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ÜBERSICHT & STRATEGIE7. Juni 2018

Last Man Standing – CardProcess der letzte Netzbetreiber in Banken-Hand

Rudolf LinsenbarthRudolf Linsenbarth

Die Fusionen unter den Zah­lungs­dienst­leis­tern erfolgen mit immer größeren Geschwindigkeiten und die Konzentration nimmt rapide zu. Wobei hier jetzt nicht Sinn oder Unsinn des Mergers Thema des Artikels sein soll. Heute geht es um die Auswirkungen auf die Struktur der Zahlungsnetzbetreiber. Nur diese technischen Dienstleister können die girocard-Autorisierungen zu den vier Kopfstellen der Bankverbände wei­ter­lei­ten. Netz­be­trei­ber sind al­so ein es­sen­ti­el­les Bin­de­glied beim Zahl­vor­gang mit der gi­ro­card.

von Rudolf Linsenbarth

Wer wissen will, welche Unternehmen dazu in der Lage sind (also Autorisierungen zu den vier Kopfstellen der Bankverbände weiterzuleiten), findet eine komplette Liste beim Bundesverband der Electronish Cash Netzbetreiber ( https://b-ec-n.de ). Fun Fact: Lustig, das die Zahlungsdienstleister der girocard sich noch mit ec-Kürzel schmücken. Macht aber nichts – diese Unternehmen sind nur Insidern bekannt und girocard heißt ja gefühlt immer noch ec-Karte.

Verschwindet gerade …BS Payone

Also die BS-Payone ist jetzt nicht mehr im Besitz der Sparkassen, damit hat sich die vorletzte Bank aus dem aktiven Netzbetrieb zurückgezogen. Die Deutsche Bank ist zwar im Besitz der VÖB-ZVD Processing GmbH, hier betreibt man aber nur noch pro forma ein einziges Terminal, um die Netzbetreiber-Lizenz nicht zu verlieren. Den Rest hatte man schon vorher versilbert und an die SIX Payment Solution verkauft. Bei SIX Payment werden jetzt einige Leser aufhorchen, genau dieses Unternehmen ist ja gerade von ATOS Worldline übernommen. Wordline hat damit jetzt schon zwei Netzbetreiber – SIX und die vor einigen Jahren erworbene PaySquare. Ingenico spielt jetzt in der gleichen Liga und besitzt ebenfalls 2 Netzbetreiber.

Letzter Netzbetreiber in Hand der Banken
Concardis

Krösus im Club der Mehrfach-Eigentümer ist aber Concardis, mittlerweile selber vom dänischen Zahlungsverkehrsspezialisten Nets übernommen. Das Frankfurter Unternehmen nennt mittlerweile zwei Netzbetreiber sein Eigen, nämlich Concardis (vormals ICP), cardtech und hält an der WEAT eine wesentliche Beteiligung. Man darf gespannt sein, wann hier die Synergien gehoben werden und eine Zusammenlegung erfolgt. Zusätzlich stellt sich die Frage, ob es in Zukunft überhaupt noch Netzbetreiber braucht, um eine Kartenzahlung zu autorisieren. Vor der Beantwortung ist vielleicht ein Blick auf die Branchen, aus denen die Eigentümer kommen recht aufschlussreich.

NetzbetreiberKonzernBranche
1BS PAYONE GmbHIngenicoTechnologieunternehmen/ Terminalhersteller
2BP Europa SEBPHandel
3CardProcess GmbHDZ BankBank
4cardtech Card & POS Service GmbHNetsPayment Provider
5DB Vertrieb GmbHDeutsche BahnHandel
6Douglas Informatik & Service GmbH--Handel
7Elavon Financial Services DACU.S. BancorpPayment Provider
8Concardis GmbHNetsPayment Provider
9Ingenico Payment Services GmbHIngenicoTechnologieunternehmen/ Terminalhersteller
10InterCard AGVerifoneTechnologieunternehmen/ Terminalhersteller
11LAVEGO AG--Payment Provider
12PaySquare SEWorldlineTechnologieunternehmen/ Terminalhersteller
13REWEREWEHandel
14SIX Payment Services (Europe) S.A.WorldlineTechnologieunternehmen/ Terminalhersteller
15VöB-ZVD Processing GmbHDeutsche BankBank
16Shell Deutschland Oil GmbHShellHandel
17TeleCash GmbH & Co. KGFirst DataPayment Provider
18transact Elektronische Zahlungssysteme GmbHEuronet WorldwidePayment Provider
19aWEAT Electronic Datenservice GmbHNets, First DataPayment Provider
19bWEAT Electronic Datenservice GmbHWestfalen AG, AGIPHandel

Wem Netzbetreiber gehören

peterzayda/bigstock.com/ingenico

Von den 19 Netzbetreibern sind 6,5 im Besitz eines reinen Zahlungsdienstleisters, 5 gehören einem Terminalhersteller (wobei ich da Worldline mal großzügig mit hinzunehme), 5,5 sind im Besitz des Handels und 2 verbleiben im Besitz einer Bank, eigentlich nur einer da VÖB-ZVD am Markt nicht mehr aktiv ist.

Wenn man schaut, wer in letzter Zeit hier massiv zugekauft hat, dann stechen vor allem die Terminalhersteller hervor. Ingenico mit dem Erwerb der Easy-Cash und Payone, Verifone mit Intercard und ATOS Worldline schließlich mit Paysquare und SIX. Für sie wird es immer wichtiger, die gesamte Wertschöpfungskette zu kontrollieren, um bei technischen Entwicklungen nicht plötzlich abgehängt zu werden. Wer mit dem technischen Fortschritt nicht Schritt hält, verliert wie ICP den Anschluss.

Autor Rudolf Linsenbarth
Rudolf Linsenbarth beschäftigt sich mit Mobile Payment, NFC, Kundenbindung und digitaler Identität. Er ist seit über 15 Jahren in den Bereichen Banken, Consulting, IT und Handel tätig. Linsenbarth ist profilierter Blogger der Finanzszene und kommentiert bei Twitter unter @holimuk die aktuellen Entwicklungen. Alle Beiträge schreibt Rudolf Linsenbarth im eigenen Namen.

Im Handel bewegst sich nichts – noch …

Wenig Bewegung gab es im Netz­be­trieb des Han­dels. Ausnahme ist die WEAT. Der Name steht für die Gründungsmitglieder Westfalen, ELF, AGIP und TOTAL. Mittlerweile sind nur noch Westafalen (20%)  und AGIP (20%) an Bord die restlichen Anteile besitzen jetzt Concardis (40%) und First Data (20%).  Es ist jetzt nicht zu er­war­ten, dass BP, REWE oder Shell sich ebenfalls schnell von ihren Ak­ti­vi­tä­ten tren­nen. Bei der Dou­glas In­for­ma­tik sieht das aber schon an­ders aus. Durch die Zer­schla­gung der Grup­pe kämpft nun je­der für sich al­lein, wenn Dou­glas In­for­ma­tik beim Ren­nen um den bes­ten Preis die Luft aus­geht, kommt auch hier die Stun­de der Wahr­heit. Ob für die Deut­sche Bahn auf Dau­er ein ei­ge­ner Netz­be­trieb ei­nen Sinn er­gibt, wenn die meis­ten Kar­ten nicht mehr am Schal­ter oder Fahr­kar­ten­au­to­ma­ten, son­dern über ei­ne App ge­kauft wer­den, ist auch so ein Punkt.

Bei Payment Providern ist Größe alles

In Bezug auf die Größe steht LAVEGO ohne Partner oder einen starken Konzern im Hintergrund da. Hier sehe ich zumindest einen weiteren Übernahmekandidaten.

CardProcess

Jetzt kann man sich auch überlegen, wie es mit CardProcess weitergeht. Die Tendenz spricht eher nicht dafür, dass das Unternehmen in seiner jetzigen Struktur so bestehen bleibt.”

Zum einen se­hen Ban­ken Ih­re Kern­kom­pe­tenz nicht mehr im Netz­be­trieb. Die aus Ban­ken­sicht in­ter­es­san­te­ren Be­rei­che sind die Zah­lungs­au­to­ri­sie­rung und das Kar­ten-Pro­ces­sing. Ein Be­reich, den sich die Fi­du­cia mit 50,2% Mehr­heits­ei­ge­ner an der Card­Pro­cess viel­leicht auch ger­ne ein­ver­lei­ben möch­te. Nur was pas­siert dann mit dem Netz­be­trieb? Den könn­te zum Bei­spiel die EU­RO-In­for­ma­ti­on S. A. über­neh­men. Das Un­ter­neh­men aus der Cré­dit Mu­tu­el Grup­pe ist in Frank­reich be­reits der grö­ß­te Zah­lungs­dienst­leis­ter und zu­dem be­reits mit 5% an Card­Pro­cess beteiligt.

Die französische Bankengruppe würde bestimmt gerne eine Übernahme wie die der Targobank wiederholen. Da passen Cardprocess, Douglas Informatik und Deutsche Bahn Netzbetrieb perfekt ins Beuteschema.

Update: 7.6.2018 21:00: Bei der Recherche zu den Eigentümerverhältnissen führte uns Google auf die folgende Seite: https://www.cardprocess.de/index.php/component/content/category/7-unternehmen  (die Informationen sind mittlerweile entfernt worden). Demnach habe cardprocess die folgenden Gesellschafter:
1. Fiducia  GAD AG 50,2 %
2. DZ Bank AG 39,8 %
3. DG Verlag 5 %
4. EURO-Information S. A. 5 %
Nach erscheinen dieses Artikels erhielten wir den Hinweis von Cardprocess, dass der Fiducia Anteil zu Anfang diesen Jahres von der DZ Bank übernommen wurde. Bei den anderen Gesellschaftern gab es keine Veränderung.

Dies ist kann man als Bekenntnis der DZ Bank zu einem eigenständigen Zahlungsdienstleister werten. Zudem passt es zur bodenständigen Tradition der Genossenschaftsbanken. Wir vom IT-Finanzmagazin bleiben am Thema!Rudolf Linsenbarth

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