STUDIEN & UMFRAGEN12. August 2021

Bearingpoint-Studie: Banken haben beim Prozessmanagement noch viel zu tun

Mögliche Effizienzgewinne und Fortschritte bei der Digitalisierung treiben den Einsatz von Business Process Management (BPM) in der Finanzbranche an. Jedoch bleiben bislang noch erhebliche Potenziale ungenutzt, etwa beim Process Mining, so eine Studie von BearingPoint und BPM&O. Die Berater fragten nach, was Banken und Finanzdienstleister auf dem Weg zu mehr Prozessmanagement hemmt und geben Tipps, wie es besser laufen kann.

BearingPoint und BPM&O haben eine Branchenauswertung zum Thema Prozessmanagement für die Finanzindustrie veröffentlicht. <Q>BearingPoint, BPM&O
BearingPoint und BPM&O haben eine Branchenauswertung zum Thema Prozessmanagement für die Finanzindustrie veröffentlicht. BearingPoint, BPM&O

 

Die Bedeutung des Prozessmanagements hat für Banken 2021 nach wie vor einen hohen Stellenwert. Doch im Vergleich zu den Vorgängerstudien, die bis ins Jahr 2012 reichen, hat sich die Motivation zur Nutzung von BPM von externen mehr zu internen Gründen verlagert. Während 2017 noch die Erfüllung gesetzlicher Aufgaben an erster Stelle stand, ist dieses Ziel nun mit 38 Prozent der Nennungen auf Platz 3 abgerutscht. Auf den vorderen Plätzen liegen in der aktuellen Marktbefragung die digitale Transformation (47 Prozent) sowie Effizienzsteigerungsprojekte (44 Prozent).

Die gemeinsame Studie „Prozessmanagement & Analytics“ der Unternehmensberatungen BearingPoint und BPM&O (Download) zeigt jedoch auch, dass Analytics-Methoden, die zu den genannten Zielen beitragen könnten, wie etwa Process Mining, bislang kaum operativ eingesetzt werden.

Die Studie „Prozessmanagement & Analytics“ liefert der Finanzindustrie zahlreiche Details und Hinweise zum erfolgreichen Einsatz. <Q>BearingPoint, BPM&O
Die Studie „Prozessmanagement & Analytics“ liefert der Finanzindustrie zahlreiche Details und Hinweise zum erfolgreichen Einsatz. BearingPoint, BPM&O

Mehr Fragen als Antworten beim Process Mining

Die Bedeutung von Process Mining ist in der Finanzindustrie angekommen. Über 79 Prozent der Unternehmen aus dem Bereich Banking & Capital Markets beschäftigen sich mit dem Thema. Von den 34 befragten Akteuren gaben jedoch nur zwei an, bereits Process Mining im operativen Einsatz zu haben. Ein Unternehmen kann bereits Erkenntnisse aus dem laufenden Betrieb ziehen, ein weiteres ist auf erste Erfahrungen beschränkt. Im Untersuchungspanel ist derzeit kein einziges Pilotprojekt anhängig. Eine knappe Mehrheit der Unternehmen steht noch ganz am Anfang: 38 Prozent sind dabei, erste Marktanalysen durchzuführen. 21 Prozent der Banken evaluieren derzeit die Unterschiede zwischen den Softwareanbietern.

Auffällig ist, dass häufig die Fragen nach dem Wie und Warum noch nicht beantwortet werden können. Für 44 Prozent der Banken und Finanzdienstleister besteht die größte Herausforderung bei der Einführung von Process Mining darin, die richtigen Use Cases mit realisierbaren Nutzenpotenzialen zu identifizieren. Dies ist ein Spitzenwert im Branchenvergleich, der Durchschnitt aller Industrien lag hier bei 32 Prozent. Es folgen Change Management und Kommunikation mit 35 Prozent, Mobilisierung der Organisation mit 26 Prozent und Top Management Unterstützung mit 24 Prozent als weitere große Herausforderungen.

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BearingPoint

„Banken stehen nicht erst seit der Corona-Pandemie unter enormem Effizienz- und Kostendruck. Das gestiegene Tempo der digitalen Transformation und der hohe Effizienz- und Kostendruck zwingt sie noch genauer auf die Prozesse und damit auf Verbesserungs- und Einsparpotenziale zu schauen. Doch obwohl die Banken um den Nutzen und das Potenzial des Prozessmanagements wissen, nutzt doch nur ein kleiner Teil der Finanzinstitute Methoden wie beispielsweise das Process Mining derzeit operativ.“

Theodor Schabicki, Partner bei BearingPoint

Analytics als Erfolgsfaktor anerkannt

Das Potenzial für Prozessmessungen und Process Mining ist laut Schabicki vielfältig und insbesondere längerfristig strategisch bedeutsam. Man empfehle den Finanzinstituten daher, mit kleineren Proof of Concepts zu starten, um Knowhow aufzubauen und so erste Nutzenerfolge zu erzielen.

Dafür gibt es auch durchaus bereits Ideen. Fragt man nach den generellen Einsatzmöglichkeiten von Prozessmessung und Process Mining in Finanzinstituten, kristallieren sich fünf Bereiche heraus, in denen eine Implementierung vorhanden oder geplant ist: Compliance (31 Prozent), Konto (28 Prozent), Risk (28 Prozent), Kredit (25 Prozent) und IT (25 Prozent).

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BPM&O

„Prozessorientierte Organisationen, die nicht in der Lage sind, ihren Beitrag zur Erreichung der Unternehmensziele der Organisation nachzuweisen, verlieren an Akzeptanz auf allen Hierarchieebenen. Wir empfehlen daher dringend die Messung der Prozessleistung zu etablieren und so den Wertbeitrag von Prozessmanagement sichtbar zu machen.“

Sven Schnägelberger, Geschäftsführer bei BPM&O

Inzwischen gebe es eine Vielzahl technischer Möglichkeiten, Prozessdaten zu analysieren, geeignete Prozesskennzahlen zu definieren und regelmäßig – auch in Echtzeit – zu messen, betont Schnägelberger. Leistungsfähige Process-Mining-Software könne hierbei einen erheblichen Beitrag leisten.“

Ergebnisse bleiben unter den Erwartungen

Im Vergleich zu 2017 ist bei der Zielerreichung durch Prozessmanagement ein deutlich positiver Trend spürbar. Deutlich mehr Banken und Kapitalmarktunternehmen waren mit dem Erreichen der abgefragten Ziele zumindest zufrieden, doch zwischen den einzelnen Zielen gibt es zum Teil signifikante Unterschiede.

Ausgerechnet bei den Top-Treibern für Prozessmanagement entspricht die Zielerreichung bei den Banken nicht den Erwartungen. So liegt die Zufriedenheit mit der Digitalisierung von Prozessen nur bei 35 Prozent, bei Kosteneinsparungen sogar nur bei 29 Prozent. Auch bei der Steigerung der Kundenzufriedenheit werden die angestrebten Ziele mit nur 38 Prozent insgesamt nicht zufriedenstellend erreicht.

5 Schritte zum Erfolg

Die Beratungsunternehmen BearingPoint und BPM&O begleiten natürlich entsprechende Projekte mit ihren Branchenobjekte. In der vorgelegten Studie geben sie aber auch Tipps, wie das Prozessmanagement möglichst erfolgreich un reibungslos implementiert werden kann:

  1. Stärken Sie Kompetenzen und Skills und mobilisieren Sie die Organisation (z.B. Onboarding, Training, Anreizsysteme).
  2. Identifizieren Sie die richtigen Anwendungsfälle, Methoden und Tools für die nachhaltige Etablierung von Prozessmanagement.
  3. Etablieren Sie die Messung der Prozessleistung und machen Sie den Wertbeitrag von Prozessmanagement sichtbar.
  4. Fördern Sie den Kulturwandel verbunden mit einer neuen Arbeitsweise hin zur ergebnisorientierten Prozessverbesserung.
  5. Schaffen Sie durch den Aufbau eines Center of Excellences für Process Mining und Performance-Management eine aussagekräftige Grundlage für die gezielte Gestaltung von Verbesserungsmaßnahmen. hj

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