STRATEGIE9. Mai 2023

Data Culture: Wie sich Finanzdienstleister ändern müssen, um datengesteuert zu werden

Experte für Data Culture: Jan Taraldsen, ADWEKO
Jan Taraldsen, AdwekoAdweko

Unternehmen geben mittlerweile viele Milliarden für datengetriebene Lösungen oder Artificial Intelligence (AI) aus. Doch um das volle Potenzial von Daten zu nutzen, müssen Banken und Versicherungen eine datengesteuerte Kultur schaffen – eine Data Culture.

von Jan Taraldsen, Adweko

Daten sollten nicht nur irgendeine Rolle im Unternehmen spielen, sondern das Fundament für Entscheidungen und Handlungsoptionen bilden. In einer Welt, in der Daten dominieren, wird Data Culture zu einem entscheidenden Erfolgsfaktor für Unternehmen und Organisationen jeder Art.

Nur Finanzdienstleister, die eine erfolgreiche Data Culture schaffen, werden ihre Geschäfts­ent­scheidungen optimieren, ihr Wachstum beschleunigen und langfristig gegen FinTechs wettbewerbsfähig bleiben.“

Demokratisierung von Daten auf allen Organisationsebenen

Data Culture ist die Art und Weise, wie eine Organisation Daten nutzt, um Entscheidungen zu treffen und Geschäftsergebnisse zu erzielen. Dabei geht es nicht nur darum, Daten zu sammeln und zu analysieren, sondern auch darum, eine Kultur zu schaffen, die vollständig auf Daten basiert. Dies bedeutet, dass Daten in allen Aspekten der Organisation eine Rolle spielen – von der Strategieentwicklung über die Kapitalanlage bis hin zur Vertriebssteuerung.

Tipp: Eine erfolgreiche Data Culture erfordert nicht nur eine starke Datenanalysefähigkeit, sondern auch eine Veränderung der organisatorischen Kultur.

In einer datengesteuerten Organisation ist sich jeder Mitarbeiter dessen bewusst und stützt seine Entscheidungen auf Daten. Viele Organisationen führen allerdings immer noch eine “Bauchgefühl”-Kultur, in der Entscheidungen auf Grundlage von Erfahrung und Intuition getroffen werden. Auf dieser Basis kann eine Transformation herausfordernd sein.

Wenn Banken oder Versicherer sich das Ziel setzen, mithilfe von Daten- und Analytics-Technologie datenorientierter zu arbeiten, sehen sie sich mit bestimmten Herausforderungen konfrontiert. Diese bestehen in erster Linie nicht im Fehlen von Daten oder der erforderlichen Software, sondern in einem Mangel an datenorientierten Verhaltensweisen, Überzeugungen in Bezug auf die Nutzung von Daten und bereichsübergreifender Zusammenarbeit.

Journey zur datengetriebenen Unternehmung: Top Down Ansatz für die Implementierung einer Data Culture

Wie führt man also eine Data Culture bei einem Finanzdienstleister ein? Es gibt keine einfache Antwort auf diese Frage, da jede Organisation einzigartig ist.

Tipp: Das SOGDAT-Prinzip

Das SOGDAT-Prinzip (Strategie, Organisation, Geschäftsprozesse, Daten, Analysten und Technologie) ist ein bewährtes Vorgehensmodell, welches Finanzdienstleistungsunternehmen ganzheitlich betrachtet und folgende Akzente setzt:

Nach einer ersten Bestandsaufnahme der vorherrschenden Datennutzung im gesamten Unternehmen, die Identifikation von Lücken und Hemmfaktoren der Datennutzung ersichtlich macht, wird anschließend eine Strategie erarbeitet, die diese Lücken schließt.

Um eine erfolgreiche Data Culture zu schaffen, müssen Unternehmen und Organisationen ihre Strukturen und Prozesse ändern und sicherstellen, dass alle Mitarbeiter über die notwendigen Datenanalyse- und Interpretationsfähigkeiten verfügen.”

Dies erfordert ebenfalls eine starke Führung, die auf Datenpriorität setzt und den Wert von Daten als entscheidendes Element des Geschäftserfolgs anerkennt.

SOGDAT-Referenzmodell von AdwekoAdweko

 

 

Strategie, Strategie und nochmal Strategie

Zunächst ist es wichtig, Visionen und Ziele auf jeder Managementebene zu definieren. Ohne eine explizit ausformulierte und kommunizierte Datenstrategie, die sowohl in die Geschäftsstrategie des Unternehmens eingebettet ist als auch die IT-Strategie des Unternehmens tangiert, wird eine Data Culture keinen langfristigen strategischen Beitrag zum Unternehmenserfolg leisten können. Auch sollte vor der Implementierung klar sein, was Unternehmen mit der Einführung einer Data Culture erreichen wollen. Finanzdienstleister müssen klare Ziele für ihre Datenanalysen und Datenstrategien haben, um sicherzustellen, dass Visionen und Ziele im Einklang mit den Unternehmenszielen stehen. Im Optimalfall wird eine unternehmensweite Datenstrategie in Teilstrategien unterschiedlicher Bereiche, wie z.B. Sparten einer Versicherung, heruntergebrochen, welche Datensilos durchbricht und bereichsübergreifend Synergien hervorhebt. Im Ergebnis können Strategien, Ziele und deren operative Umsetzung bereichsübergreifende Datenprodukte und die Bildung virtueller Teams unterstützen.

Eine Kultur der Datenoffenheit beginnt auf Topmanagementebene

Autor Jan Taraldsen, Adweko
Experte für Data Culture: Jan Taraldsen, ADWEKOJan Taraldsen ist Manager bei Adweko (Website) und ver­ant­wor­tet dort als Head of Busi­ness Ana­ly­tics das Con­sul­ting­feld für Ban­ken und Ver­si­che­run­gen. Er hat meh­re­re Jah­re Er­fah­rung in der Fi­nanz­dienst­leis­tungs­bran­che, spe­zi­ell im Be­reich da­ten­ge­trie­be­ne Ent­schei­dungs­un­ter­stüt­zung. Be­vor er zu Ad­we­ko kam, ar­bei­te­te er bei ei­nem be­rufs­stän­di­schen Ver­sor­gungs­werk als Lei­ter Da­ten­ma­nage­ment und BI. Ta­rald­sen hat ei­nen Mas­ter-Ab­schluss (M.Sc.) in Ban­king und In­suran­ce an der Uni­ver­si­tät Hannover.

Auf dem Weg zum datengetriebenen Finanzdienstleistungsunternehmen gilt es, auf Managementebene eine Führungskultur zu formen, die ihre Entscheidungen auf Daten stützt. Dazu müssen zunächst Führungskräfte die Bedeutung von Daten verstehen und Datenanalysen in ihre Entscheidungsfindung integrieren. Anreize für Führungskräfte, die erfolgreich Daten nutzen, um Probleme zu lösen und Chancen zu identifizieren, können dabei unterstützend wirken. Metriken, die Datenprodukte fördern, sollten mit großer Nachsicht ausgewählt werden, um die optimalen Steuerungsanreize zu setzen.

Tipp: Zum Beispiel kann ein bereichsübergreifendes Gütemaß für die Prognose von Schadensereignissen, welche Datenqualität in der Erfassung sowie Verarbeitung miteinschließt, das Prognosemodell langfristig verbessern.

Neben den Führungseigenschaften und einer Anreizkompatibilität muss auch eine Gap-Analyse der Aufbau- und Ablauforganisation mit Hinblick auf Datenprodukte und deren Reifegrad erfolgen. Gibt es bereits eine zentrale Datenorganisation? Der Aufbau einer solchen Abteilung ist an den geschäftsspezifischen Anforderungen orientiert. In diesem Rahmen kann ein Data-Culture-Multiplikator ernannt werden, der für die Implementierung der Data Culture verantwortlich ist und die Führung übernimmt. Der im Unternehmen gut vernetzte Multiplikator sollte über ausreichendes Wissen und Erfahrung im Umgang mit Daten verfügen und in der Lage sein, andere zu motivieren und zu inspirieren.

Investieren Sie in die notwendigen Tools und Ressourcen

Für die unterschiedlichen Rollen im Unternehmen, die mit dem Einzug einer Data Culture entstehen, müssen Mitarbeitende geschult werden. Investitionen in die notwendigen Tools und Ressourcen, um Datenanalysefähigkeiten in der gesamten Organisation zu fördern, sind ein wichtiger Bestandteil.

Zum einen Investitionen in Führungskräfte, damit diese die benötigten Skills für die Datenanalyse verstehen und in der Lage sind, Entscheidungen auf Daten zu basieren, ihre Teams entsprechend zu führen und zu unterstützen.”

Und zum anderen in die Mitarbeitenden selbst, sodass sie die Grundlagen der Datenanalyse, Werkzeuge und Technologien verstehen, die für die operative Umsetzung von Datenprodukten in einer Data Culture in allen Abteilungen erforderlich sind. Von einem Data Culture Standpunkt aus betrachtet gibt es verschiedene Aufgaben und Rollen im datengetriebenen Unternehmen.

Während Data und Product Owner die Daten in ihrem Fachbereich als Entscheider verantworten, ist der Data Strategy Officer für die Detailgestaltung der Datenorganisation verantwortlich und realisiert die Datenstrategie. Etwas operativer arbeiten die Data Manager, welche die Konsistenz und die Verbindung der unterschiedlichen Quellsysteme im Auge behalten. Einzelne Datendomänen wiederum verantworten die Data Stewards und fungieren als Bindeglied in den Fachbereichen und der Datenorganisation. Neben diesen Rollen gibt es eine Vielzahl weiterer Ausprägungen, z.B. Data Engineer, Business Intelligence Entwickler, Data Scientist oder auch Data Governance Officer.

Geschäftsprozesse sind die Seele der Datenfabrik

Über Adweko
Die Adweko Consulting (Website), 2008 ge­grün­det mit Haupt­sitz in Wall­dorf, ist ein IT-Be­ra­tungs­dienst­leis­ter und Soft­ware­an­bie­ter, spe­zia­li­siert auf IT-Lö­sun­gen für die Ban­ken- und Ver­si­che­rungs­bran­che. Ad­we­ko ver­folgt ei­nen Be­ra­tungs­an­satz der u.a. Mach­bar­keits­stu­di­en, Ar­chi­tek­tur­de­sign, Im­ple­men­tie­rung, Soft­ware und Ma­na­ged Ser­vices um­fasst. Das Un­ter­neh­men agiert von 11 Stand­or­ten welt­weit mit mehr als 200 Mitarbeitenden.

Auf der Basis von Geschäftsprozessen entstehen Daten. Umso wichtiger sind klare Abfolgen für die Datenerfassung, -analyse und -nutzung. Diese Prozesse sollten für alle Mitarbeitenden zentral dokumentiert, zugänglich und verständlich sein.

Ein weiteres wichtiges Element für eine funktionierende Data Culture bezieht sich auf die Daten selbst. Im stark regulierten Finanzdienstleistungssektor müssen Unternehmen sicherstellen, dass sie über qualitativ hochwertige, saubere und zuverlässige Daten verfügen, die für die Entscheidungsfindung relevant sind. Durch den Ausbau einer Data Quality Strategie im Rahmen einer Data Governance stellen sie sicher, dass die Datenqualität hoch und die Datensicherheit gewährleistet ist.

Eckpfeiler des Data Culture Loops

Die bereits beschriebenen Dimensionen von Data Culture sind allesamt notwendige Bedingungen einer Data Culture. Data Culture Loops erweitern diese um hinreichende Bedingungen und beschreiben die wichtigen Eckpfeiler, die eine Data Culture erst richtig zum Leben erwecken. Ein wichtiges Element ist, dass Mitarbeitende unternehmensweit und bereichsübergreifend verbunden werden.

Tipp: Data Culture kann bspw. im Rahmen von Workshops oder über Nutzerprofile in Form der Datenorganisation, eine Art Social Data Feed im Intranet oder Social Media, erfolgen.

Darüber hinaus ist es wichtig, Erfolgsgeschichten zu verbreiten. Nach wie vor gilt das alte Sprichwort:

Tue Gutes und berichte darüber“.

Den Rahmen bilden interaktive Präsentationen, Newsletter oder virtuelle Meetings. Flankiert werden diese Eckpfeiler durch ein Rahmenwerk an erprobten Vorgehensmethoden, Use Case Kataloge, Rückblicke, Templates oder regelmäßig stattfindende Schulungen und interne Wissenstransfers. Alles mündet in einen detaillierten Plan für die Einführung einer Data Culture, der die unterschiedlichen Implementierungsphasen beschreibt.

Schlussfolgerung/ Zusammengefasst:

Eine datengesteuerte Kultur ist ein wichtiger Faktor für den Erfolg von sich im Umbruch befindenden Finanzdienstleistungsunternehmen. Unternehmen müssen ihre organisatorische Kultur ändern und sicherstellen, dass Daten eine zentrale Rolle in ihren Entscheidungen und Geschäftsprozessen spielen. Dies erfordert zuallererst eine integrierte Datenstrategie, kontinuierliche Investitionen in Schulungen und Ausbildungen aller Beteiligten, die Förderung einer offenen und transparenten Datenkultur durch unternehmensweite Netzwerke und Show Case Foren, eine Fokussierung auf Unternehmensziele und die Bereitschaft, zu experimentieren, zu iterieren und ja, auch das ein oder andere Mal zu scheitern.

Identifizierte Gaps nach dem SOGDAT-Modell können helfen, benötigte Ressourcen und Zeitpläne für den Weg zu einer echten Data Culture zu konkretisieren und einen Fahrplan zu erstellen. Nur wenn Finanzdienstleister es schaffen, eine Data Culture zu formen, werden sie in der Lage sein, datengetriebene Entscheidungen zu treffen, Wettbewerbsvorteile zu erzielen und sich gegen das ein oder andere FINTECH durchzusetzen.Jan Taraldsen, Adweko

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