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FINTECH28. Juni 2017

Wie schaffen es die Robo-Advisor, im Rendite­wett­be­werb zu bestehen? Dr. Peter Haueisen im Interview

Dr. Peter Haueisen, Wissenschaftlicher Beirat Ginmon<q>Ginmon
Dr. Peter Haueisen, Wissenschaftlicher Beirat GinmonGinmon

Ginmon ist ein automatisierter Portfolioanleger (besser bekannt als Robo Advisor), der 2014 von Lars Reiner gegründet wurde. Das Unternehmen sitzt im neuen Frankfurter-FinTech-Zentrum „The Spot“ – direkt im Bankenviertel und managed Portfolios aus Exchange Traded Funds (ETFs) – und sucht Banken als Kooperationspartner. Dr. Peter Haueisen – ehemaliger Allianz-Vorstand – ist wissenschaftlicher Beirat von Ginmon – und hochspannender Gesprächpartner. Das Interview.

Herr Dr. Haueisen, Sie waren bei der Allianz als Vorstand und langjähriges Geschäftsleitungsmitglied im Bauspar- und Lebensversicherungsgeschäft tätig. Nun beraten Sie Ginmon – ein Robo-Advisor-Startup – als wissenschaftlicher Beirat. Wie kamen Sie zu Ginmon?

Für die Allianz habe ich über 32 Jahre mit großer Freude und Leidenschaft bis zum Erreichen der Altersgrenze gearbeitet. Nach meinem Ausscheiden bei der Allianz kam sehr schnell die Idee auf, mein Wissen und meine Erfahrungen mit Start-Up Unternehmen idealerweise im Finanzbereich zu teilen.”

So habe ich mich nach modernen, attraktiven Geschäftsmodellen mit Entwicklungspotenzial umgeschaut und bin dabei relativ schnell auf Ginmon gestoßen. In den ersten Gesprächen mit dem Gründer Lars Reiner wurde mir sehr schnell klar, dass er aufgrund seiner wissenschaftlichen Ausbildung und Tätigkeit über ein tiefes Fachwissen verfügt, gleichzeitig aber auch sehr fokussiert und unternehmerisch gemeinsam mit seinem Team agiert. An einer solch spannenden Entwicklungsphase wollte ich sehr gerne teilnehmen.

Haben denn Lebensversicherungen und Bausparverträge ausgedient?

Klares Nein. Lebensversicherungen und Bausparverträge haben auch heute ihre ursprüngliche Bedeutung und ihren Zweck nicht verloren.”

Sie verbinden Sparanreize mit der Förderung von Immobilienerwerb bzw. mit der Absicherung von Einkünften im Alter. Denken Sie aber auch an die Aspekte Risikoabsicherung oder langfristige (Zins-/Laufzeit) Garantien, die in dieser Form von anderen Instrumenten nicht dargestellt werden können. Natürlich ist es in einer Niedrigzinsphase deutlich schwieriger, mit geringem Risiko Rendite zu erwirtschaften. Um in diesem Umfeld zufriedenstellende Erträge zu erwirtschaften, ist es erforderlich, die Chancen der internationalen Kapitalmärkte zu nutzen.

Hierbei können nach meiner Einschätzung Robo-Advisor einen erheblichen Beitrag leisten, den Deutschen den Zugang zu diesen Märkten auf eine sehr kostengünstige und transparente Art und Weise zu ermöglichen.”

Was hat Sie persönlich dazu bewogen, einen Robo-Advisor zu beraten? Und warum gerade Ginmon?

Neue Entwicklungen haben mich schon immer fasziniert. Der deutsche Sparer gilt ja als sehr konservativ und risikoscheu. Das erklärt auch den bislang großen Erfolg von eher sicherheitsaffinen Produkten wie Lebensversicherungen und Bausparverträgen.

Doch die sinkenden Renditen verlangen nach neuen Lösungen. Robo-Advisor, die das Geld der Anleger in ETFs und Indexfonds anlegen, bieten auch jenen Sparern eine gute Möglichkeit, Geld im Kapitalmarkt anzulegen, die bislang an den hohen Kostenhürden der Bankberater und Vermögensverwalter gescheitert waren.”

Ginmon hat von Anfang an konsequent auf das Modell des Sparplans gesetzt, das aktuell von 80 Prozent der Kunden genutzt wird. Das ist meiner Meinung nach genau der richtige Weg, Altersvorsorge mit Aktien und Anleihen zu betreiben.

In Deutschland konkurrieren derzeit etwa ein Dutzend Robo-Advisor um Anlagegelder. Welche davon (außer Ginmon) haben gute Chancen? Und warum?

Das Feld der Robo-Advisor ist sehr unübersichtlich. Dem Kunden fällt es manchmal schwer, hier Unterscheidungen zu treffen, zumal der Oberbegriff Robo-Advisor für eine ganze Reihe von sehr verschiedenen Modellen verwendet wird. Da gibt es Unternehmen wie Vaamo, die man eher als Finanz-Coaches für Sparziele versteht, es gibt reine ETF-basierte Dachfonds wie z.B. ARERO und schließlich die Robo-Advisor im engeren Sinne wie Whitebox und auch Ginmon. Es kommt letztlich darauf an, welches Modell sich am besten den sich verändernden Kundenwünschen anpassen kann. Ginmon setzt hier auf eine leistungsfähige IT, die auf ein wissenschaftliches Konzept gestützt ist: …

… Das Dreifaktorenmodell der beiden amerikanischen Portfoliotheoretiker Eugene Fama und Kenneth French. Fama ist für seine Forschung immerhin mit dem Wirtschaftsnobelpreis ausgezeichnet worden.”

Was macht Ihrer Meinung nach einen guten Robo-Advisor aus? Was sind die größten Herausforderungen?

Robo-Advisor müssen sich wie menschliche Asset Manager auch an ihren Erfolgen messen lassen. Inzwischen liegen auch Track Records verschiedener Anbieter vor, was eine erste Vergleichbarkeit ermöglicht.”

Wir sehen hier vor allem einen Wettbewerb dreier verschiedener Anlagephilosophien, dem Buy-and-Hold, Value-at-Risk und Faktor-Investing. Ginmon betreibt antizyklisches Faktor-Investing, während viele andere Modelle eher prozyklisch ausgerichtet sind. Der letzte Performancevergleich des auf ETFs spezialisierten EXtra-Magazins fiel recht deutlich zugunsten des Faktor-Investments aus, was uns in unserer Anlagestrategie weiter bestätigt hat.

Werden Robo-Advisor nicht die persönliche Anlageberatung weitestgehend ersetzen?

Aus unserer Sicht werden beiden Formen nebeneinander eine Existenzberechtigung haben, …

… denn anders als die Bezeichnung „Robo-Advisor“ suggeriert, ersetzt der Algorithmus keine Beratung, sondern ist vielmehr digitale Vermögensverwaltung.”

Der komplette Ginmon-Beirat: Norbert Kistermann, Prof. Dr. Wolfgang König und Dr. Peter Haueisen.Ginmon

Ein Anlageberater wird in einem persönlichen Gespräch zunächst den finanziellen Hintergrund und die persönlichen Sparziele ausleuchten, um dann bestimmte Anlagemöglichkeiten vorzustellen und zu bewerten, während der Robo-Advisor-Kunde bereits weiß, was er will und lediglich eine Möglichkeit sucht, sein Geld möglichst rentabel und kostengünstig anzulegen. Eher könnte ein Robo-Advisor langfristig also den menschlichen Vermögensverwalter ersetzen.

Wie oft wird der Algorithmus verbessert und wie schnell wirkt sich das auf den Anlageprozess aus?

Knapp die Hälfte des Ginmon-Teams arbeitet am Algorithmus. Dieser ist sozusagen das Herzstück von Ginmon. Wenn Ginmon auch weiterhin die Performance-Hitlisten anführen will, geht das nur durch weitere Effizienzverbesserungen und Kostensenkungen. Jeder eingesparte Cent kann sich hochskaliert mit sehr viel größeren Summen im Gesamtergebnis niederschlagen. So können beispielsweise heute schon Trades gebündelt werden. Auch die Optimierung des Portfolios nach steuerlichen Vorgaben, z.B. um den Pauschbetrag von 801,- Euro am Ende des Steuerjahres centgenau auszunutzen, ist die Folge einer Algorithmus-Verbesserung.

In fünf Jahren: Haben die Robo-Advisor die Bankberatung dann ersetzt? Sind Robo-Advisor nicht eine Bedrohung für Banken und deren Filialgeschäft?

Bereits heute sehen wir eine Tendenz, dass viele Robo-Advisor mit Banken zusammenarbeiten. Banken bedienen sich damit der technologischen Innovationskraft der FinTech-Unternehmen, während die FinTechs umgekehrt an dem Kundenstamm der Banken interessiert sind.”

Die große Vielfalt der verschiedenen Robo-Advisor könnte sich in fünf Jahren bereits konsolidiert haben. Zurzeit sind Robo-Advisor auch auf der Erfolgswelle der ETFs unterwegs. Immer mehr Anleger wollen an dem ETF-Boom partizipieren und sehen in Robo-Advisorn ein ideales Werkzeug, risikoarm in Indexfonds zu investieren. Hält dieser Boom weiter an, geraten wahrscheinlich eher die Asset Manager in Erklärungsnöte, die ihre hohen Kosten für aktives Asset Management rechtfertigen müssen.

Herr Dr. Haueisen, vielen herzlichen Dank für das spannende Gespräch!aj

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