FINTECH20. November 2017

MiFID II, Big Data und ein FinTech, das Banken per Robo-Advisor helfen will – Interview mit Minveo-CEO Gehrke

Mathias Gehrke, CEO Minveo<q>Minveo</q>
Mathias Gehrke, CEO MinveoMinveo

Minveo will White-Label-Anbieter für die Depot­ver­waltung bei Banken werden – mit einem Robo-Advisor und das mit Big Data-Risiko­management würzen. Hat das Aussicht auf Erfolg? Wir haben bei Mathias Gehrke (CEO Minveo) zu MiFID II und der White-Label-Lösung nachgefragt.

Herr Gehrke, welche Herausforderungen kommen auf Vermögensverwalter durch MiFID II zu?

MiFID II erhöht vor allem den bürokratischen Aufwand. Neu ist zum Beispiel die Zielmarkteinstufung.”

Demnach müssen Finanzinstrumente und Kundenprofile den gleichen Zielmärkten entsprechen; manuell ein großer Aufwand. Zudem sind Kunden alle Kosten für das Erbringen der Dienstleistung und der eingesetzten Finanzinstrumente offenzulegen – und zwar ex ante und ex post. Jede Transaktion ist unter Kostenaspekten zu begründen und zu dokumentieren.

Ein weiterer Mehraufwand: Alle Telefonate, die Vermögensverwalter im Rahmen einer Anlageberatung führen – unabhängig von einer erteilten Order – sind für fünf Jahre zu speichern. Das gilt natürlich auch, wenn der Kunde im Rahmen einer Finanzportfolio-Verwaltung einen Auftrag erteilt. Die Änderungen durch MiFID II sind also umfassend.

Gehen wir mal davon aus, dass ein Verwalter das so nicht leisten kann oder will – was wird ihm passieren?

Wer die Vorgaben missachtet, dem drohen harte Strafen. Das ist nicht zu unterschätzen.

Wer zum Beispiel die neuen Aufzeichnungspflichten verletzt, muss mit bis zu fünf Millionen Euro Bußgeld rechnen – im Einzelfall auch mehr.”

Geldbußen können bis zu zehn Prozent des Gesamtumsatzes des letzten Geschäftsjahres betragen oder doppelt so hoch sein, wie der wirtschaftliche Vorteil, den man aus einem Verstoß gezogen hat.

Kann man denn den bürokratischen Aufbau nicht auch ohne Software etwas minimieren?

Den Anforderungen von MiFID II ohne Software gerecht zu werden, heißt: viel mehr Personalaufwand. Das mit gleicher Effizienz zu lösen, ist fast unmöglich. Die Margen in der Vermögensverwaltung sinken ohnehin schon; das Geschäft würde sich dann nur für noch größere Anlagesummen als bisher lohnen. Viele Vermögensverwalter betreuen aber auch Kunden mit einem geringeren Volumen. Diesen Anlegern zu kündigen, ist oft aufgrund der lang gewachsenen Beziehung keine Option.

Wie will Minveo nun das Problem lösen?

Der spezielle Vorteil von Minveos Robo-Advisor: Effizienz und eine Qualität, welche die hohen Ansprüche einer Vermögensverwaltung erfüllt.

Für den Vermögensverwalter entfallen zeitaufwändige Schritte der Verwaltung und Bürokratie. Die eingangs erwähnte Zielmarkteinstufung und Dokumentation der Transaktionen erfolgt automatisiert. Außerdem ist es zum Beispiel möglich, die Konto- und Depoteröffnung digital und in einem Bruchteil der Zeit zu steuern.

Zudem kann ein Vermögensverwalter mit unserer anspruchsvollen Strategie eine breite Investmentklaviatur bespielen – aus ETFs, Fonds und Einzeltiteln und mit einem quantitativen, Big-Data-basierten Risikomanagement. Auf Wunsch lagert er damit das Asset-Management an Minveo aus; das erfolgt für den Endkunden unsichtbar im Hintergrund und bei hoher Management-Qualität.

Mit der so gewonnenen Zeit kann sich der Vermögensverwalter nun stärker auf seine Kunden und deren Bedürfnisse konzentrieren, denn das reine Geldmanagen ist nur ein Teil des Jobs. Gleichzeitig erhöht sich die Effizienz und die Fehlerquote sinkt. Das bedeutet trotz MiFID II: mehr Rentabilität und Wettbewerbsfähigkeit bei weiterhin hoher Anlagequalität.

Das ist nett gesagt, aber ist ein Robo-Advisor – der Standards abarbeitet – wirklich geeignet, bürokratischen Mehraufwand kundenfreundlich zu reduzieren? Verlagert sich damit nicht das Ganze nur ins Kleingedruckte?

Mit MiFID II erhöht sich der Dokumentationsaufwand ganz erheblich. Das kostet Geld bei jetzt schon geringen Margen. Mehr Transparenz bedeutet daher unter Umständen ein geringeres Angebot und höhere Kosten bei Produkten und Personal.

Damit könnte sich die neu gewonnene Transparenz auch zum Nachteil für den Anleger entwickeln – durch höhere Kosten und weniger Service bei geringerem Angebot.”

Das Angebot von Minveo geht jedoch über die reine Standardisierung hinaus. Denn durch unseren Robo-Advisor ergeben sich für Vermögensverwalter ganz neue Geschäftsfelder: Auch neue, weniger solvente Zielgruppen werden attraktiv. Damit demokratisieren wir die Geldanlage ein wenig. Wir ermöglichen auch Kunden mit kleinerem Vermögen ein effizientes und anspruchsvolles Management, das sonst nur Anlegern größerer Vermögen zugutekommt. Der Endkunde merkt von einer Umstellung nichts: Sein Vertragspartner bleibt wie gehabt der Vermögensverwalter.

Mathias Gehrke, CEO Minveo
Mathias Gehrke ist CEO von Minveo. Der Ex-UBS Wealth Manager ist ausgebildeter Bankkaufmann, studierter Betriebswirt, Certified Financial Planer und arbeitet seit über 15 Jahren in der Finanzbranche. Als Mitglied der Geschäftsführung der Finanzberatung Contentus kennt er die Herausforderungen des Marktes. Sein Ziel ist es. mit Minveo das Beste aus beiden Welten zu kombinieren: Technologische Exzellenz mit langjähriger Finanzexpertise.

Machen Sie mal bitte ein Beispiel: Wie sieht die White-Label-Lösung konkret aus?

White-Label-Lösung heißt bei Minveo: Wir übernehmen für unseren Partner im Hintergrund die aktive Depotverwaltung im gemeinsam definierten Umfang – mit quantitativem, Big-Data-basiertem Risikomanagement und auf Basis der KWG §32-Lizenz von Minveo. Theoretisch benötigt der Partner die eigene KWG-Lizenz nicht mehr. Die Plattform übernimmt automatisiert rund um die Uhr das Monitoring der Depots und das Management der Anlagestrategien; sie führt alle Transaktionen aus. Alles MiFID II-konform – sämtliche regulatorische Anforderungen werden erfüllt.

Das Spektrum reicht dabei vom volldigitalen Kunden-Onboarding bis zu einem Web- und Mobile-Interface im eigenen Corporate Design. Kunden erhalten dort eine transparente Oberfläche und selbst bedienbare Funktionen, wie zum Beispiel die Ein- und Auszahlung mit zwei Klicks. Eigene Services wie Girokonto-Anzeige oder Video-Beratung sind natürlich auch integrierbar.

Die Plattform arbeitet nach dem Setup und dem Anschluss an die Depotbank automatisch und für den Endkunden unsichtbar im Hintergrund, sodass sich unsere Partner um ihr Kundengeschäft kümmern können – und sich nicht mit Technologie und Bürokratie aufhalten müssen. Damit ist der Schritt hinüber von der alten Welt in das neue digitale Zeitalter sehr schnell erledigt.

Ist das ein Produkt für Banken?

Selbstverständlich. Wir bieten unsere Technologie sowohl Vermögensverwaltern als auch Banken an. Unser Robo-Advisor ist institutsunabhängig und lässt sich den individuellen Bedürfnissen spezifisch anpassen.

Warum sollten besonders Banken darauf anspringen und welche Schnittstellen liefert Minveo?

Für Banken gilt dasselbe wie für Vermögensverwalter. MiFID II heißt: Viel mehr Bürokratie und sinkende Profitabilität. Zudem haben viele Banken veraltete Systeme, da in den letzten Jahren kaum bis gar nicht investiert wurde. Sehr oft wurden auch verschiedene Systeme mehr recht als schlecht miteinander verknüpft und sind somit sehr anfällig. Banken sind aufgrund ihrer Größe und Strukturen aber noch stärker auf effiziente Prozesse angewiesen. Ein kompletter Neuaufbau der EDV wäre in der Regel der beste Weg, nur dieser ist teuer, zeitaufwändig und birgt Fehlerquellen.

Mit Minveo kann sich die Bank digitalisieren, ohne ihre bestehenden Systeme aufwendig neu aufsetzen zu müssen.

Unsere Plattform ist vollständig modular aufgebaut und arbeitet bankenunabhängig. Eine Anpassung der Banken-IT entfällt in den meisten Fällen und vorhandene Reporting-Prozesse können weiterhin bestehen bleiben.”

Sie benötigt lediglich eine Schnittstelle zum depotführenden Institut. Nach der Anbindung kann ebenfalls das Onboarding über Minveos Frontend erfolgen sowie die Benutzeroberfläche im bankeigenen Look and Feel genutzt werden. Für weitere Zusatzmodule – wie zum Beispiel die Anzeige von Girokonten – stellt Minveo die Schnittstellen bereit. Damit schaffen Banken einen nahtlosen Übergang.

Was schätzen Sie, wie groß ist die Einsparung für Banken? Wie lange dürfte der ROI sein?

Das kommt natürlich auf die individuelle Ausgangslage an, doch im Idealfall findet bereits im ersten Jahr eine komplette Kompensation statt.

Für unsere Dienstleistung erheben wir eine einmalige Setup-Gebühr und eine auf das Volumen gerechnete jährliche Management-Fee. Wobei wir auch je nach Volumen eine Verrechnung des Setups mit den laufenden Kosten anbieten. Auf Seiten der Banken reduzieren sich die Aufwendungen und Kosten erheblich. Unsere Kalkulation ist natürlich derart ausgestaltet, dass unsere Partner Konditionen vorfinden, mit denen sie eigene Erträge erwirtschaften können. Unser Ziel ist ein Win-Win.

Herr Gehrke, vielen Dank!aj

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert