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MEINUNG29. März 2023

Wie können nationale und europäische Bezahlsysteme in Einklang gebracht werden?

Foto: Anika Nowak (www.anikanowak.net) via Relatio PR

Nicht nur für die einzelnen Nationen der Europäischen Union (EU) hat das Streben nach Souveränität in zentralen wirtschaftlichen Fragen an Bedeutung gewonnen, sondern auch für die EU als Ganzes. Vor allem die Welt des Zahlungsverkehrs kann sich dieser Entwicklung nicht entziehen. Innovative Lösungen aus der Wirtschaft – sowohl auf nationaler als auch auf gesamteuropäischer Ebene – sind gefragt. Mit den geplanten Neuerungen bei der Girocard, der digitalen Brieftasche der European Payment Initiative (EPI) und der Einführung des digitalen Euro ist die Zahlungsverkehrswelt von morgen in Bewegung geraten. Stehen die genannten Systeme in Konkurrenz zueinander oder sind sie Verbündete im Kampf um die Souveränität auf dem europäischen Markt für den Zahlungsverkehr? Diese Fragen wurden beim Parlamentarischen Abend der Initiative Deutsche Zahlungssysteme in Berlin erörtert.

Nicht-europäische Anbieter dominieren derzeit in Europa das Bezahlen über nationale Grenzen und in digitalen Sphären. Die Herausforderung für die europäischen Zahlungssysteme liegt in der Abwehr dieser Entwicklung und in der langfristigen Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit des europäischen Wirtschaftsraumes auch im Bereich des Zahlungsverkehrs. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, wie der Weg zu mehr Zahlungshoheit in Europa aussehen könnte. Hat ein nationales Zahlungssystem auf der Basis von Karten auch in Zukunft noch seine Berechtigung? Warum ist der Aufbau eines europäischen digitalen Zahlungsverkehrs für ein souveränes Europa relevant? Und wie kann das gemeinsame Ziel von Souveränität und Resilienz zusammenspielen? Diese Fragen diskutierten Gäste aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft beim 17. Parlamentarischen Abend der Initiative.

Zahlungsresilienz durch starke inländische Zahlungsverfahren

Mit einem politischen Grußwort von Alois Rainer, Mitglied der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und Vorsitzender des Finanzausschusses, wurde der Abend eröffnet.

vöb

Die Souveränität des Zahlungsverkehrs von morgen hängt vom heutigen Investment in Innovationen ab. Unser nationales Bezahlverfahren in Deutschland muss mit seinen Anwendungen so aufgestellt sein, dass das Zurückgreifen auf internationale Systeme nur in Ausnahmefällen notwendig wird.”

Iris Bethge-Krauß, Hauptgeschäftsführerin VÖB

Dies gelte nicht nur für die Menschen in Deutschland, sondern in ganz Europa, so Bethge-Krauß, die auch geschäftsführendes Mitglied des Vorstandes des Verbandes Öffentlicher Banken Deutschlands (VÖB) ist, in ihrem Vortrag. Nur wenn die bestehenden Systeme und Infrastrukturen in Europa eine stabile Basis bilden und darüber hinaus deren Innovationspotenzial genutzt wird, kann souveränes Handeln gewährleistet werden.

Ein wichtiger Schritt in diese Richtung sind die von der Deutschen Kreditwirtschaft angekündigten Weiterentwicklungen des Girocard-Systems, dem stärksten kartenbasierten Zahlungsverfahren in Deutschland. Warum die Innovationsoffensive der Girocard genau zum richtigen Zeitpunkt kommt, macht Oliver Hommel, Geschäftsführer der Euro Kartensysteme, deutlich:

Euro Kartensysteme

Die Welt des Bezahlens wird bunter und Verbraucher können in Zukunft aus unterschiedlichsten Angeboten wählen. Befragt man diese hierzu, zeigt sich, dass auch in Zukunft Kartenzahlungen – ob mit Plastikkarte oder digitaler Karte in Smartphone oder Smartwatch – noch lange eine dominierende Rolle spielen werden.”

Oliver Hommel, Geschäftsführer der Euro Kartensysteme

Deshalb liegt es nahe, ein weit verbreitetes und akzeptiertes Zahlungsverfahren wie die Girocard an neue Zahlungssituationen anzupassen. „Mit diesen Innovationen wird der Bezahlprozess in Zukunft noch komfortabler und zugleich sicher abgewickelt werden können. Und zwar mit dem System, welches für Verbraucher und den Handel gleichermaßen Vorteile bringt“, ist sich Hommel sicher.

Deutschlands beliebteste Bankkarte trifft auf europäisches Wallet

Doch wie sieht es über die nationalen Landesgrenzen hinaus auf europäischer Ebene aus? Die European Payment Initiative will mit einer digitalen Wallet-Lösung, welche auch Instant Payments umfasst, als Konsortium von europäischen Banken, Sparkassen und Finanzinstituten, der Marktmacht US-amerikanischer Anbieter entgegentreten. Verbraucher in Europa sollen mit der Wallet-Lösung für den Einsatz bei Echtzeitzahlungen untereinander sowie auch bei allen handelsbezogenen Zahlungen über ein europäisches System bedient werden können.

Weshalb dies wichtig ist, erklärt Martina Weimert, Geschäftsführerin der EPI Company. Sie betont die Wahlfreiheit, die Verbraucher dadurch gewinnen können.

Martina Weimert, CEO der EPI Interim Companylinkedin

Sie können selbst wählen, ob sie mit einem innovativen System bezahlen, das besonders hohen Sicherheits- und Datenschutzstandards unterliegt oder den Umweg über einen amerikanischen oder chinesischen Dienstleister gehen und sich damit in eine Blackbox begeben, was den Datenschutz angeht.”

Martina Weimert, Geschäftsführerin der EPI Company

EPI wird künftig auch sichere nationale Zahlungskarten wie die Girocard um eine Wallet-Lösung erweitern und damit den Verbraucherinnen und Verbrauchern neue Nutzungsmöglichkeiten eröffnen – in Deutschland und Europa.

Mit Girocard und EPI verfolgen die deutschen Banken und Sparkassen eine klare und abgestimmte Strategie für mehr Souveränität und Widerstandsfähigkeit im europäischen Zahlungsgeschäft. Ziele, die sich auch die Europäische Zentralbank mit der geplanten Einführung des digitalen Euro auf die Fahnen geschrieben hat. In einem Punkt sind sich die anwesenden Referenten einig: Es ist wichtig, dass der digitale Euro sinnvoll in die bestehende Zahlungsverkehrslandschaft integriert wird.

Bei der Ausgestaltung des digitalen Euros muss daher berücksichtigt werden, welche Auswirkungen er auf den Markt hat und wie er zur Unterstützung und Ergänzung bestehender Ansätze beitragen kann. Dazu bedarf es von Anfang an vernünftiger politischer Regelungen und fairer Bedingungen. Ein sicherer und belastbarer europäischer Zahlungsverkehr kann nur durch die Kombination bestehender und neuer Zahlungsverkehrssysteme entstehen.

Souveränität für Europas Zahlungslandschaft als Synergiemodell

In den Diskussionen des Abends wurde deutlich, dass Girocard, EPI und digitaler Euro alle ein gemeinsames Ziel haben: die Schaffung von mehr Unabhängigkeit gegenüber internationalen Akteuren und die Stärkung der eigenen Innovationskraft im europäischen Zahlungsverkehrsmarkt. Jedes der Systeme hat seine Daseinsberechtigung und trägt zur Gewährleistung der Wahlfreiheit für Europas Verbraucher und Verbraucherinnen bei. Daher kann nur ein synergetisches Modell den Weg zu einem souveräneren Zahlungsverkehr in Deutschland und Europa gestalten helfen.tw

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