des Kundenlebenszyklus, einem besseren Kundenverständnis und einer systematischen Kündigerrückgewinnung.

3. Beratungs- und Vertriebsmodell: Eine Neuausrichtung des Beratungs- und Vertriebsmodells ist erforderlich, denn der klassische Filialfokus ermöglicht die höhere Kontakthäufigkeit nicht. Eine höhere Kontakthäufigkeit gelingt nur mit einem deutlichen Ausbau telefonischer und elektronischer Interaktionen (z.B. E-Mail) – dies entspricht auch den Erwartungen der jungen Kunden (57 % der Kunden besuchen Filialen gar nicht mehr oder höchstens einmal pro Jahr)

4. Kostenstruktur: Damit einher geht eine deutliche Senkung der Kosten je Kunde, um die erforderlichen Spielräume für neue Angebote zu schaffen und die Umsatzrückgänge im Niedrigzinsumfeld bestmöglich zu kompensieren. Dies wird vermutlich deutlich über bereits angekündigte Filialschließungen hinausgehen.

Die Studie kann per E-Mail hier (für Deutschland) und hier (für die Schweiz) angefordert werden.aj

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